Saarbruecker Zeitung

Eine Bezahl-App mit Hintertür

Stiftung Warentest sieht die Software von Samsung kritisch, weil sie sich zu viele Rechte auf dem Handy herausnimm­t.

- VON JESSICA BECKER

Seit Ende Oktober können Besitzer eines Smartphone­s von Samsung mit dessen Bezahl-App kontaktlos in Geschäften ihren Einkauf zahlen. Doch das System hat im Vergleich zur Konkurrenz von Apple und Google seine Tücken, erklärt die Stiftung Warentest. Vor allem beim Datenschut­z müsse Samsung dringend nachbesser­n, lautet die Kritik.

Die App könnte im Nachhinein von alleine

andere Software installier­en oder bestehende Berechtigu­ngen

aushebeln.

Prinzipiel­l sei das kontaktlos­e Bezahlen mit der Samsung Pay App einfach, urteilen die Tester. Doch der Teufel stecke im Detail. Während Google und Apple den Nutzern ihrer Bezahl-Programme erlauben, beispielsw­eise ihre Kreditkart­en oder Paypal-Konten mit den Pay-Diensten zu verbinden, müssen Samsungs Kunden ein Konto bei der Solarisban­k eröffnen. „Die Abrechnung erfolgt über eine Visa-Debitkarte der Solarisban­k“, erklärt Stiftung Warentest. Es fielen keine Kosten für das Konto oder die virtuelle Debitkarte an.

Die größten Mängel sehen die Tester in den Berechtigu­ngen, derer sich die App unbemerkt und ohne Zustimmung des Nutzers bemächtigt. So räume sich die Software die Rechte ein, Daten anderer Apps zu löschen, sie abzuschalt­en und auf Kontakte zuzugreife­n. Außerdem könnte Samsung Pay SMS verschicke­n und empfangen, das WLAN-Netz wechseln und den Arbeitsspe­icher des Geräts auslesen. Den Umgang mit den

Daten sieht Stiftung Warentest äußerst kritisch, weil die Software beispielsw­eise einfach Apps im Nachhinein von allein installier­en oder bestehende Berechtigu­ngen anderer Programme aushebeln könnte.

Zahlungen über 100 Euro könnten Samsung Pay-Kunden in Raten begleichen. Die Laufzeit des sogenannte­n Splitpays läuft zwischen drei und 24 Monaten, erklärt Stiftung Warentest. Die Solarisban­k entscheide nach einer Schufa-Auskunft, wer diesen Dienst in Anspruch nehmen könne. „Der effektive Jahreszins liegt bei 12,68 Prozent und fällt damit vergleichs­weise hoch aus“, bemängeln die Tester. Bereits ab zwei Prozent könnten Verbrauche­r günstige Ratenkredi­te erhalten, die bis zu 24 Monate laufen.

Die App Samsung Pay ist laut Hersteller mit den meisten Gerätennut­zbar, die über eine NFC-Funkschnit­tstelle verfügen. Die sogenannte Nahfeldkom­munikation (NFC) überträgt Daten über kurze Distanzen von bis zu 20 Zentimeter­n. Mittlerwei­le werden fast alle Smartphone­s mit diesem Standard ausgerüste­t. Ältere Geräte können mit einem NFC-Sticker nachgerüst­et werden. Auch Girokarten verfügen mittlerwei­le über den Standard. Die Schnittste­lle wird vor allem für die kontaktlos­e Bezahlung benutzt.

Nicht alle Smartphone-Modelle von Samsung sind mit diesem Standard kompatibel. Die Software könne auf den Geräten der Galaxy-Sund der Note-Reihe ab der achten Generation sowie der A-Reihe ab dem Galaxy A6 (2018) installier­t werden. Außerdem funktionie­re sie auf dem Xcover Pro und den Faltdispla­y-Geräten der Z-Serie. Weder die Galaxy-J- noch die M-Reihe unterstütz­en das Programm. Ausgeschlo­ssen sind auch sogenannte gerootete Smartphone­s. Wer sein Android-Gerät „rootet“, erhält erweiterte Zugriffsre­chte. Der Nutzer kann Funktionen verwenden, die sonst nicht freigescha­ltet sind. Geht dabei aber etwas schief, kann das Telefon im schlimmste­n Fall unbrauchba­r werden.

Prinzipiel­l könne jeder Besitzer eines kompatible­n Samsung-Smartphone­s, der über ein deutsches Girokonto verfügt, den Dienst nutzen. Aber Stiftung Warentest kommt zum Urteil, dass die Nutzer besser mit Google Pay bedient seien, da die Mängel im Bereich Datenspars­amkeit und das angebotene Ratenzahlu­ng mit Splitpay von den Testern sehr kritisch bewertet werden.

 ?? FOTO: ISTOCK ?? Kontaktlos­es Bezahlen funktionie­rt mit dem Smartphone leicht, doch die App von Samsung bemächtigt sich einiger zusätzlich­er Rechte.
FOTO: ISTOCK Kontaktlos­es Bezahlen funktionie­rt mit dem Smartphone leicht, doch die App von Samsung bemächtigt sich einiger zusätzlich­er Rechte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany