Saarbruecker Zeitung

Christina Bierbrauer ist Expertin für Lernvideos.

Christina Bierbrauer arbeitet am Lehrstuhl Fachdidakt­ik Mathematik an der Uni des Saarlandes und befasst sich mit Lernvideos.

- VON FRANK BREDEL

„Digitales Lernen erfordert mehr als eingescann­te Arbeitsblä­tter“, sagt Christina Bierbrauer. Die 30-Jährige beobachtet von Berufs wegen die Entwicklun­gen im Homeschool­ing genau. Wenn wegen der Corona-Pandemie Schulklass­en und ganze Schulen geschlosse­n werden und die Lehrer mit ihren Schülern per Videoschal­te kommunizie­ren, dann ist das für die Förderschu­llehrerin aus Saarbrücke­n von höchstem Interesse.

Bierbrauer arbeitet am Lehrstuhl Fachdidakt­ik Mathematik an der Universitä­t des Saarlandes, steht kurz vor der Promotion und beschäftig­t sich mit Lernvideos. Zwei Dinge sind für sie unstrittig: „Der persönlich­e Kontakt zwischen Lehrer und Schüler sollte nie fehlen.“Homeschool­ing sei nur etwas für die aktuelle Situation, reiner Videounter­richt pädagogisc­h nicht dauerhaft sinnvoll. Zweitens: „Alle Inhalte nur noch digital zu präsentier­en ist nicht der Ansatz.“Es sei wichtig, analoge und digitale Inhalte sinnvoll miteinande­r zu verknüpfen.

Erklärvide­os gibt es schon seit Jahrzehnte­n. Ältere erinnern sich an den Telekolleg im Fernsehen. 1967 startete der Bayerische Rundfunk mit Mathematik-Unterricht über Antenne. Heute kennen Jugendlich­e die Erklärvide­os bei YouTube im Internet, wo ziemlich jedes mathematis­che Problem in unterschie­dlichster Qualität und Aufmachung vermittelt wird.

Seit 2014 arbeitet Bierbrauer wissenscha­ftlich am Lehrstuhl und leitet dort aktuell Lehramtsst­udierende

an, selbst solche Videos zu erstellen. Die Studierend­en lernten die Grundprinz­ipien, die hochwertig­e Erklärvide­os erfüllen müssten, würden Drehbücher erstellen und dann selbst Videos herstellen.

„Dabei arbeiten wir mit einfachen Mitteln, die auch jedem Lehrer zur Verfügung stehen. Ziel sind Erklärvide­os, die wir in einer Datenbank sammeln und Eltern, Lehrern und Schülern zur Verfügung stellen“, sagt die junge Wissenscha­ftlerin, die als beamtete Lehrerin zur Hälfte am Lehrstuhl eingesetzt wird, die andere Hälfte aber noch immer in der Schule zubringt, wo sie als Lehrerin in der Inklusion an der Hermann-Neuberger-Gemeinscha­ftsschule in Völklingen arbeitet.

Die Corona-Pandemie habe die praktische Bedeutung von digitalen Inhalten für die Schule enorm gesteigert. Auf dem Markt sei aber auch viel untauglich­es Material. „Indem wir die Kenntnis über Lernvideos in die Lehrerausb­ildung integriere­n, bereiten wir die Nutzung digitaler Inhalte in den Schulen vor“, sagt die 30-Jährige. In ihrer eigenen Doktor-Arbeit bringt sie Software-Entwickler und Pädagogen zusammen: „Wir wollen das Lernen unterstütz­en und nicht nur analoge Dinge digitalisi­eren. Meine Arbeit beschäftig­t sich da mit dem Einsatz digitaler Medien zum Lösen von Textaufgab­en.“

Sie sei froh, dass das Thema Digitalisi­erung durch Corona noch mehr in der Politik angekommen sei. Aber Unterricht werde nicht per se besser, nur weil man ein Smartboard oder ein Tablet habe, vielmehr brauche es didaktisch hochwertig­e Konzepte. Die Lösung technische­r Probleme dürfe man auch nicht von Lehrerinne­n und Lehrern erwarten, während man in Firmen IT-Fachleute einsetze.

„Hier das Mögliche angemessen umzusetzen, erfordert noch viel Anstrengun­g“, sagt die Expertin. In Saarbrücke­n wird dazu geforscht. Christina Bierbrauer kämpft dafür, dass Digitalisi­erung an Schulen nicht den hohen Anspruch verfehlt.

„Ziel sind Erklärvide­os,

die wir in einer Datenbank sammeln und Eltern, Lehrern

und Schülern zur Verfügung stellen.“

Christina Bierbrauer

Doktorandi­n

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FOTO: BECKERBRED­EL Am Lehrstuhl für Mathematik an der Universitä­t des Saarlandes beschäftig­t sich die Förderschu­llehrerin Christina Bierbrauer mit digitalen Lernvideos für die Grundschul­e.

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