Khaima, die Band unterm Himmelszelt.
Hart aber herzlich: Die Saarbrücker Band denkt sich viel bei ihrer Musik. Jetzt ist das erste Konzeptalbum erschienen.
„Khaima“heißt in der Sprache der afrikanischen Tuareg „das Zelt“. Gemeint ist damit auch das Himmelszelt – und für die in der Sahara und Sahelzone lebenden Berber ist Khaima obendrein ein Symbol mit vielerlei Bedeutungen: Es steht für Menschlichkeit, Freiheit, Bodenständigkeit, Schutz, fremde Existenzen und Respekt vor Mutter Natur.
So erklärt es Jo Rauber, seines Zeichens E-Bassist der fünfköpfigen
saarländischen Rockband, die sich „Khaima“als gemeinsames Erkennungszeichen an ihre Fahnen heftet. Mit dem klangvollen exotischen Nenner verbinde das Quintett eine philanthropische Philosophie, so Rauber: „Die Erde ist niemandes Eigentum, man kann überall zuhause sein.“Und: „Musik als Emotion ist Teil von allem, was uns verbindet.“
Stilistisch lassen sich „Khaima“dem Progressive Rock zuordnen, irgendwo zwischen Alternative und Metal. Nun wurde das Debütalbum „Owing to the influence“veröffentlicht. Neben Jo Rauber zählen zu Khaima der Sänger Sven Hill und Gitarrist Toufik Bougherara, gebürtiger Algerier und seit 1992 Wahl-Saarländer – von ihm stammt die Idee zu dem außergewöhnlichen Bandnamen. Komplettiert wird die harte Truppe von Andreas Becker (Tasteninstrumente) und Markus Scherer
(Schlagzeug).
Mit 27 bis 59 Lenzen ist das Altersspektrum ebenso weit gefächert wie das der Brotberufe: So sind die Khaima-Mannen im Bildungsbereich, in Verkauf/Marketing, als Ingenieur, Software-Spezialist und Student tätig. Ihre individuellen musikalischen Vorlieben reichen von Metal und Progressive Rock über Pop bis Hiphop und Electronic.
2013 nennt der bunte Haufen als Band-Gründungsjahr. Seitdem wird einmal pro Woche gemeinsam an den äußerst kniffligen Songs aus eigener Feder gefeilt, nicht selten bis ins Morgengrauen – und via Netz läuft die kreative Kommunikation dann noch weiter.
Die Grundeinfälle zu einer typischen Khaima-Schöpfung liefere üblicherweise Gitarrist Bougherara, berichtet Jo Rauber, dann werde mit Bass und Schlagzeug „gemeinsam daran arrangiert“. Keyboards und Gesang folgten erst zum Schluss. Und bis Sangesmann Hill dann noch den Text fertig habe – das könne dauern. Denn auch im Sektor Wort wird bei Khaima Wert auf Anspruchsvolles gelegt.
„Owing to the influence“(„Aufgrund des Einflusses“) ist ein Konzeptalbum. „Es bezieht sich auf soziale, industrielle, politische und kulturelle Einflüsse, die interagieren. Sie markieren die immer größer werdende Kluft zwischen Forschung und den daraus resultierenden Entscheidungen zwischen Wissen und Glauben“, sagt Sven Hill: „Das Anthropozän, unser aktuelles Erdzeitalter, steht und fällt mit der Menschheit. Unser Einfluss auf die Umwelt ist heute größer denn je, und umso größer ist der Einfluss der Umwelt auf uns.“
Warum auch einfach, wenn's kompliziert sein kann, scheint ein Khaima-Credo zu sein. Doch die rockenden Fünf sehen ihren Arbeitseifer als Segen. „Die Kreativität macht allen Spaß und riesige Freude und entfaltet erstaunliche gruppendynamische Prozesse“, versichert Jo Rauber. Das bandinterne Miteinander reiche weit übers Musikmachen hinaus, von gemeinsamen Konzertbesuchen bis zum Abhängen in einschlägigen Lokalitäten, bevorzugt im Saarbrücker Nauwieser Viertel.
Zum weiteren Team gehört auch Mike Balzer, hauptberuflich Mediengestalter Bild und Ton. Er ist
Manager von Khaima und war außerdem als Aufnahmechef für Produktion und Abmischung des Albums zuständig. Darüber hinaus stellte er den Aufnahmeraum in Völklingen zur Verfügung und gestaltete das Cover.
„Mike hat sich wirklich ‚reingekniet und uns auf ein neues Level gehoben“, lobt Jo Rauber. Obendrein habe Balzer den Kontakt zum Saar-Plattenlabel „Barhill Records“von Kai Florian Becker hergestellt, der die neue CD auch in Vinyl und als Download veröffentlicht.
Nachdem Khaima bislang im Saarland aufgetreten sind, so im Saarbrücker Studio 30, und 2016 eine EP mit sechs Songs herausbrachten, war nun für die aktuelle Scheibe mit neun Titeln eine umfangreiche überregionale Veröffentlichungstour geplant. Diese fiel Pandemie-bedingt ins Wasser. Zudem musste an den Aufnahmen wegen des Virus teils online gearbeitet werden.
Immerhin wurde „Owing to the influence“bereits sehr positiv in den Fachmagazinen Rock Hard, Visions und Ox rezensiert, sagt Jo Rauber. „Proben ist derzeit nur sehr eingeschränkt möglich, nur jeweils zu zweit“, bedauert der Khaima-Bassmann. Und so wird währenddessen für die Zukunft geplant.
„Wir haben Tonnen von Ideen für zahlreiche neue Songs und wollen auf jeden Fall die Gigs nachholen“, so Jo Rauber: „Die geplanten und dann durch Corona abgesagten Konzerte sollten unter anderem in Kaiserslautern, Berlin, Hamburg, Paris und Reims stattfinden.“Gewiss keine schlechte Tour für ein Debütalbum – bleibt zu hoffen, dass es in absehbarer Zeit losgehen darf und Khaima live endlich richtig durchstarten können.
„Die Erde ist niemandes Eigentum, man kann überall zuhause sein.“
Jo Rauber