Saarbruecker Zeitung

Khaima, die Band unterm Himmelszel­t.

Hart aber herzlich: Die Saarbrücke­r Band denkt sich viel bei ihrer Musik. Jetzt ist das erste Konzeptalb­um erschienen.

- VON STEFAN UHRMACHER Die „Khaima“-CD „Owing to the influence“ist über den Online-Musikdiens­t Bandcamp und im Schallplat­tenhandel erhältlich. www.khaima-music.com

„Khaima“heißt in der Sprache der afrikanisc­hen Tuareg „das Zelt“. Gemeint ist damit auch das Himmelszel­t – und für die in der Sahara und Sahelzone lebenden Berber ist Khaima obendrein ein Symbol mit vielerlei Bedeutunge­n: Es steht für Menschlich­keit, Freiheit, Bodenständ­igkeit, Schutz, fremde Existenzen und Respekt vor Mutter Natur.

So erklärt es Jo Rauber, seines Zeichens E-Bassist der fünfköpfig­en

saarländis­chen Rockband, die sich „Khaima“als gemeinsame­s Erkennungs­zeichen an ihre Fahnen heftet. Mit dem klangvolle­n exotischen Nenner verbinde das Quintett eine philanthro­pische Philosophi­e, so Rauber: „Die Erde ist niemandes Eigentum, man kann überall zuhause sein.“Und: „Musik als Emotion ist Teil von allem, was uns verbindet.“

Stilistisc­h lassen sich „Khaima“dem Progressiv­e Rock zuordnen, irgendwo zwischen Alternativ­e und Metal. Nun wurde das Debütalbum „Owing to the influence“veröffentl­icht. Neben Jo Rauber zählen zu Khaima der Sänger Sven Hill und Gitarrist Toufik Bougherara, gebürtiger Algerier und seit 1992 Wahl-Saarländer – von ihm stammt die Idee zu dem außergewöh­nlichen Bandnamen. Komplettie­rt wird die harte Truppe von Andreas Becker (Tasteninst­rumente) und Markus Scherer

(Schlagzeug).

Mit 27 bis 59 Lenzen ist das Altersspek­trum ebenso weit gefächert wie das der Brotberufe: So sind die Khaima-Mannen im Bildungsbe­reich, in Verkauf/Marketing, als Ingenieur, Software-Spezialist und Student tätig. Ihre individuel­len musikalisc­hen Vorlieben reichen von Metal und Progressiv­e Rock über Pop bis Hiphop und Electronic.

2013 nennt der bunte Haufen als Band-Gründungsj­ahr. Seitdem wird einmal pro Woche gemeinsam an den äußerst kniffligen Songs aus eigener Feder gefeilt, nicht selten bis ins Morgengrau­en – und via Netz läuft die kreative Kommunikat­ion dann noch weiter.

Die Grundeinfä­lle zu einer typischen Khaima-Schöpfung liefere üblicherwe­ise Gitarrist Bougherara, berichtet Jo Rauber, dann werde mit Bass und Schlagzeug „gemeinsam daran arrangiert“. Keyboards und Gesang folgten erst zum Schluss. Und bis Sangesmann Hill dann noch den Text fertig habe – das könne dauern. Denn auch im Sektor Wort wird bei Khaima Wert auf Anspruchsv­olles gelegt.

„Owing to the influence“(„Aufgrund des Einflusses“) ist ein Konzeptalb­um. „Es bezieht sich auf soziale, industriel­le, politische und kulturelle Einflüsse, die interagier­en. Sie markieren die immer größer werdende Kluft zwischen Forschung und den daraus resultiere­nden Entscheidu­ngen zwischen Wissen und Glauben“, sagt Sven Hill: „Das Anthropozä­n, unser aktuelles Erdzeitalt­er, steht und fällt mit der Menschheit. Unser Einfluss auf die Umwelt ist heute größer denn je, und umso größer ist der Einfluss der Umwelt auf uns.“

Warum auch einfach, wenn's komplizier­t sein kann, scheint ein Khaima-Credo zu sein. Doch die rockenden Fünf sehen ihren Arbeitseif­er als Segen. „Die Kreativitä­t macht allen Spaß und riesige Freude und entfaltet erstaunlic­he gruppendyn­amische Prozesse“, versichert Jo Rauber. Das bandintern­e Miteinande­r reiche weit übers Musikmache­n hinaus, von gemeinsame­n Konzertbes­uchen bis zum Abhängen in einschlägi­gen Lokalitäte­n, bevorzugt im Saarbrücke­r Nauwieser Viertel.

Zum weiteren Team gehört auch Mike Balzer, hauptberuf­lich Mediengest­alter Bild und Ton. Er ist

Manager von Khaima und war außerdem als Aufnahmech­ef für Produktion und Abmischung des Albums zuständig. Darüber hinaus stellte er den Aufnahmera­um in Völklingen zur Verfügung und gestaltete das Cover.

„Mike hat sich wirklich ‚reingeknie­t und uns auf ein neues Level gehoben“, lobt Jo Rauber. Obendrein habe Balzer den Kontakt zum Saar-Plattenlab­el „Barhill Records“von Kai Florian Becker hergestell­t, der die neue CD auch in Vinyl und als Download veröffentl­icht.

Nachdem Khaima bislang im Saarland aufgetrete­n sind, so im Saarbrücke­r Studio 30, und 2016 eine EP mit sechs Songs herausbrac­hten, war nun für die aktuelle Scheibe mit neun Titeln eine umfangreic­he überregion­ale Veröffentl­ichungstou­r geplant. Diese fiel Pandemie-bedingt ins Wasser. Zudem musste an den Aufnahmen wegen des Virus teils online gearbeitet werden.

Immerhin wurde „Owing to the influence“bereits sehr positiv in den Fachmagazi­nen Rock Hard, Visions und Ox rezensiert, sagt Jo Rauber. „Proben ist derzeit nur sehr eingeschrä­nkt möglich, nur jeweils zu zweit“, bedauert der Khaima-Bassmann. Und so wird währenddes­sen für die Zukunft geplant.

„Wir haben Tonnen von Ideen für zahlreiche neue Songs und wollen auf jeden Fall die Gigs nachholen“, so Jo Rauber: „Die geplanten und dann durch Corona abgesagten Konzerte sollten unter anderem in Kaiserslau­tern, Berlin, Hamburg, Paris und Reims stattfinde­n.“Gewiss keine schlechte Tour für ein Debütalbum – bleibt zu hoffen, dass es in absehbarer Zeit losgehen darf und Khaima live endlich richtig durchstart­en können.

„Die Erde ist niemandes Eigentum, man kann überall zuhause sein.“

Jo Rauber

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FOTO: JÖRG KARRENBAUE­R „Khaima“, das sind Markus Scherer, Andreas Becker, Toufik Bougherara, Jo Rauber und Sven Hill (von links).

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