Rabe Rüdiger erklärt Kindern, was dieses Corona ist
Die Erzieherin Nadine Renner schrieb im Frühjahr ein Corona-Erklärbuch für ihre Kita – mit großer Resonanz. Jetzt ist es schon wieder aktuell.
Eigentlich war es nur als Spaß gedacht. Während des ersten Lockdowns hatten sich die Erzieherinnen der Studentenwerk-Kita mit E-Mails an „ihre“Kinder daheim gewandt. „Es ging darum, den Kontakt zu halten“, erinnert sich Nadine Renner. Sie und ihre Kolleginnen drehten kleine Videos und stellten „anti Langeweile“-Hefte unter anderem mit Basteltipps und Liedtexten zum selber ausdrucken zusammen.
„Wir müssen auch eine Geschichte schicken“, war irgendwann klar. Eine, die kindgerecht erklärt, was gerade Verrücktes passiert, vor allem, wie es winzige Viren-Störenfriede schaffen, eine ganze Kita lahm zu legen.
Und weil Nadine Renner schon immer ein Faible fürs Schreiben hat, übernahm sie den Part. Fachlichen Hintergrund bezog die gebürtige Saarbrückerin aus Lehrvideos im Internet. Handlungsort ist praktischerweise ihre Kita im Mensa-Gebäude der Uni. Das Personal rekrutiert sich quasi aus den eigenen Reihen.
Bei Titelheld Rabe Rüdiger handelt es sich um den „Chef“der Rabengruppe, in der wiederum die Handpuppen Lisa und Fernando zum liebgewordenen Inventar gehören. Dann gibt es noch Igel, Eule und Fledermaus der gleichnamigen Gruppen, die sich an einem Montagmorgen über die menschenleeren Räume wundern.
Zu ihnen stößt prominenter Besuch von außerhalb: Jolinchen nämlich, Star einer AOK-Gesundheitskampagne, und zwei „Gefühls-Kobolde“namens Zorniund Freudibold. Die helfen normalerweise im Rahmen des Präventionsprogramms Papilio, sozial-emotionale Kompetenzen der Drei- bis Sechsjährigen zu fördern und Verhaltensauffälligkeiten zu reduzieren – gerade in Krisenzeiten nicht die schlechtesten Verbündeten.
Gemeinsam sucht die bunte Truppe nach ihren Mädchen und Jungen, findet aber letztlich nur die nette Frau Oswald aus dem Büro. Die erklärt ihnen die Sache mit den Viren und Bakterien. Beruhigt machen sich die lustigen Neun auf den Rückweg „und warten nun mit frisch gewaschenen Händen und sauberen Spielzeugen auf alle Kindergartenkinder . . . ENDE“.
Verfasst hat Nadine Renner die Story an einem Tag, „von ganz früh morgens bis spät abends“, erinnert sich die dreifache Mutter. Das Resultat wurde „draußen“höchst positiv aufgenommen und ruck, zuck weiter verbreitet. „Das haben sie schön erklärt“, kam Lob von allen Seiten.
Derart bestärkt, nutzte die Erzieherin „die viele Zeit zu hause“, um aus der Geschichte ein Buch zu machen – eine Sache von drei Tagen. Für die Illustrationen kombinierte sie selbst gemalte Figuren mit digitalen Illustrationen. Unterstützung kam vom Studentenwerk. Ein Papa aus der Einrichtung übernahm die Übersetzung ins Englische. „Das war mir ganz wichtig. Wir haben viele Kinder mit Migrationshintergrund.“
An die eigenen Kinder ging die Frage: „Kann ich das so lassen?“Für die zwölfjährige Tochter war das „Lektorat“keine große Sache. Und ihre 15- und 17-jährigen Brüder meinten: „Das hört sich richtig cool an.“Also ab damit in die Online-Druckerei und schon lagen die ersten 50 Exemplare als Ostergeschenk für die Kita-Kinder vor. Kurz darauf waren „noch mal 100 weg – bevor sie überhaupt geliefert waren“. Inzwischen ist man bei der vierten Auflage, 550 Stück sind alles in allem im Umlauf.
Dass „die Frau Renner“das Buch geschrieben hat, in dem „ihre“Lisa und all die anderen Figuren vorkommen, haben die meisten Steppkes erst vor kurzem staunend begriffen. Für die Autorin selbst brachte die ganze Sache ebenfalls ein Aha-Erlebnis: „Mir hat das richtig viel Spaß gemacht.“Weitere Schreib-Projekte könnten folgen. In Sachen Rabe Rüdiger ist der Funke schon übergesprungen: Band zwei und drei aus der Feder der Kollegen Verena Steinmetz und Julian Jacoby liegen in der Schublade bereit.