Ann-Katrin Berger steht gegen Irland erstmals im Tor der deutschen Nationalmannschaft.
Ann-Katrin Berger, Torhüterin des FC Chelsea, feiert nach überstandener Krebserkrankung ihr Länderspiel-Debüt für Deutschland gegen Irland.
(dpa) Ann-Katrin Bergers Mutter hat „bei der Arbeit so eine kleine Ecke, wo sie vor Freude heulen kann“. Das erzählte die Fußball-Torhüterin der deutschen Nationalmannschaft vor ihrem angekündigten Länderspiel-Debüt. Ein paar Freudentränen dürften in der Familie der Spielerin vom FC Chelsea an diesem Dienstag wieder fließen. Denn im letzten EM-Qualifikationsspiel gegen Irland in Dublin (18 Uhr/Sport1) steht Berger vor ihrer Premiere in der DFB-Auswahl. Und das mit 30 Jahren, nach herausfordernden Jahren im Ausland und nach einer überstandenen Krebserkrankung.
„Ich bin einen anderen Weg gegangen, vielleicht war es der schwerere“, sagt die 1,80 Meter große Torhüterin. Geboren im schwäbischen Göppingen, vom Zweitligisten VfL Sindelfingen zu Turbine Potsdam gewechselt und dann mit 23 Jahren zu Paris St. Germain. Sie wollte unbedingt ins Ausland, saß dort aber erst mal auf der Bank: „Da ist mir die Lust am Fußballspielen vergangen, das mochte ich überhaupt nicht.“
In ihrer Zeit bei Birmingham City LFC erkrankte Berger 2017 an Lymphdrüsenkrebs, stand nach einer Operation und Therapie bald wieder auf dem Platz. „Das Bällefangen verlernt man in drei Monaten nicht. Ich habe mich noch stärker gefühlt und den Fußball noch mehr in mich aufgesogen“, sagt sie.
Und doch: Erst vor wenigen Tagen bei einem Gespräch mit Nationalteamkollegin Melanie Leupolz sei ihr wieder bewusst geworden, dass sie die schlimme Zeit verdrängt habe: „Da realisiert man, was alles hätte schief laufen können. Mir war damals klar: Ich muss nur funktionieren, mein Gehirn ausschalten und allen anderen Leuten vertrauen.“Die Ärzte hätten ihr von Anfang an gesagt, dass sie gute Heilungschancen habe. In der Corona-Zeit gilt Berger als Risikopatientin und ist besonders vorsichtig – „weil mir ja die Schilddrüse und zwei Lymphdrüsen fehlen“, wie sie erzählt.
Auch Martina Voss-Tecklenburg bewundert ihre Torhüterin, die bislang im Schatten von Merle Frohms (Eintracht Frankfurt) und Laura Benkarth (FC Bayern) stand, für ihr Durchhaltevermögen. „Ich erlebe sie als sehr spannenden, in sich ruhenden Typ“, sagt Voss-Tecklenburg: „Und das spiegelt sie auch auf dem Platz wider. Sie hat immer mutige Entscheidungen getroffen. Nicht nur in sportlicher Hinsicht, auch in privater. Das hat sie geprägt.“
Natürlich gehe da ein Kindheitstraum in Erfüllung, sagt Berger vor ihrem DFB-Debüt: „Ich kann's kaum erwarten, der Tag kann gar nicht schnell genug kommen.“International hat sich die Schwäbin mit der großen Ruhe am Ball schon einen Namen gemacht: Sie ist eine von sechs Kandidatinnen für die Fifa-Wahl zur „Welttorhüterin des Jahres“. Von der Nominierung hat sie erst verspätet erfahren, „weil ich richtig schlecht bin mit sozialen Medien“, sagt sie und rätselt: „Ich habe doch kein einziges Länderspiel.“Bergers Vorbild ist der frühere niederländische Weltklasse-Torhüter Edwin van der Sar. „Weil er so ruhig und cool ist.“