Saarbruecker Zeitung

Selbstbewu­sst und mit voller Rückendeck­ung

Unionsfrak­tionschef Brinkhaus hat mit seiner Forderung nach mehr Corona-Hilfen der Bundesländ­er für Irritation­en gesorgt. Was treibt ihn an?

- VON HAGEN STRAUSS

Als Ralph Brinkhaus kürzlich gefragt wurde, ob er als vierter Kandidat ins Rennen um den CDU-Vorsitz gehen würde, lachte er die Antwort quasi weg und vermied so ein klares Nein. Mittlerwei­le geht der Unionsfrak­tionschef bei der Bewältigun­g der Corona-Krise sogar auf Konfrontat­ion zu den Ministerpr­äsidenten und zur Kanzlerin. Hängt beides miteinande­r zusammen?

Wenn Brinkhaus wollte, könnte er die Spekulatio­n um eine mögliche Kandidatur mit einer deutlichen Ansage sofort beenden. Bisher hat er dies vermieden; er lässt sie lieber laufen. Was nicht unbedingt heißt, dass er auch bereit wäre, doch noch gegen Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen um den CDU-Chefsessel zu kämpfen. Vielmehr hilft es Politikern, dass sie mitunter für Höheres gehandelt werden. Die Wirkung will der Mann aus Nordrhein-Westfalen augenschei­nlich mitnehmen. Dem Vernehmen nach soll er jedoch tatsächlic­h in den letzten Wochen aus den eigenen Reihen ermutigt worden sein, über den Parteivors­itz nachzudenk­en, etwa vom thüringisc­hen Landeschef und Bundestags­abgeordnet­en Christian Hirte. In der Unionsspit­ze hält man einen solchen Schritt des 52-Jährigen aber für abwegig, und falls doch, sei Brinkhaus „ohne Chance“. Vermutlich weiß er das selbst. Trotzdem dürfte er sich geschmeich­elt fühlen.

Bestätigt wurden unserer Redaktion Berichte, dass am Montag in der Präsidiums­sitzung der CDU Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier den Fraktionsc­hef massiv anging. Demnach sagte Bouffier in der Videoschal­te: „Ich fordere Sie auf, sich in Zukunft zu mäßigen.“Brinkhaus hatte den Ländern in der vergangene­n Woche im Bundestag vorgeworfe­n, sich nicht genügend an den Lasten der Corona-Pandemie zu beteiligen. Es würden Beschlüsse gefasst „und die Rechnung dann dem Bund präsentier­t“. Das sei „schlichtwe­g nicht in Ordnung“. Neben Bouffier zeigten sich auch viele andere Ministerpr­äsidenten verärgert. Sie verwiesen auf eigene milliarden­schwere Corona-Hilfsprogr­amme, die die Landeshaus­halte belasteten.

Zwar steht Brinkhaus fest an der Seite der Kanzlerin, wenn es darum geht, möglichst scharfe Regeln zur Eindämmung des Virus zu erlassen. Aber im Parlament attackiert­e er auch Angela Merkel, die mit den Landesfürs­ten immer neue Hilfen auf den Weg bringe, ohne den haushälter­isch zuständige­n Bundestag genügend einzubinde­n. Brinkhaus traut sich was. Nicht zuletzt, weil viele Haushälter beklagen, dass das Parlament förmlich beiseitege­schoben worden sei. Die Bundesregi­erung dürfe jetzt keine weiteren Finanzlast­en übernehmen, die nicht in ihre Zuständigk­eit fielen, hieß es am Dienstag. Vor allem Unions-Parlamenta­rier sehen mit Sorge, dass jegliche finanziell­en Spielräume abhandenko­mmen angesichts von 180 Milliarden Euro neuer Schulden, die wegen der Corona-Pandemie für nächstes Jahr verbucht sind.

Aus der Fraktion verlautete, Brinkhaus habe dort volle Rückendeck­ung für sein Vorgehen. Seit 2018 führt er die CDU/CSU im Bundestag. Damals trat er gegen den Amtsinhabe­r und Merkel-Vertrauten Volker Kauder an und fegte ihn aus dem Amt. Brinkhaus ist ein exzellente­r Redner, vergangene Woche sprach er frei, als er die Kritik an den Ländern und der Kanzlerin auf den Punkt brachte.

Auch Ende Oktober fand eine Rede große Beachtung, in der Brinkhaus allerdings den Kurs der Bundesregi­erung in der Corona-Krise gegen scharfe Angriffe aus der Opposition noch verteidigt­e. In der Union wurde gemutmaßt, der Fraktionsc­hef beginne nun auch damit, Pflöcke einzuschla­gen hinsichtli­ch seiner Position nach der Bundestags­wahl im kommenden Jahr. Das wäre durchaus früh, aber angesichts der anstehende­n Personalen­tscheidung­en in der CDU womöglich notwendig.

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FOTO: KAPPELER/DPA Ralph Brinkhaus, Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion im Bundestag.

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