Drei Jahrzehnte Ungewissheit
Der ARD-Eventdreiteiler setzt sich mit einem wahren Polizei- und Justizskandal auseinander.
SAARBRÜCKEN (ry) Ein Kriminalfilm nimmt in den meisten Fällen die Perspektive der Ermittler ein, das Werk zeigt aus ihrer Sicht, wie sie versuchen, ein Verbrechen aufzuklären. Eher selten kommt es vor, dass die Opfer ins Zentrum des Geschehens rücken. Das ist aber genau der Fall in dem Eventdreiteiler „Das Geheimnis des Totenwaldes“. Dieser „nimmt einen Perspektivwechsel vor, richtet den Fokus auf die Opfer, das Leid der Hinterbliebenen, die mit Ungewissheit, Vorwürfen und Verzweiflung leben müssen“, wie Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen, erklärt. „Der Perspektivwechsel gelingt durch die Figur des Hamburger LKA-Chefs Bethge, eindringlich gespielt von Matthias Brandt, dessen Schwester verschwindet und dessen Schwager als Mordverdächtiger abgestempelt wird. Bethge muss die unfassbaren Ermittlungsfehler und Versäumnisse seiner Kollegen im benachbarten Niedersachsen miterleben. Dem LKA-Leiter sind die Hände gebunden; er kann nur als Betroffener sprechen und seine niedersächsischen Kollegen auf Spuren und Indizien aufmerksam machen. Und er rollt den Fall erst als pensionierter Polizist Jahrzehnte später wieder auf.“
Im heute ausgestrahlten ersten Teil tritt Anne Bach (Karoline Schuch) 1989 ihre neue Stelle als
Kommissarin in Weesenburg an, wo sie zu einem Doppelmord gerufen wird. Währenddessen geschieht nicht allzu weit entfernt ein zweiter Doppelmord. Dann tritt auch noch der Hamburger LKA-Chef Thomas Bethge (Brandt) an Bach und ihre Kollegen heran, weil dessen Schwester Barbara Neder (Silke Bodenbender) seit Kurzem vermisst wird. Sie sollen sie für ihn aufspüren.
Der Dreiteiler basiert auf wahren Begebenheiten und ist angelehnt an das Schicksal des ehemaligen Hamburger LKA-Chefs Wolfgang Sielaff. Inszeniert wurde das Werk von Sven Bohse, der in den realen Ereignissen die Legitimation sieht, „sich überhaupt zu trauen, das Unglaubliche zu erzählen. Die Realität ist oft abgefahrener als alles, was man sich ausdenken kann. In der fiktionalen Übersetzung ging es uns darum, die realen Ereignisse zu verdichten und zu dramatisieren und nicht nachzuerzählen.“Drehbuchautor Stefan Kolditz hebt ebenfalls hervor: „Wir wollten auf keinen Fall diese Verbrechen nur nacherzählen oder illustrieren. Denn das bedeutet immer, dass die empathische Wahrnehmung hinter dem Faktischen zurücktritt. Nur die Freiheit der Erzählung ermöglicht es, tief in die Schicksale und Abgründe der Menschen einzutauchen und das Allgemeingültige hinter dem Drama zu erzählen.“
Das Geheimnis des Totenwaldes (1/3), 20.15 Uhr, ARD