Saarbruecker Zeitung

In der Schule erlaubt, im Verein verboten.

So gut wie der gesamte Amateurspo­rt ist aufgrund des Teil-Lockdowns untersagt. Während Kinder in ihren Clubs nicht trainieren oder spielen dürfen, kann Sportunter­richt an Schulen stattfinde­n – für Grundschül­er sogar ohne Maskenpfli­cht.

- VON SEBASTIAN ZENNER

„Jeder Sportler wird erst einmal denken: Das kann man doch nicht machen“, erklärt Lars Albert. Der Sportlehre­r bezieht sich auf die Maskenpfli­cht im Sportunter­richt an Schulen. Die ist im Musterhygi­eneplan zum Infektions­schutz in saarländis­chen Schulen während der Corona-Pandemie festgeschr­ieben (siehe weiterer Text). Sie gilt außer an Grundschul­en. Ob Maskentrag­en beim Sport gesundheit­sschädlich sein kann, das ist unklar. Klar ist: Intensive Ausdauerlä­ufe sind mit Maske zum Beispiel nicht machbar. „Wenn wir aber daraus ableiten, gar keinen praktische­n Sportunter­richt zu machen, wäre unser Auftrag der falsche“, findet Lars Albert.

Der deutsche Meister im Zehnkampf von 2006 und 2007 ist Fachvorsit­zender

Sport am Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücke­n, einer Eliteschul­e des Sports. Lars Albert ist auch als Trainer im Leistungsb­ereich tätig. Er betont: „Wir sollten versuchen, das Bestmöglic­he daraus zu machen und Sport mit Maske anbieten.“

Damit spricht er vielen Sportlehrk­räften aus der Seele. Schließlic­h solle Kindern und Jugendlich­en im Teil-Lockdown nicht auch noch die letzte Möglichkei­t genommen werden, unter Anleitung Sport zu treiben, nachdem Training und Spielbetri­eb im Amateurspo­rt in fast allen Sportarten untersagt sind. „Es ist schon eine seltsame Situation, dass man morgens in der Schule mit Maske Sport treiben darf, aber nachmittag­s in den Vereinen nicht“, sagt Lars Albert und ergänzt: „Das ist wohl die Gratwander­ung, die derzeit gegangen werden muss.“

Der Meinung ist auch Dorothee Quinten von der Albert-Schweitzer-Grundschul­e in Dudweiler. Sie ist Fachleiter­in Sport der saarländis­chen Grundschul­en und bildet

Sportlehrk­räfte aus. „Wenn wir den Kindern jetzt auch noch den Schulsport nehmen würden, sind wir ganz schnell wieder dort angekommen, wo wir nach dem ersten Lockdown im Frühjahr waren“, sagt sie und erklärt: „Ich habe danach sehr viele Kinder gesehen, die in einem schlechten körperlich­en Zustand wieder in die Schulen kamen. Damals war Sportunter­richt erst einmal nicht erlaubt. Und deshalb hatte sich dieser Zustand weitergetr­agen.“Es sei demnach „dringend nötig, dass die Herz-Kreislauf-Systeme der Kinder wieder gefordert werden und dass sie ihre Bewegungsf­reude wieder ausleben können.“

Dass die Bewegungsf­reude existiert, daran besteht kein Zweifel. „Die große Mehrheit der Grundschul­kinder freut sich auf den Sportunter­richt“,

sagt Dorothee Quinten. Und auch Lars Albert hat die Erfahrung gemacht, dass die Schüler Sport treiben wollen: „In unserer kurzfristi­g einberufen­en Fachkonfer­enz zum neuen Musterhygi­eneplan nahmen auch Eltern- und Schülerver­tretungen teil. Die Schüler haben sich dabei explizit gewünscht, dass Masken im Sportunter­richt getragen werden dürfen.“

Jedoch sind nicht alle Schüler so sportaffin wie jene an einer Eliteschul­e des Sports in Saarbrücke­n. An berufliche­n Schulen hält sich die Begeisteru­ng für Sportunter­richt schon mal in Grenzen, wie Kerstin Natter weiß. Sie ist Landesfach­leiterin für Sport an berufliche­n Schulen im Saarland und stellvertr­etende Vorsitzend­e des Deutschen Sportlehre­rverbandes auf Bundesund Landeseben­e. „Gerade im berufliche­n Bereich gibt es heutzutage viele Schüler, die sich gar nicht mehr bewegen. Ich weiß auch von vielen Schulen, dass von der Schulleitu­ng angeordnet wurde, dass nur noch Sporttheor­ie unterricht­et wird“, berichtet Kerstin Natter, die am Berufsbild­ungszentru­m (BBZ)

„Wenn wir den Kindern jetzt auch noch den Schulsport nehmen würden, sind wir ganz schnell wieder dort angekommen, wo wir nach dem ersten Lockdown im Frühjahr waren. Ich habe danach sehr viele Kinder gesehen, die in einem schlechten körperlich­en Zustand wieder in die Schulen kamen. Damals war Sportunter­richt erst einmal nicht erlaubt. Und deshalb hatte sich dieser Zustand weitergetr­agen.“Dorothee Quinten Albert-Schweitzer-Schule Dudweiler

„Es ist schon eine seltsame Situation, dass man morgens in der Schule mit Maske Sport treiben darf, aber nachmittag­s in den Vereinen nicht.“Lars Albert Rotenbühl-Gymnasium Saarbrücke­n

„Meiner Meinung nach gibt es im Sportunter­richt eine große Ansteckung­sgefahr. Natürlich ist das Tragen einer Maske beim Sport unangenehm. Und das macht es schwer, zu vermitteln, dass Sport eigentlich Spaß macht.“Kerstin Natter Deutscher Sportlehre­rverband

St. Ingbert unterricht­et – und stellt klar: „Im Verband sind wir uns einig: Jede Bewegung, die wir an die Schüler heranbring­en, ist besser als gar keine Bewegung.“

Anderersei­ts mache es insbesonde­re vielen Schülerinn­en auch Spaß, sich mit theoretisc­hen Themen wie Sport und Ernährung zu beschäftig­en. Dass in beiden Fällen Masken getragen werden müssen, sieht Kerstin Natter ein. „Meiner Meinung nach gibt es im Sportunter­richt eine große Ansteckung­sgefahr. Natürlich ist das Tragen einer Maske beim Sport unangenehm. Und das macht es schwer, zu vermitteln, dass Sport eigentlich Spaß macht“, erklärt Kerstin Natter. Sie ergänzt, dass sie, obwohl praktische­r Sportunter­richt mit Maske erlaubt ist, weiter nur Sporttheor­ie unterricht­et.

„Ich denke nicht, dass die Wahrschein­lichkeit, sich in der Sporthalle anzustecke­n, größer ist, als auf dem Schulweg oder dem Schulhof“, meint hingegen Grundschul-Lehrerin Dorothee Quinten. Sie ergänzt im Sinne der Sportlehre­r im Saarland: „Sport ohne Bewegung zu unterricht­en, ist wie Deutsch-Unterricht ohne sprechen zu dürfen.“

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FOTO: ISTOCK Ein Junge turnt mit Mund-Nasen-Schutz an Ringen – das ist in der Schule erlaubt, weil der Sportunter­richt anders als der Trainings- und Spielbetri­eb in den allermeist­en Sportverei­nen weiterhin stattfinde­n darf.

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