Sie kämpft für ihre Patienten und Kollegen
Die in Sulzbach arbeitende Krankenpflegerin Amaneh Abedian setzt sich seit Jahren für bessere Bedingungen in der Pflege ein. Dabei gleicht ihr bisheriger Lebensweg bereits einer Odyssee.
SULZBACH Sie hatte sich einfach mitreißen lassen. Doch es kam anders als gedacht. Die Geschichte, die Amaneh Abedian erzählt, wirkt auch jetzt, mehrere Jahre später, noch so eindringlich, als wäre sie erst gestern passiert. Abedian war gerade einmal elf Jahre, als 1979 die Revolution in ihrem Geburtsland, dem Iran, ausbrach. Nachdem der Schah geflohen war, hofften viele Menschen im Land auf einen demokratischen Wandel. Auch Abedian. Doch was folgte, war ein System, dass dem vorherigen Regime in nichts nachstand. „Man musste aufpassen, was man sagt. Ein paar Worte gegen das Regime haben ausgereicht, um umgebracht zu werden“, erinnert sich Abedian. Und es dauerte auch nicht lange, bis sie selbst in den Fokus der Behörden des neuen Regimes unter Ruholla Khomeinei rückte. Denn Abedian engagierte sich schon in früher Jugend politisch in der Opposition. Mit 19 war sie schließlich gezwungen, ihre Heimatstadt zu verlassen und in den Untergrund abzutauchen. 1988 flüchtete sie mit ihrem Kind aus dem Iran. Was folgte, war eine Odyssee, die über mehrere Länder verlief. Schlepper brachten sie von der Türkei nach Europa. Drei Jahre später konnte Abedian schließlich nach Deutschland einreisen. Ihr Asylantrag wurde bewilligt.
Mittlerweile ist Abedian 52 Jahre alt, deutsche Staatsbürgerin und arbeitet mit vollem Einsatz im Knappschaftskrankenhaus von Sulzbach. „Dabei wollte ich ursprünglich eigentlich etwas mit Literatur, Kultur und Geschichte studieren“, sagt sie. Wohl auch, weil viele in ihrer Familie Lehrer waren. Als sie 1991 ins Saarland kam, absolvierte Abedian neben einem Sprachkurs auch ein Praktikum im Kreiskrankenhaus von St. Ingbert – damit sie „einen praktischen Einstieg in die Sprache“bekomme, wie sie erzählt. Die vielen Gespräche mit den Patienten und der große Rückhalt ihrer Kollegen haben sie dann schließlich dazu bewogen, eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin zu machen. „Das war für mich einfach Familie“, erklärt Abedian ihre Beweggründe. Vor zwei Jahren wechselte sie dann schließlich von St. Ingbert ins Knappschaftskrankenhaus nach Sulzbach.
„Für mich ist Menschlichkeit selbstverständlich.“Amaneh Abedian Pflegefachkraft in Sulzbach
Ihre Begeisterung für den Beruf hat in all der Zeit nicht nachgelassen, auch wenn er immer wieder herausfordernd sei, wie sie zugibt. Die Patienten müssten schließlich nicht nur körperlich, sondern auch seelisch betreut werden. Vereinzelt gebe es auch immer mal wieder rassistische Bemerkungen wegen ihrer Herkunft, die sie aber weitestgehend ignoriere. Es seien vor allem die „kleinen Momente“, die Dankbarkeit
und Anerkennung ihrer Patienten, die sie immer wieder aufs Neue motivieren, erzählt Abedian. Mehr Unterstützung erhofft sie sich dagegen von Seiten der Arbeitgeber und Politik. Alleine Blumen und dankende Worte würden angesichts der enormen Belastungen, die durch Einsparungen, Personalnot – und aktuell auch durch Corona – auf den Pflegekräften ruhen, nicht ausreichen. „Das ist keine Lebensqualität.
Es ist nicht richtig, die Menschen so kaputt zu machen“, kritisiert Abedian, die sich deswegen bereits auch schon seit mehreren Jahren bei der Gewerkschaft ver.di für mehr Personal und bessere Bedingungen in der Pflege engagiert.
Etwas Anerkennung gab es vor kurzem dann aber doch. Zusammen mit der Peter-Imandt-Gesellschaft der Rosa-Luxemburg-Stiftung und dem VVN-Bund der Antifaschistinnen
und Antifaschisten überreichte die Gewerkschaft ver.di Region Saar Trier Abedian die Marta-Drumm-Medaille (wir berichteten). Trotz ihres großen Einsatzes zeigte sich Abedian bei der Verleihung bescheiden: „Für mich ist Menschlichkeit selbstverständlich.“