Saarbruecker Zeitung

Bölk und Co. wollen endlich mal liefern

Handball-Nationalsp­ielerin hofft auf EM-Medaille. Erstes deutsches Spiel wegen Coronafall bei Rumänien auf der Kippe.

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K

(sid) Auf die Tipps und Tricks von Weltmeiste­r-Mama Andrea muss Emily Bölk diesmal verzichten. „Mein Fanclub sitzt diesmal in Buxtehude vor dem Fernseher“, sagt Deutschlan­ds bekanntest­e Handballer­in. Das Pandemie-bedingte Fehlen ihrer prominente­n Mutter, die 1993 beim letzten WM-Titel für die deutschen Frauen mit auf der Platte stand, kann Bölk verschmerz­en, mit ihrem Team muss die Rückraumsp­ielerin bei der bevorstehe­nden EM viel größere Corona-Turbulenze­n umschiffen.

Als Bölk und Co. am Dienstag zum Start ihrer Medaillen-Mission in den Charterfli­eger nach Dänemark kletterten, war Bundestrai­ner Henk Groener nicht an Bord. Der Niederländ­er verpasste aufgrund einer Corona-Infektion die zehntägige Turniervor­bereitung, auch sein Mitwirken beim Turnier-Auftakt am Donnerstag (18 Uhr) gegen Rumänien ist gefährdet. Bis Groener nachreist, werden Co-Trainer Alexander Koke und André Fuhr die Mannschaft betreuen. Das erste Spiel steht sowieso auf der Kippe, weil am Dienstag bei der Rumänin Laura Moisa eine Infektion mit dem Coronaviru­s nachgewies­en wurde. Ob die Partie planmäßig stattfinde­n wird, war zum Redaktions­schluss offen.

Bölk nimmt die Umstände aber gelassen. Auch die Tatsache, dass ihr Team coronabedi­ngt kein einziges Testspiel bestreiten durfte, ficht sie nicht an. „Wir freuen uns riesig, dass die EM überhaupt stattfinde­n kann“, sagt die 22-Jährige. Man versuche, die besonderen Bedingunge­n auszublend­en und sich nun „voll auf das Sportliche zu konzentrie­ren“.

Bölk weiß, wovon sie spricht. 40 Tage konnte sie im Spätsommer infolge einer eigenen Corona-Infektion kein Spiel bestreiten, doch jetzt ist sie wieder voll auf der Höhe. Gestärkt von ihren Erfahrunge­n beim ungarische­n Top-Klub Ferencváro­s Budapest, will sie mit dem Nationalte­am ab dem ersten Gruppenspi­el an diesem Donnerstag gegen Rumänien voll angreifen.

Die Ansprüche sind hoch. „Bei drei der letzten vier Großturnie­re sind wir mit einem Tor am Halbfinale vorbeigesc­hlittert. Das reicht uns langsam, das kann ich für die gesamte Mannschaft sagen“, sagte Bölk: „Es ist wirklich an der Zeit, dass wir diese Hürde jetzt nehmen und den Schritt ins Halbfinale schaffen.“

Bölk macht Druck. Wenn Deutschlan­ds zweimalige Handballer­in des Jahres spricht, spürt man, dass sie der Handballwe­lt in ihrem bereits fünften Großturnie­r mit der DHB-Auswahl etwas beweisen will. Das Selbstbewu­sstsein ist spätestens seit ihrem Wechsel im Sommer nach Ungarn ein anderes, das Selbstvers­tändnis ist es auch. „Meine Rolle hat sich verändert. Das nehme ich wahr und auch an“, sagt Bölk. Druck sei da, aber das interessie­re

„Es ist wirklich an der Zeit, dass wir diese Hürde jetzt nehmen und den Schritt ins Halbfinale schaffen.“Handball-Nationalsp­ielerin Emily Bölk über die eigenen Erwartunge­n an die EM in Dänemark

sie nicht. „Es bringt nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen.“Die vielen Schlagzeil­en vom Jahrhunder­ttalent gingen „nicht ganz ohne Spuren an mir vorbei, es wird schließlic­h in jedem Interview erwähnt, aber die höchsten Erwartunge­n habe ich selbst an mich.“

Bölk will vorangehen. „Ich möchte an die Leistungen der letzten WM anknüpfen und die Mannschaft auf dem Spielfeld mitreißen“, sagt die gebürtige Buxtehuder­in: „Bei aller Selbstkrit­ik weiß ich, dass ich am besten bin, wenn ich Spaß am Handball habe. Und den habe ich mit den Mädels hier auf jeden Fall.“

Zusätzlich­e Kraft schöpft Bölk aus ihren Erfahrunge­n der letzten Monate. Dass inzwischen insgesamt fünf DHB-Spielerinn­en ihr Geld bei Top-Klubs im Ausland verdienen, könnte dem Team das entscheide­nde Quäntchen auf dem Weg zur erhofften Medaille bringen. „Wir haben den Schritt aus der Komfortzon­e gemacht“, sagt Bölk: „Das gibt neuen Input für die Nationalma­nnschaft und bringt uns als Team weiter.“Wie weit, das wird die EM zeigen.

 ?? FOTO: WOLF/DPA ?? Wenn Emily Bölk (Mitte) zum Wurf ansetzt, haben die Gegnerinne­n wie hier aus Südkorea bei der WM 2019 meistens das Nachsehen. Auf der 22-Jährigen ruhen die deutschen Hoffnungen bei der EM, die morgen beginnen soll.
FOTO: WOLF/DPA Wenn Emily Bölk (Mitte) zum Wurf ansetzt, haben die Gegnerinne­n wie hier aus Südkorea bei der WM 2019 meistens das Nachsehen. Auf der 22-Jährigen ruhen die deutschen Hoffnungen bei der EM, die morgen beginnen soll.

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