Bölk und Co. wollen endlich mal liefern
Handball-Nationalspielerin hofft auf EM-Medaille. Erstes deutsches Spiel wegen Coronafall bei Rumänien auf der Kippe.
(sid) Auf die Tipps und Tricks von Weltmeister-Mama Andrea muss Emily Bölk diesmal verzichten. „Mein Fanclub sitzt diesmal in Buxtehude vor dem Fernseher“, sagt Deutschlands bekannteste Handballerin. Das Pandemie-bedingte Fehlen ihrer prominenten Mutter, die 1993 beim letzten WM-Titel für die deutschen Frauen mit auf der Platte stand, kann Bölk verschmerzen, mit ihrem Team muss die Rückraumspielerin bei der bevorstehenden EM viel größere Corona-Turbulenzen umschiffen.
Als Bölk und Co. am Dienstag zum Start ihrer Medaillen-Mission in den Charterflieger nach Dänemark kletterten, war Bundestrainer Henk Groener nicht an Bord. Der Niederländer verpasste aufgrund einer Corona-Infektion die zehntägige Turniervorbereitung, auch sein Mitwirken beim Turnier-Auftakt am Donnerstag (18 Uhr) gegen Rumänien ist gefährdet. Bis Groener nachreist, werden Co-Trainer Alexander Koke und André Fuhr die Mannschaft betreuen. Das erste Spiel steht sowieso auf der Kippe, weil am Dienstag bei der Rumänin Laura Moisa eine Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen wurde. Ob die Partie planmäßig stattfinden wird, war zum Redaktionsschluss offen.
Bölk nimmt die Umstände aber gelassen. Auch die Tatsache, dass ihr Team coronabedingt kein einziges Testspiel bestreiten durfte, ficht sie nicht an. „Wir freuen uns riesig, dass die EM überhaupt stattfinden kann“, sagt die 22-Jährige. Man versuche, die besonderen Bedingungen auszublenden und sich nun „voll auf das Sportliche zu konzentrieren“.
Bölk weiß, wovon sie spricht. 40 Tage konnte sie im Spätsommer infolge einer eigenen Corona-Infektion kein Spiel bestreiten, doch jetzt ist sie wieder voll auf der Höhe. Gestärkt von ihren Erfahrungen beim ungarischen Top-Klub Ferencváros Budapest, will sie mit dem Nationalteam ab dem ersten Gruppenspiel an diesem Donnerstag gegen Rumänien voll angreifen.
Die Ansprüche sind hoch. „Bei drei der letzten vier Großturniere sind wir mit einem Tor am Halbfinale vorbeigeschlittert. Das reicht uns langsam, das kann ich für die gesamte Mannschaft sagen“, sagte Bölk: „Es ist wirklich an der Zeit, dass wir diese Hürde jetzt nehmen und den Schritt ins Halbfinale schaffen.“
Bölk macht Druck. Wenn Deutschlands zweimalige Handballerin des Jahres spricht, spürt man, dass sie der Handballwelt in ihrem bereits fünften Großturnier mit der DHB-Auswahl etwas beweisen will. Das Selbstbewusstsein ist spätestens seit ihrem Wechsel im Sommer nach Ungarn ein anderes, das Selbstverständnis ist es auch. „Meine Rolle hat sich verändert. Das nehme ich wahr und auch an“, sagt Bölk. Druck sei da, aber das interessiere
„Es ist wirklich an der Zeit, dass wir diese Hürde jetzt nehmen und den Schritt ins Halbfinale schaffen.“Handball-Nationalspielerin Emily Bölk über die eigenen Erwartungen an die EM in Dänemark
sie nicht. „Es bringt nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen.“Die vielen Schlagzeilen vom Jahrhunderttalent gingen „nicht ganz ohne Spuren an mir vorbei, es wird schließlich in jedem Interview erwähnt, aber die höchsten Erwartungen habe ich selbst an mich.“
Bölk will vorangehen. „Ich möchte an die Leistungen der letzten WM anknüpfen und die Mannschaft auf dem Spielfeld mitreißen“, sagt die gebürtige Buxtehuderin: „Bei aller Selbstkritik weiß ich, dass ich am besten bin, wenn ich Spaß am Handball habe. Und den habe ich mit den Mädels hier auf jeden Fall.“
Zusätzliche Kraft schöpft Bölk aus ihren Erfahrungen der letzten Monate. Dass inzwischen insgesamt fünf DHB-Spielerinnen ihr Geld bei Top-Klubs im Ausland verdienen, könnte dem Team das entscheidende Quäntchen auf dem Weg zur erhofften Medaille bringen. „Wir haben den Schritt aus der Komfortzone gemacht“, sagt Bölk: „Das gibt neuen Input für die Nationalmannschaft und bringt uns als Team weiter.“Wie weit, das wird die EM zeigen.