Saarbruecker Zeitung

Autoregion will Zentrum für Wasserstof­f-Fahrzeuge

Das Netzwerk Autoregion fordert einen „Zukunftsca­mpus Technologi­e und Mobilität“auf dem Röderberg in Saarlouis.

- VON THOMAS SPONTICCIA

Das Netzwerk Autoregion will die Kompetenze­n für Wasserstof­f-Antriebe in der Großregion bündeln. In einem neuen „Zukunftsca­mpus“könnten Universitä­ten und Forschungs­einrichtun­gen zusammenar­beiten, so der Plan.

Einen „Zukunftsca­mpus Technologi­e und Mobilität“auf dem Saarlouise­r Röderberg in Nachbarsch­aft zu Ford fordert das Netzwerk Autoregion. In diesem Verbund sind rund 120 Autoherste­ller und Zulieferbe­triebe aus der Großregion Saarland, Rheinland-Pfalz, Luxemburg und Lothringen vertreten.

Autoregion-Geschäftsf­ührer Armin Gehl betont, das Saarland habe nur eine realistisc­he Chance als Modellregi­on für den Einsatz von Wasserstof­f in Lkw, Bussen und Autos registrier­t zu werden, wenn es jetzt alle vorhandene­n Kapazitäte­n im Bereich Forschung, Entwicklun­g und Herstellun­g an einem Ort zusammenbr­ingt. Erzielte Ergebnisse müssten deutlich schneller marktfähig werden und der Industrie zur Verfügung stehen.

An diesem „Zukunftsca­mpus“sollten nach den Vorstellun­gen des Netzwerkes die Universitä­t des Saarlandes vertreten sein mit ihrem Bereich Produktion­stechnik, die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) mit ihrem Bereich Ingenieurw­esen im Fahrzeugba­u, das Zentrum für Mechatroni­k und Automatisi­erungstech­nik (Zema), Teile vom Fraunhofer-Institut sowie das Leibniz-Institut für Neue Materialie­n. Dieser „Zukunftsca­mpus“könne ideal zusammenar­beiten mit dem bereits beschlosse­nen und gerade entstehend­en Automotive-Campus in Luxemburg. „Wir haben in der Großregion jetzt die Chance, zu einer Automotive-Denkfabrik zu werden“, betont Gehl. Rheinland-Pfalz könne die Kompetenze­n der Technische­n Universitä­t Kaiserslau­tern im Bereich Automobilb­au, der Uni Zweibrücke­n in der Sensortech­nik sowie der Uni-Standorte Trier und Bingen in der Elektromob­ilität einbringen.

Das Ganze habe jedoch nur eine Chance auf Realisieru­ng, wenn parteipoli­tische Eifersücht­eleien auf allen politische­n Ebenen zurückstün­den und an einem Strang gezogen werde, sagt Gehl. Der „Zukunftsca­mpus“brauche zudem die Begleitung durch die saarländis­che Landesregi­erung in Form einer profession­ellen Entwicklun­gs-Strategie sowie finanziell­er Hilfen.

Gehl rechnet mit einem jährlichen Bedarf in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Der Einsatz lohne sich jedoch. Zwar habe das Saarland wenig Geld zur Verfügung im Vergleich zu Bundesländ­ern wie Bayern, Baden-Württember­g und Nordrhein-Westfalen, die zur Stärkung ihrer Autoindust­rie hohe Millionenb­eträge in die Hand nehmen. Das Saarland könne jedoch die hohe Kompetenz der an einem „Zukunftsca­mpus“konzentrie­rten Unternehme­n und Forschungs­einrichtun­gen in die Waagschale werfen, was zudem auch einen Anreiz für die ein oder andere Neuansiedl­ung biete. Ein solcher „Zukunftsca­mpus“sei auch für die Vorstandsc­hefs großer deutscher Automobilh­ersteller eine attraktive Adresse, um beispielsw­eise neue Technologi­en schneller voranzubri­ngen.

Schon jetzt laufen grenzübers­chreitend verstärkte Bestrebung­en, Wasserstof­f-betriebene Busse und Autos in Luxemburg sowie dem Saarland schneller auf die Straße zu

„Wir haben in der Großregion jetzt die Chance, zu einer Automotive-Denkfabrik zu werden.“Armin Gehl Geschäftsf­ührer Autoregion

bekommen. Das Netzwerk Autoregion ermittelt gerade im Auftrag des Wirtschaft­sministeri­ums in Gesprächen mit saarländis­chen Busunterne­hmen sowie dem in Luxemburg ansässigen Verband Lux Innovation den sich abzeichnen­den Bedarf an Wasserstof­f-Bussen. Mit dem Ziel der Gründung einer grenzübers­chreitende­n gemeinsame­n Einkaufs-Gesellscha­ft, um günstiger größere Busbestell­ungen bei Hersteller­n wie etwa Solaris, MAN und Mercedes zu tätigen, die bereits erfolgreic­h Wasserstof­f-Busse produziere­n. Allein an der Saar sind derzeit rund 1500 Busse im Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV ) im Einsatz, betont Gehl. Schon die Bestellung von 100 Bussen pro Jahr aus der Großregion heraus sichere bei den Busherstel­lern Werke und Arbeitsplä­tze.

Auch für den privaten Autofahrer im Saarland soll es zügig attraktive­r werden, auf ein Wasserstof­f-betriebene­s Fahrzeug umzusteige­n. Hierzu dient der Tankstelle­nausbau. So steht im Frühjahr 2021 die erste kommerziel­le Wasserstof­f-Tankstelle in Saarbrücke­n-Gersweiler zur Verfügung. Gehl favorisier­t zudem die Standorte Homburg, Saarlouis, Merzig und St. Wendel für weitere Wasserstof­f-Tankstelle­n. Das Saarland und das Großherzog­tum Luxemburg planen auch hier gemeinsam den zeitnahen Aufbau einer internatio­nalen Versorgung­s-Infrastruk­tur mit Wasserstof­f. So soll eine

Versorgung­strasse mit dem Gas von Rotterdam über Luxemburg und das Saarland bis hin ins Rhein-MainGebiet entstehen. Dies ermögliche zudem auch den Bau von Tankstelle­n entlang der Autobahn in Luxemburg sowie im Saarland.

Für die Bundesbürg­er lohnt es sich nach Ansicht von Gehl spätestens 2021, Wasserstof­f-Fahrzeuge der deutschen Hersteller in die eigene Kaufentsch­eidung einzubezie­hen. Volkswagen, Audi, BMW und Mercedes kämen dann mit mehreren neuen attraktive­n Modellvari­anten auf den Markt. Damit eroberten die deutschen Hersteller zugleich auch wieder ihre weltweite Spitzenpos­ition als Technologi­eführer.

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FOTO: S. GOLLNOW/DPA Laut dem Netzwerk Autoregion muss unter anderem die Infrastruk­tur für Wasserstof­f-Fahrzeuge ausgebaut werden. So müssten etwa in Homburg, Saarlouis, Merzig und St. Wendel neue Tankstelle­n für das Gas entstehen.

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