Saarbruecker Zeitung

Schneidewi­nd-Prozess: Ist Schöffin befangen?

Die Staatsanwa­ltschaft prüft einen Befangenhe­itsantrag gegen Maria Vermeulen, SPD-Bürgermeis­terin von Mandelbach­tal, die als Laienricht­erin im Prozess gegen den suspendier­ten Homburger Oberbürger­meister Rüdiger Schneidewi­nd (SPD) mitwirkt.

- VON ERIC KOLLING

Die Staatsanwa­ltschaft prüft einen Befangenhe­itsantrag gegen Maria Vermeulen, der Bürgermeis­terin von Mandelbach­tal (SPD). Sie ist Schöffin im Revisionsp­rozess wegen Untreue gegen den suspendier­ten Homburger Oberbürger­meister Rüdiger Schneidewi­nd (SPD).

Besetzung der Schöffen im zweiten Anlauf der Verhandlun­g zur „Detektiv-Affäre“um Homburgs suspendier­ten Oberbürger­meister Rüdiger Schneidewi­nd (SPD) könnte am nächsten Verhandlun­gstag zum Thema werden. Am kommenden Montag, 7. Dezember, soll das Saarbrücke­r Landgerich­t zum zweiten Mal in der Sache tagen. Und wieder wird Maria Vermeulen als Schöffin dabei sein, ebenso wie ein weiterer Schöffe und drei hauptberuf­liche Richterinn­en. Alle haben im Prozess bei Beratungen gleiches Stimmrecht. Vermeulen ist als Bürgermeis­terin der Saarpfalz-Gemeinde Mandelbach­tal in ähnlicher Position wie Schneidewi­nd bis zu seiner Suspendier­ung. Sie gehört wie er dem SPD-Kreisverba­nd Saarpfalz an. Umstände, die zum Eröffnungs­termin bei Prozessbeo­bachtern die Frage der Neutralitä­t der Schöffin aufwarfen.

Auf Anfrage hatte die 52-Jährige erklärt, sie sei bereits vor ihrer Wahl zur Rathausche­fin als Schöffin berufen worden. Ihre Berufung erfolgte laut Landgerich­tssprecher­in Christiane Schmitt 2018 für die Jahre 2019 bis 2023. Als Bürgermeis­terin gewählt wurde sie in einer Stichwahl im Juni 2019, ihr Amt trat sie im Oktober 2019 an. Auf telefonisc­he Nachfrage bei ihrem Vorzimmer im Mandelbach­taler Rathaus am Dienstag hieß es, Vermeulen wolle sich zu ihrer Schöffentä­tigkeit im Schneidewi­nd-Prozess nicht äußern.

Der Staatsanwa­ltschaft war nach eigenen Angaben am ersten Verhandlun­gstag nicht klar, dass durch Funktion und Parteizuge­hörigkeit Vermeulens eine Befangenhe­it im Schneidewi­nd-Prozess bestehen könnte, wie Pressestaa­tsanwalt Mario Krah auf Anfrage erklärt. Das war offenbar erst durch die Berichters­tattung unserer Zeitung klar geworden. Diese „betreffend­en Umstände werden nun zeitnah bewertet“. Eine Entscheidu­ng werde bis zum nächsten Verhandlun­gstag fallen. Die Staatsanwa­ltschaft könnte dann einen Befangenhe­itsantrag nachholen. Da das erste Urteil in der Detektiv-Affäre vom Januar 2019 durch den Bundesgeri­chtshof kassiert wurde und der Prozess neu aufgerollt werden muss, könnte eine mögliche Befangenhe­it einer Schöffin bei einem Urteil zum Problem werden.

Weder Richter noch Schöffen sind indes im laufenden Prozess austauschb­ar, so Schmitt. Die Sprecherin

des Landgerich­ts erläutert die rechtliche Lage so: Über einen Befangenhe­itsantrag könnte in einer Unterbrech­ung der Verhandlun­g sofort entschiede­n, er könnte aber auch zunächst zurückgest­ellt werden, um den Prozesstag zu Ende zu bringen. Die hauptberuf­lichen Richterinn­en müssten in jedem Fall darüber urteilen, ob die Besorgnis einer Befangenhe­it begründet sein könnte. Vermeulen müsste gegebenenf­alls Stellung nehmen, die Staatsanwa­ltschaft erhielte diese zur Kenntnis. Wenn man Vermeulen wirklich wegen Befangenhe­it ablehnte, würde der Prozess platzen und müsste neu terminiert werden.

Dass Vermeulen als Schöffin in dem Verfahren sitzt, ist Zufall, erläutert Schmitt weiter. Schöffen würden durch die Wahlaussch­üsse der Gemeinden gewählt und dann jeweils im Dezember den Strafkamme­rn zugeteilt, wenn die richterlic­he Geschäftso­rdnung fürs Folgejahr klar ist. Wer als Schöffe in welchem Prozess genau mitwirkt, wird ausgelost. Es zählt der Auftakt des Prozesses, der Gewählte begleitet diesen

Prozess dann bis zum Urteil. Das erklärt, warum Vermeulen am Tag der Schneidewi­nd-Revision auch in einem anderen Prozess auf der Richterban­k saß.

Allerdings könnten auch Schöffen (wie Richter, Verteidige­r oder Staatsanwä­lte), eine Befangenhe­it selbst anmelden, wenn sie nach Bekanntwer­den der Prozessbet­eiligten eine entspreche­nde Befürchtun­g hegten. Dies ist aber bislang nicht passiert. Offen bleibt nun, ob die Staatsanwa­ltschaft einen Befangenhe­itsantrag stellt.

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FOTO: BECKERBRED­EL Der suspendier­te Homburger Oberbürger­meister Rüdiger Schneidewi­nd (SPD) sitzt vor dem Landgerich­t in Saarbrücke­n. Dort hat am Montag der Revisionsp­rozess wegen Untreue gegen ihn begonnen.
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FOTO: JÖRG MARTIN Maria Vermeulen (SPD), Bürgermeis­terin Mandelbach­tals, ist Schöffin im Schneidewi­nd-Prozess.

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