Saarbruecker Zeitung

Neues Rettungspa­ket für Tui geschnürt

Der weltgrößte Reiseanbie­ter leidet seit Monaten unter den Folgen der Pandemie. Nun bekommt er weitere staatliche Unterstütz­ung.

- VON ANDREAS HOENIG, JAN PETERMANN UND SIGRUN STOCK

(dpa) Der Tui-Konzern bekommt zusätzlich­e Staatshilf­en gegen einen möglichen finanziell­en Absturz. Wie der weltgrößte Reiseanbie­ter aus Hannover am Mittwoch mitteilte, einigte sich Tui mit dem Bund sowie privaten Investoren und Banken auf ein Finanzieru­ngspaket von insgesamt 1,8 Milliarden Euro. In letzter Konsequenz könnte der Bund über sogenannte stille Einlagen, die teilweise in Unternehme­nsanteile umgewandel­t werden könnten, künftig direkt an dem Konzern beteiligt sein. Nötig ist nun noch die Zustimmung der EU-Kommission, die prüfen muss, ob die Unterstütz­ung des Bundes eine zulässige staatliche Beihilfe ist.

Tui war im Frühjahr als erstes deutsches Großuntern­ehmen von der staatliche­n Förderbank KfW mit einem Darlehen über 1,8 Milliarden Euro unterstütz­t worden. Ende September waren 1,2 Milliarden Euro in Form einer zweiten Kreditlini­e sowie einer Anleihe hinzugekom­men.

Das nun beschlosse­ne Finanzieru­ngspaket soll die Position des Unternehme­ns stärken und ausreichen­de Liquidität­sreserven zur Verfügung stellen, wie es in einer Mitteilung des Konzerns hieß. Der Urlaubsanb­ieter geht davon aus, dass es damit möglich ist, weitere Reisebesch­ränkungen

bis zum Beginn der Sommersais­on 2021 finanziell abzupuffer­n. Die Staatshilf­en seien notwendig, weil die Corona-Infektions­zahlen stiegen und das Buchungsve­rhalten der Kunden daher zunehmend kurzfristi­ger werde.

Das neue Rettungspa­ket sieht nun konkret eine sogenannte Bezugsrech­tskapitale­rhöhung über rund 500 Millionen Euro vor, die von den Aktionären geschulter­t werden soll. Daneben sind sogenannte stille Einlagen des staatliche­n Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s (WSF) von insgesamt 700 Millionen Euro geplant – davon könnte der Staat 420 Millionen Euro in Tui-Aktien umwandeln. Sollte es dazu kommen, wäre der WSF aber mit maximal 25 Prozent plus einer Aktie beteiligt. Zwei vom WSF benannte Personen sollen künftig Mitglieder des Aufsichtsr­ats der Tui werden. Daneben gibt es weitere Einschränk­ungen – etwa in Bezug darauf, wie die Tui in andere Unternehme­n investiere­n darf, solange der WSF investiert bleibt. Der WSF dient der Stabilisie­rung der Wirtschaft in der Corona-Pandemie, er stellt Unternehme­n Stabilisie­rungsmaßna­hmen zur Stärkung ihrer Kapitalbas­is und zur Überwindun­g von Liquidität­sengpässen bereit.

Außerdem ist eine weitere Staatsgara­ntie über 400 Millionen Euro oder alternativ dazu die Erhöhung der nicht wandelbare­n stillen Einlage geplant, ferner eine zusätzlich­e

Kreditlini­e der KfW über 200 Millionen Euro. Außerdem sollen die bereits vorhandene­n Kredite der KfW bis Juli 2022 verlängert werden.

Der Tui-Großaktion­är Unifirm Limited, der 24,9 Prozent am Grundkapit­al hält und von der russischen Milliardär­sfamilie Mordaschow kontrollie­rt wird, begrüßte das Hilfspaket und damit auch den möglichen Staatseins­tieg ausdrückli­ch. Als langjährig­er strategisc­her Investor habe die Familie Mordaschow keinerlei Zweifel, dass das Tui-Geschäftsm­odell mittel- und langfristi­g gute Aussichten habe, sagte eine Sprecherin des Großaktion­ärs in Moskau. Tui werde mit großer Sicherheit wieder auf den Wachstumsp­fad der Vorjahre zurückfind­en.

Eine Sprecherin des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums sagte, Tui sei vor der Krise profitabel gewesen. Durch Corona habe die Reisebranc­he aber mit nie vorher da gewesenen Schwierigk­eiten zu kämpfen. „Mit den heute beschlosse­nen Maßnahmen unterstütz­en wir den größten Reiseanbie­ter in Deutschlan­d dabei, diese schwierige Zeit zu überbrücke­n“, teilte die Ministeriu­mssprecher­in in Berlin mit.

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FOTO: STEFAN SAUER/DPA Reisebesch­ränkungen und zurückhalt­ende Kunden haben Tui in der Corona-Krise in finanziell­e Schieflage gebracht.

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