Wie sicher sind saarländische Innenstädte?
Im Advent sind die Fußgängerzonen besonders belebt. Nach der Amokfahrt in Trier stellt sich die Frage: Sind sie ausreichend geschützt?
Betonklötze, Stahlpoller, Blumenkübel: In der Adventszeit sind die Einfahrten zu den Fußgängerzonen vieler Städte besonders gesichert. Die zusätzlichen Barrieren sind das traurige Resultat einer ganzen Reihe von Amokfahrten in europäischen Städten in den vergangenen Jahren. Vielen besonders schmerzlich in Erinnerung ist der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vor vier Jahren geblieben, bei dem ein islamistischer Terrorist mit seinem LKW auf einen Weihnachtsmarkt raste und zwölf Menschen tötete. In Münster tötete ein Amokfahrer 2018 vier Menschen in der Innenstadt.
Am Dienstag traf es Trier: Ein stark alkoholisierter Mann raste dort mit einem SUV durch die Fußgängerzone und tötete fünf Menschen. Absperrungen gab es dort an den Zufahrten nicht. Der Grund: Wegen der Pandemie ist der Weihnachtsmarkt in Trier abgesagt worden. Und ohne Markt keine Absperrungen, erklärte der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) in einer Pressekonferenz am Dienstag. Wie sieht es in den saarländischen Innenstädten in puncto Sicherheit aus?
„Eine absolute Sicherheit wird es nicht geben“, sagt Stephan Laßotta vom Landespolizeipräsidium Saarland. Wer eine solche Tat wie die in Trier plane, suche nach Schwachstellen und die könne man nicht alle beseitigen. Auch weil man die
Zufahrten zu den Fußgängerzonen beispielsweise für den Lieferverkehr öffnen können müsse.
Das saarländische Innenministerium teilt mit, eine konkrete Gefährdungserhöhung ergebe sich in den saarländischen Fußgängerzonen durch die Tat am Dienstag nicht. In der Vorweihnachtszeit sei die Polizei des Saarlandes ohnehin verstärkt auch in den belebten Fußgängerzonen unterwegs, um Gefahren „wie sie sich gestern in schrecklicher Weise in Trier realisiert haben“abzuwehren, wie eine Sprecherin erklärt. Die Tat habe allerdings erneut deutlich gemacht, dass Täter mit vergleichsweise einfachen Mitteln schlimmes Leid anrichten können. Die Städte und Gemeinden hätten deshalb in der Vergangenheit insbesondere bei größeren Veranstaltungen im Innenstadtbereich zusätzliche städtebauliche Maßnahmen ergriffen. Diese baulichen Sicherungen seien eine Verbesserung, böten aber keinen hundertprozentigen Schutz.
In den nächsten Wochen müsse zunächst geklärt werden, wie und warum die Tat in Trier passieren konnte, sagt Neunkirchens Oberbürgermeister Jörg Aumann (SPD). „Ich halte es für vorschnell zu glauben, man könne diese Fragen bereits einen Tag nach diesem schrecklichen Ereignis reflexartig mit Spezialbetonklötzen
beantworten“, sagt Aumann gegenüber der SZ. In Neunkirchen trennten eine Schranke und Poller die Fußgängerzone vom Autoverkehr. Es handele sich aber nicht um Spezialbetonklötze, die Amokfahrer abhalten könnten, erklärt Aumann. Besondere Sicherungsmaßnahmen ergreife die Stadt nur, wenn – wie etwa beim Rosenmontagsumzug – große Menschenmengen zusammenkämen.
„Wir haben für die Weihnachtszeit in Abstimmung mit der Polizei ein umfangreiches Sicherheitskonzept entwickelt und umgesetzt“, erklärt Stadtpressesprecher Thomas Blug. In Saarbrücken seien die Hauptzufahrten zur Fußgängerzone sowie die angrenzenden Seitenstraßen mit rund 80 Betonabsperrungen abgesichert worden. Stahlpoller werden laut Blug personell bewacht. Die Lade- und Lieferzeiten seien überdies angepasst worden. Derzeit sei die Fußgängerzone nur noch bis elf Uhr statt bis zwölf Uhr für Anlieferer befahrbar, weil die weihnachtlichen Verkaufsstände dann geöffnet werden.
Die St. Wendeler Fußgängerzone ist laut Stadtpressesprecher Volker Schmidt in vielen Bereichen mit Poller-Anlagen abgegrenzt. Da aber die Anwohner ein Recht darauf hätten, ihr Grundstück zumindest zeitweise auch mit dem Auto zu erreichen, sei sie nicht „hermetisch abgeriegelt“, so Schmidt. Die Fußgängerzone müsse für Rettungsund Einsatzfahrzeuge immer schnell zu passieren sein. Bei größeren Veranstaltungen ergreife die Stadt seit einigen Jahren zusätzliche Maßnahmen gegen „Anschläge aus dem Verkehrsraum“, erklärt Schmidt. Zu den Pollern kämen dann noch Sperrfahrzeuge hinzu.
Ähnlich sieht das in Merzig aus, wo die Fußgängerzone laut Stadtpressesprecher Stephan Fandel ebenfalls durch Polleranlagen abgegrenzt ist und bei Freiluftveranstaltungen zusätzlich gesichert werde. In den Morgenstunden sei die Fußgängerzone für die Lieferanten der Geschäfte geöffnet. Zum Schutz der Bürger und um das Sicherheitsempfinden zu erhöhen, sei in den vergangenen Jahren der Kommunale Ordnungsdienst deutlich verstärkt worden und in der Innenstadt präsenter. Keine Stadt könne im öffentlichen Raum absolute Sicherheit gewährleisten.
Bis zum Redaktionsschluss haben die Städte Homburg, Dillingen und Saarlouis zur Frage, wie die Fußgängerzonen dort gesichert sind, nicht Stellung genommen. Ein Sprecher der Stadt St. Ingbert teilte mit, zu etwaigen Vorkehrungen und Schwachstellen in der Fußgängerzone keine Angaben machen zu wollen, weil man nach den Ereignissen in Trier Nachahmungstäter fürchte.
„Eine absolute Sicherheit wird es nicht geben.“Stephan Laßotta Sprecher des Landespolizeipräsidiums Saarland