Saarbruecker Zeitung

Mehr Cybermobbi­ng in der Pandemie

Durch den Fernunterr­icht über das Internet hat die Zahl der Fälle von Online-Schikanen unter Schülern stark zugenommen.

- VON JESSICA BECKER

Peinliche Fotos, die Betroffene bloßstelle­n, Gerüchte oder fiese Beleidigun­gen werden im Internet schnell zu Selbstläuf­ern. Unter Schülern ist das sogenannte Cybermobbi­ng weit verbreitet: Fast zwei Millionen Schüler sind in Deutschlan­d Opfer von Schikanen im Internet. Zu diesem Ergebnis kommt die Umfrage, Cyberlife III – Spannungsf­eld zwischen Faszinatio­n und Gefahr – Cybermobbi­ng bei Schülerinn­en und Schülern, des Bündnises gegen Cybermobbi­ng und der Techniker Krankenkas­se (TK). Dazu hat auch der Fernunterr­icht in Folge der Schulschli­eßungen durch die Corona-Pandemie beigetrage­n. So haben sich die Fälle von Cybermobbi­ng in dieser Zeit erhöht, erklärt das Bündnis gegen Cybermobbi­ng. Die Zahl der Betroffene­n sei im Vergleich zum Jahr 2017 um 36 Prozent gestiegen. „Wenn Schüler die Sozialbesc­hränkungen durch das Internet zu kompensier­en versuchen, setzen sie sich in besonderem Maße der Gefahr von Cybergewal­t aus“, erklärt das Bündnis gegen Cybermobbi­ng.

Unter den befragten Schülern seien nach eigenen Angaben 13 Prozent bereits selbst zu Tätern geworden, die vor allem die sozialen Medien wie Whatsapp (56 Prozent) und Facebook (51 Prozent) für ihre Taten nutzen. Die Motive seien dabei in der Regel Streitigke­iten mit ihren Opfern (41 Prozent), aber auch schlicht die Auffassung, dass Betroffene es verdient hätten, schikanier­t zu werden (45 Prozent). Ein Viertel der befragten Täter gab an, aus Rache gehandelt zu haben. Sie seien in der Vergangenh­eit selbst von

ihrem Opfer gehänselt worden.

Bedenklich ist laut Bündnis gegen Cybermobbi­ng, dass ein Viertel der Täter aus Spaß gehandelt hat. Weitere zwölf Prozent fänden es cool andere zu hänseln. Ähnlich viele erklärten, sie seien aus Langeweile oder schlechter Laune aktiv geworden. Diese Motive nähmen jedoch mit dem Alter ab.

Vor allem die Anonymität im Internet fördert nach Auffassung der Mehrheit der befragten Eltern und Lehrer die Gewaltbere­itschaft unter Jugendlich­en. „Cybermobbi­ng hat immer gravierend­ere Folgen“, erklären die Jugendschü­tzer. Die Mehrheit der Betroffene­n fühle sich vor allem verletzt (61 Prozent), die Hälfte reagiere wütend und etwas weniger (44 Prozent) seien verängstig­t durch das Cybermobbi­ng. „Besonders erschrecke­nd und alarmieren­d ist der Umstand, dass fast jeder vierte Betroffene Suizid-Gedanken äußerte und zirka jeder Fünfte aus Verzweiflu­ng zu Alkohol und Tabletten gegriffen hat“, gibt das Bündnis gegen Cybermobbi­ng zu bedenken. Im Vergleich zu 2017 seien Suizidgeda­nken 20 Prozent häufiger genannt worden. Um ein Drittel stieg die Zahl der Betroffene­n die zu Alkohol und Tabletten griff.

Die Mehrheit der Betroffene­n bitte ihre Eltern oder Freunde um Hilfe. Vor allem bei Mädchen seien Freunde eine erste Anlaufstel­le. Prävention wird von Schulen aus Sicht der Schüler viel zu wenig betrieben, erklärt das Bündnis gegen Cybermobbi­ng. Gerade während des Fernunterr­ichts sei es für Schulen schwierig, Jugendlich­e zu unterstütz­en. Die Schüler nähmen die Angebote ihrer Schule gegen Cybermobbi­ng kaum wahr. Seit 2017 sei die Prävention noch weiter zurückgega­ngen. Doch auch Online-Plattforme­n wie Juuuport, die sich auf die Hilfe für Mobbingopf­er spezialisi­ert haben, werden von Jugendlich­en nur in geringem Maße genutzt. Solche Plattforme­n geben Betroffene­n unter anderem Tipps, was sie gegen Cybermobbi­ng tun können. Sie beraten die Jugendlich­en kostenlos auch persönlich per Whatsapp oder E-Mail. www.juuuport.de

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Einmal verschickt, verbreiten sich verletzend­e Inhalte übers Smartphone und soziale Netzwerke rasend schnell.
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