Saarbruecker Zeitung

Fortsetzun­g folgt … hoffentlic­h nicht

Wer gerne schneidert, der sollte sich an Hosen und Hemden versuchen. Aber bitte nicht an fremden Nervenkost­ümen in Warteschla­ngen.

- Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann Jörg Laskowski

Wer, ganz aufs Hier und Jetzt fokussiert, in sich selbst ruht, der mag sich womöglich im buddhistis­chen Sinne der Vollkommen­heit nähern, kann aber nichts desto trotz seinen Mitmensche­n auf den Keks gehen. Vor ein paar Tagen schrieb Kollege ols an dieser Stelle darüber, wie ein entscheidu­ngsunfreud­iger Mann lange eine kleine Bäckerei blockierte. Dass man beim Einkaufen ein Loch ins Nervenkost­üm seiner Mitmensche­n schnippelt, geht aber auch anders: Eigentlich sollte es nur ein schneller Mittagspau­sen-Einkauf in einem großen Einkaufsma­rkt werden, doch an der Kasse gab's

Rückstau. Weil der Mann, der gerade an der Reihe war, die Waren nicht etwa zügig vom Band in den Einkaufswa­gen legte, sondern in aller Seelenruhe die im Wagen befindlich­en Einkaufsta­schen packte, und das offenbar nach einem erbauliche­n Ordnungssy­stem und tetrismäßi­g-platzspare­nd gestapelt. Dann wurde gemächlich die Brieftasch­e gezückt … Das Augenverdr­ehen der Frau an der Kasse entging ihm ebenso wie die Stoßseufze­r der anderen Wartenden – oder beides interessie­rte ihn schlicht nicht. Womöglich ruhte der gute Mann aber auch schon im Shopping-Nirvana.

Doch wenn man's mal durchdenkt: Sich selbst derart in den Mittelpunk­t zu stellen, dass einem rundrum alles andere egal ist, das muss ja eigentlich ein tolles Lebensgefü­hl sein. Und eine gute Voraussetz­ung, um US-Präsident zu werden … ach nein, Moment, Letzteres stimmt jetzt ja gar nicht mehr. Jedenfalls wünsche ich mir sowohl bei den US-Präsidente­n als auch beim Einkaufen keine weiteren Fortsetzun­gen solcher Geschichte­n. – Zumindest beim Einkaufen wird's aber wohl beim frommen Wunsch bleiben.

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