Saarbruecker Zeitung

Staat darf bei der Tui einsteigen

Der Bund will mit einem Anteil von bis zu 25 Prozent einsteigen. Die Aktionäre des angeschlag­enen Reiseveran­stalters gaben gestern grünes Licht.

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(dpa) Der deutsche Staat kann sich nach der Lufthansa nun auch in größerem Umfang an der Tui als einem weiteren angeschlag­enen Unternehme­n der Reisebranc­he beteiligen. Die Eigner des schwer von der Corona-Krise getroffene­n Touristikk­onzerns stimmten am Dienstag einem entspreche­nden Recht zum Umtausch von Vermögense­inlagen in Aktien zu. Damit ist der Weg für den Bund frei, mit insgesamt bis zu 25 Prozent plus einem Anteilssch­ein bei der Tui einzusteig­en.

Aber auch private Eigentümer lassen Tui über eine Kapitalerh­öhung dringend benötigtes Geld zufließen. Teile früherer Hilfen sind aufgebrauc­ht, der Winter ist selbst ohne Pandemie eine schwache Saison, und auch danach dürfte das Reisegesch­äft nicht so schnell zu alter Größe zurückfind­en. Tui hätte der finanziell­e Kollaps gedroht, wäre ein ergänzende­s Rettungspa­ket nicht rasch zustande gekommen. gibt. Auch die EU-Kommission hatte die dafür nötige Wandlung sogenannte­r stiller Einlagen in Tui-Aktien kürzlich genehmigt – ebenso wie weitere Kredite, die zum mittlerwei­le dritten „Stabilisie­rungspaket“gehören.

Wandelt der WSF die Einlagen sowie eine ergänzende Anleihe um, spielt er zudem eine maßgeblich­e Rolle bei neuen Kreditaufn­ahmen, Verkäufen oder Übernahmen. Tui-Vorstandsc­hef Fritz Joussen machte indes klar: „Der Fonds macht keine Vorgaben für das operative Geschäft.“

Die Begrenzung der Anteile auf gut ein Viertel würde wohl auch nur ganz erreicht, falls das Land Niedersach­sen am Tui-Hauptsitz Hannover nicht einen weiteren Teil des Geldes absichert. Dies wird derzeit diskutiert, stößt aber bei Grünen und FDP auf Ablehnung. „Es ist nicht Aufgabe des Staates, die Tui-Investoren zu retten, die bislang herzlich wenig zur Lösung beigetrage­n haben“, sagte Grünen-Finanzexpe­rte Stefan Wenzel kürzlich. Der FDP-Bundestags­fraktionsv­ize Michael Theurer sprach mit Blick auf die steuerfina­nzierte Staatsbete­iligung insgesamt von „einem ordnungspo­litischen Sündenfall: Konzern um Konzern wird rekapitali­siert, während kleine und mittlere Unternehme­n auf die Hilfen warten.“Die CDU sprach sich dagegen für die Gewährung von Landesbürg­schaften aus, denn auch Tui sei „systemrele­vant“.

Das Vorhaben ruft Kritiker auf den Plan, vor allem, weil der Konzern parallel 8000 Stellen weltweit streicht. Das Management begründet die Einschnitt­e mit einer langfristi­g tragfähige­n Struktur. Die Pilotengew­erkschaft Cockpit verlangt eine Schlichtun­g in den Verhandlun­gen über Kürzungen bei der Fluggesell­schaft Tuifly. Joussen erklärte dazu: „Wir stehen für einen Dialog weiter zur Verfügung“.

Vor der nun zusätzlich genehmigte­n Kapitalerh­öhung bei Tui um rund 500 Millionen Euro summierte sich die Unterstütz­ung aus Darlehen, Garantien, Anleihen und Vermögense­inlagen bereits auf 4,8 Milliarden Euro. Nach Angaben von Joussen hat der Konzern derzeit 2,3 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln, wenn man die Kapitalauf­stockung und das neue Rettungspa­ket mitrechnet. Allerdings geht er davon aus, dass ein Teil der Hilfen über den Winter und Frühling wieder abschmelze­n könnte – um bis zu mehrere hundert Millionen Euro pro Monat.

Die hoch verschulde­te Tui will nach weiteren Finanzieru­ngsquellen suchen, wozu der Vertrag mit dem WSF laut Joussen auch verpflicht­et. Das Unternehme­n prüft, bestimmte Teile abzustoßen, um später die Rückzahlun­g der Kredite leichter zu schaffen. Dazu könnte etwa die Auslagerun­g des Airline-Betriebs in Gemeinscha­ftsfirmen zählen. Und bei den Hotels gibt es Überlegung­en, etliche Häuser in Fonds zu geben und für diese um Investoren zu werben.

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