Kontaktverbote werden verschärft, Schulen bleiben vorerst geschlossen
Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, den Corona-Lockdown bis Ende Januar zu verlängern. Private Treffen werden weiter eingeschränkt.
(SZ/dpa) Da die Zahl der Corona-Infektionen nicht deutlich sinkt, müssen sich die Menschen in Deutschland für die kommenden drei Wochen auf weitere Beschränkungen einstellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder einigten sich am Dienstag in einer Online-Konferenz auf eine Verlängerung der ursprünglich bis zum 10. Januar vereinbarten Lockdown-Regeln bis zum Monatsende sowie auf noch strengere Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich.
Außerdem sollen die Länder für Kreise, in denen sich binnen sieben Tagen mehr als 200 Menschen pro 100 000 Einwohner neu infiziert haben, den Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzen. Wer in einem solchen Corona-Hotspot lebt und sich weiter von seinem Zuhause entfernen will, müsste dafür dann einen triftigen Grund vorbringen, etwa die Fahrt zum Arbeitsplatz. Aktuell weisen laut Robert-Koch-Institut bundesweit 68 Kreise einen entsprechend hohen Inzidenzwert auf.
„Um eine dritte Welle zu verhindern, müssen wir bis mindestens
Ende Januar an einem harten Lockdown festhalten“, sagte Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) nach der Bund-Länder-Konferenz. „Alles andere als eine Verlängerung wäre grob fahrlässig. Wir müssen einen Sieben-Tage-Inzidenz-Wert für Neuinfektionen von deutlich unter 50 erreichen.“So würden die Schulen im Saarland „definitiv im Januar nicht mehr zum Präsenzunterricht zurückkehren“, sagte der Ministerpräsident. „Im Rahmen der nächsten Konferenz soll über einen Stufenplan zur sukzessiven Öffnung der Schulen beraten werden.“
Bei den Bund-Länder-Gesprächen waren sich laut Hans „alle Beteiligten einig, dass wir über die aktuellen Kontaktbeschränkungen noch hinausgehen müssen. Konkret heißt das: Private Zusammenkünfte werden nur im Kreis der Angehörigen des eigenen Haushaltes sowie mit einer zusätzlichen Person gestattet sein.“
Um die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen gleichzeitig vor Covid-19 und vor Vereinsamung zu schützen, wollen Bund und Länder dabei helfen, genügend Freiwillige in diese Einrichtungen zu entsenden, um Personal und Besucher auf das Coronavirus zu testen. Wenn Eltern wegen der Schließung von Schule und Kita nicht zur Arbeit gehen können, soll zehn Tage zusätzlich Kinderkrankengeld gezahlt werden. Verschärft werden sollen die Bestimmungen für Einreisende aus Risikogebieten. Hier soll grundsätzlich bereits direkt zur Einreise ein Corona-Test gemacht werden.
Beim Thema Impfungen betonte Hans, dass das Saarland überdurchschnittlich gut vorangekommen ist. „Trotz einiger Startschwierigkeiten liegen wir mit einer Impfquote von 4,9 pro 1000 Einwohner über dem Bundesdurchschnitt mit 3,8.“
„Das ist für die Menschen und die Wirtschaft zwar hart, aber im Hinblick auf die nach wie vor viel zu hohen Infektionszahlen leider unvermeidbar.“Gerd Landsberg Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
Eine Verlängerung des bestehenden Lockdowns war erwartet worden – nun gibt es ihn in einer verschärften Variante:
Die Kontakte müssen noch stärker begrenzt werden als bisher. Dies ist ein zentraler Beschluss des Corona-Gipfels von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten.
(SZ/gö) Bund und Länder haben sich zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie auf weitere Kontakt-Einschränkungen und eine Verlängerung des Lockdowns verständigt. Alles andere als eine Verlängerung des Lockdown wäre grob fahrlässig, betonte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) nach der Videokonferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin. „Wir müssen einen Sieben-Tage-Inzidenzwert für Neuinfektionen von deutlich unter 50 erreichen.“
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund begrüßte den Beschluss am Abend. „Ohne die Kontakt- und Aktivitätsbeschränkungen der vergangenen Wochen wäre unser Gesundheitswesen kollabiert. Man muss sich nur die Bettenbelegung auf den Intensivstationen anschauen, um das Ausmaß der Belastung zu erfassen, das inzwischen erreicht ist“, sagte die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, unserer Redaktion.
Ärzte und Pflegende hätten in den vergangenen zwölf Tagen knapp 8000 schwerkranke Covid-19-Patienten in den Kliniken behandelt und dazu noch 15 000 weitere Intensivpatienten mit anderen Erkrankungen, betonte die Medizinerin. „Das Klinikpersonal ist seit Wochen im absoluten Dauerstress, es häufen sich die krankheitsbedingten Ausfälle. Eine Lockerung von Kontaktbeschränkungen
würde zu dieser Jahreszeit zwangsläufig zu noch stärker steigenden Infektionszahlen führen und die medizinische Versorgung insgesamt gefährden. Das dürfen wir nicht zulassen“, betonte Johna.
Ähnlich äußerte sich auch Saar-Ministerpräsident Hans. „Unsere Krankenhäuser sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Ohne eine Verlängerung des Lockdowns bekommen wir die Lage nicht dauerhaft in den Griff.“Insbesondere angesichts der zunächst in Großbritannien aufgetretenen Virus-Mutation mit ihrer höheren Ansteckungsgefahr dürften jetzt keine Risiken eingegangen werden.
Der Deutsche Städte-und Gemeindebund begrüßte die Verlängerung der Lockdown-Maßnahmen ebenfalls, zweifelt aber an der Umsetzbarkeit der 15-Kilometer-Regelung. „Das ist für die Menschen und die Wirtschaft zwar hart, aber im Hinblick auf die nach wie vor viel zu hohen Infektionszahlen und die starke Beanspruchung des Gesundheitswesens
leider unvermeidbar“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Fraglich sei, „wie der Beschluss, dass sich Menschen in besonderen Risikogebieten nur noch in einem Radius von 15 Kilometer von ihrem Wohnsitz bewegen dürfen, in der Praxis umgesetzt werden kann. Klar ist, dass in Gebieten mit sehr hohen Inzidenzen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Ein solch eingeschränkter Bewegungsradius ist allerdings kaum kontrollierbar und es ist fraglich, ob er letztlich durch die vielen Ausnahmen (zum Beispiel Pendeln zur Arbeit) Wirkung entfalten wird“, sagte Landsberg weiter. Aktuell wären 68 Landkreise in Deutschland von diesen Beschränkungen betroffen. Davon liegt zwar keiner im Saarland.
Ministerpräsident Hans warnte allerdings, dass auch dort sehr schnell ein Landkreis wieder die Marke von 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche überschreiten könne.
Schulen und Kitas bleiben dem Beschluss zufolge bis zum 31. Januar ebenfalls zu. „Geschlossene Schulen, ausgesetzte Präsenzpflicht beziehungsweise Distanzunterricht in Schulen über einen längeren Zeitraum bleiben nicht ohne negative Folgen für die Bildungsbiographien und die soziale Teilhabe der Kinder und Jugendlichen. Dennoch müssen die von den Ländern ergriffenen Maßnahmen auch in diesem Bereich bis Ende Januar verlängert werden, heißt es in dem Beschluss. Saar-Ministerpräsident Hans bittet die Eltern, nur „restriktiv“, also eingeschränkt die Möglichkeit zu nutzen, ihre Kinder während der offiziellen Schließung in Schulen und Kitas betreuen zu lassen.
Dass Bund und Länder mit dem verlängerten Lockdown auch die Schließung der Schulen für den Regelbetrieb bis 31. Januar verlängern, damit hat die Vorsitzende des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (SLLV ) gerechnet. „Man kann das Infektionsrisiko in Schulen nicht kleinreden“, betonte Lisa Brausch. Sie fordert einheitliche und verbindliche Schutzmaßnahmen für die Schulen, die beim Überschreiten eines bestimmten Inzidenzwertes im jeweiligen Landkreis greifen. Karen Claassen, die Landesvorsitzende des Verbands reale Bildung (VRB), tritt dafür ein, die Schulen erst dann wieder schrittweise zu öffnen, wenn der Inzidenzwert unter 50 liegt. „Wir wissen alle: Präsenzunterricht ist unabdingbar für den Bildungserfolg“, sagte Claassen. Aber bei dem gegenwärtigen Pandemieverlauf sei dies nicht möglich.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), zeigte sich am Abend in Teilen enttäuscht. Die Kultusminister sähen sich als Lobbyisten für gute Bildung und „ringen daher um jede Unterrichtsstunde. Die KMK hat sich dafür ausgesprochen, dass in den Ländern, in denen es die Infektionszahlen erlauben, in einer ersten Stufe an den Grundschulen zum Präsenzunterricht zurückgekehrt werden kann. Das ist leider im Beschluss nicht so deutlich aufgegriffen worden“, sagte sie unserer Redaktion. Der Beschluss biete jedoch Spielräume, die in den Ländern genutzt werden könnten.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), Heinz-Peter Meidinger, warnte vor wachsenden Lernrückständen und verschärften sozialen Ungleichheiten. „Es wird immer deutlicher, dass die Hoffnung, die Wissenslücken aus dem letzten Schuljahr in diesem Schuljahr ausgleichen zu können und gleichzeitig keine neuen Defizite auflaufen zu lassen, nicht erfüllt werden kann“, sagte Meidinger.