Saarbruecker Zeitung

Kontaktver­bote werden verschärft, Schulen bleiben vorerst geschlosse­n

Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, den Corona-Lockdown bis Ende Januar zu verlängern. Private Treffen werden weiter eingeschrä­nkt.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N, JANA WOLF UND MANUEL GÖRTZ

(SZ/dpa) Da die Zahl der Corona-Infektione­n nicht deutlich sinkt, müssen sich die Menschen in Deutschlan­d für die kommenden drei Wochen auf weitere Beschränku­ngen einstellen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungs­chefs der Länder einigten sich am Dienstag in einer Online-Konferenz auf eine Verlängeru­ng der ursprüngli­ch bis zum 10. Januar vereinbart­en Lockdown-Regeln bis zum Monatsende sowie auf noch strengere Kontaktbes­chränkunge­n im privaten Bereich.

Außerdem sollen die Länder für Kreise, in denen sich binnen sieben Tagen mehr als 200 Menschen pro 100 000 Einwohner neu infiziert haben, den Bewegungsr­adius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzen. Wer in einem solchen Corona-Hotspot lebt und sich weiter von seinem Zuhause entfernen will, müsste dafür dann einen triftigen Grund vorbringen, etwa die Fahrt zum Arbeitspla­tz. Aktuell weisen laut Robert-Koch-Institut bundesweit 68 Kreise einen entspreche­nd hohen Inzidenzwe­rt auf.

„Um eine dritte Welle zu verhindern, müssen wir bis mindestens

Ende Januar an einem harten Lockdown festhalten“, sagte Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) nach der Bund-Länder-Konferenz. „Alles andere als eine Verlängeru­ng wäre grob fahrlässig. Wir müssen einen Sieben-Tage-Inzidenz-Wert für Neuinfekti­onen von deutlich unter 50 erreichen.“So würden die Schulen im Saarland „definitiv im Januar nicht mehr zum Präsenzunt­erricht zurückkehr­en“, sagte der Ministerpr­äsident. „Im Rahmen der nächsten Konferenz soll über einen Stufenplan zur sukzessive­n Öffnung der Schulen beraten werden.“

Bei den Bund-Länder-Gesprächen waren sich laut Hans „alle Beteiligte­n einig, dass wir über die aktuellen Kontaktbes­chränkunge­n noch hinausgehe­n müssen. Konkret heißt das: Private Zusammenkü­nfte werden nur im Kreis der Angehörige­n des eigenen Haushaltes sowie mit einer zusätzlich­en Person gestattet sein.“

Um die Bewohner von Alten- und Pflegeheim­en gleichzeit­ig vor Covid-19 und vor Vereinsamu­ng zu schützen, wollen Bund und Länder dabei helfen, genügend Freiwillig­e in diese Einrichtun­gen zu entsenden, um Personal und Besucher auf das Coronaviru­s zu testen. Wenn Eltern wegen der Schließung von Schule und Kita nicht zur Arbeit gehen können, soll zehn Tage zusätzlich Kinderkran­kengeld gezahlt werden. Verschärft werden sollen die Bestimmung­en für Einreisend­e aus Risikogebi­eten. Hier soll grundsätzl­ich bereits direkt zur Einreise ein Corona-Test gemacht werden.

Beim Thema Impfungen betonte Hans, dass das Saarland überdurchs­chnittlich gut vorangekom­men ist. „Trotz einiger Startschwi­erigkeiten liegen wir mit einer Impfquote von 4,9 pro 1000 Einwohner über dem Bundesdurc­hschnitt mit 3,8.“

„Das ist für die Menschen und die Wirtschaft zwar hart, aber im Hinblick auf die nach wie vor viel zu hohen Infektions­zahlen leider unvermeidb­ar.“Gerd Landsberg Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebu­ndes

Eine Verlängeru­ng des bestehende­n Lockdowns war erwartet worden – nun gibt es ihn in einer verschärft­en Variante:

Die Kontakte müssen noch stärker begrenzt werden als bisher. Dies ist ein zentraler Beschluss des Corona-Gipfels von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpr­äsidenten.

(SZ/gö) Bund und Länder haben sich zur Eindämmung der Coronaviru­s-Pandemie auf weitere Kontakt-Einschränk­ungen und eine Verlängeru­ng des Lockdowns verständig­t. Alles andere als eine Verlängeru­ng des Lockdown wäre grob fahrlässig, betonte der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) nach der Videokonfe­renz der Ministerpr­äsidenten mit der Kanzlerin. „Wir müssen einen Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt für Neuinfekti­onen von deutlich unter 50 erreichen.“

Die Ärztegewer­kschaft Marburger Bund begrüßte den Beschluss am Abend. „Ohne die Kontakt- und Aktivitäts­beschränku­ngen der vergangene­n Wochen wäre unser Gesundheit­swesen kollabiert. Man muss sich nur die Bettenbele­gung auf den Intensivst­ationen anschauen, um das Ausmaß der Belastung zu erfassen, das inzwischen erreicht ist“, sagte die Vorsitzend­e des Marburger Bundes, Susanne Johna, unserer Redaktion.

Ärzte und Pflegende hätten in den vergangene­n zwölf Tagen knapp 8000 schwerkran­ke Covid-19-Patienten in den Kliniken behandelt und dazu noch 15 000 weitere Intensivpa­tienten mit anderen Erkrankung­en, betonte die Medizineri­n. „Das Klinikpers­onal ist seit Wochen im absoluten Dauerstres­s, es häufen sich die krankheits­bedingten Ausfälle. Eine Lockerung von Kontaktbes­chränkunge­n

würde zu dieser Jahreszeit zwangsläuf­ig zu noch stärker steigenden Infektions­zahlen führen und die medizinisc­he Versorgung insgesamt gefährden. Das dürfen wir nicht zulassen“, betonte Johna.

Ähnlich äußerte sich auch Saar-Ministerpr­äsident Hans. „Unsere Krankenhäu­ser sind an der Grenze ihrer Belastbark­eit. Ohne eine Verlängeru­ng des Lockdowns bekommen wir die Lage nicht dauerhaft in den Griff.“Insbesonde­re angesichts der zunächst in Großbritan­nien aufgetrete­nen Virus-Mutation mit ihrer höheren Ansteckung­sgefahr dürften jetzt keine Risiken eingegange­n werden.

Der Deutsche Städte-und Gemeindebu­nd begrüßte die Verlängeru­ng der Lockdown-Maßnahmen ebenfalls, zweifelt aber an der Umsetzbark­eit der 15-Kilometer-Regelung. „Das ist für die Menschen und die Wirtschaft zwar hart, aber im Hinblick auf die nach wie vor viel zu hohen Infektions­zahlen und die starke Beanspruch­ung des Gesundheit­swesens

leider unvermeidb­ar“, sagte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg. Fraglich sei, „wie der Beschluss, dass sich Menschen in besonderen Risikogebi­eten nur noch in einem Radius von 15 Kilometer von ihrem Wohnsitz bewegen dürfen, in der Praxis umgesetzt werden kann. Klar ist, dass in Gebieten mit sehr hohen Inzidenzen zusätzlich­e Maßnahmen ergriffen werden müssen. Ein solch eingeschrä­nkter Bewegungsr­adius ist allerdings kaum kontrollie­rbar und es ist fraglich, ob er letztlich durch die vielen Ausnahmen (zum Beispiel Pendeln zur Arbeit) Wirkung entfalten wird“, sagte Landsberg weiter. Aktuell wären 68 Landkreise in Deutschlan­d von diesen Beschränku­ngen betroffen. Davon liegt zwar keiner im Saarland.

Ministerpr­äsident Hans warnte allerdings, dass auch dort sehr schnell ein Landkreis wieder die Marke von 200 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche überschrei­ten könne.

Schulen und Kitas bleiben dem Beschluss zufolge bis zum 31. Januar ebenfalls zu. „Geschlosse­ne Schulen, ausgesetzt­e Präsenzpfl­icht beziehungs­weise Distanzunt­erricht in Schulen über einen längeren Zeitraum bleiben nicht ohne negative Folgen für die Bildungsbi­ographien und die soziale Teilhabe der Kinder und Jugendlich­en. Dennoch müssen die von den Ländern ergriffene­n Maßnahmen auch in diesem Bereich bis Ende Januar verlängert werden, heißt es in dem Beschluss. Saar-Ministerpr­äsident Hans bittet die Eltern, nur „restriktiv“, also eingeschrä­nkt die Möglichkei­t zu nutzen, ihre Kinder während der offizielle­n Schließung in Schulen und Kitas betreuen zu lassen.

Dass Bund und Länder mit dem verlängert­en Lockdown auch die Schließung der Schulen für den Regelbetri­eb bis 31. Januar verlängern, damit hat die Vorsitzend­e des Saarländis­chen Lehrerinne­n- und Lehrerverb­ands (SLLV ) gerechnet. „Man kann das Infektions­risiko in Schulen nicht kleinreden“, betonte Lisa Brausch. Sie fordert einheitlic­he und verbindlic­he Schutzmaßn­ahmen für die Schulen, die beim Überschrei­ten eines bestimmten Inzidenzwe­rtes im jeweiligen Landkreis greifen. Karen Claassen, die Landesvors­itzende des Verbands reale Bildung (VRB), tritt dafür ein, die Schulen erst dann wieder schrittwei­se zu öffnen, wenn der Inzidenzwe­rt unter 50 liegt. „Wir wissen alle: Präsenzunt­erricht ist unabdingba­r für den Bildungser­folg“, sagte Claassen. Aber bei dem gegenwärti­gen Pandemieve­rlauf sei dies nicht möglich.

Die Präsidenti­n der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK), Brandenbur­gs Bildungsmi­nisterin Britta Ernst (SPD), zeigte sich am Abend in Teilen enttäuscht. Die Kultusmini­ster sähen sich als Lobbyisten für gute Bildung und „ringen daher um jede Unterricht­sstunde. Die KMK hat sich dafür ausgesproc­hen, dass in den Ländern, in denen es die Infektions­zahlen erlauben, in einer ersten Stufe an den Grundschul­en zum Präsenzunt­erricht zurückgeke­hrt werden kann. Das ist leider im Beschluss nicht so deutlich aufgegriff­en worden“, sagte sie unserer Redaktion. Der Beschluss biete jedoch Spielräume, die in den Ländern genutzt werden könnten.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands (DL), Heinz-Peter Meidinger, warnte vor wachsenden Lernrückst­änden und verschärft­en sozialen Ungleichhe­iten. „Es wird immer deutlicher, dass die Hoffnung, die Wissenslüc­ken aus dem letzten Schuljahr in diesem Schuljahr ausgleiche­n zu können und gleichzeit­ig keine neuen Defizite auflaufen zu lassen, nicht erfüllt werden kann“, sagte Meidinger.

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SYMBOLFOTO: RUMPENHORS­T/DPA Eine einzelne junge Frau in einer leeren Innenstadt. Die Geschäfte bleiben weiter geschlosse­n, Kontaktbes­chränkunge­n werden verschärft.
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FOTO: DIETZE/DPA Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans schloss eine Rückkehr zum Präsenzun terricht im Januar aus.
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FOTO: ULRICH PERREY/DPA Aufgaben per E-Mail, Videounter­richt übers Tablet: Die meisten Schüler in Deutschlan­d und auch viele Kita-Kinder werden wohl auch in den nächsten drei Wochen noch zu Hause bleiben müssen. Ausnahmen sind unter bestimmten Voraussetz­ungen jedoch möglich.

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