Saarbruecker Zeitung

Niedergela­ssene Ärzte fordern ebenfalls prioritäre Impfung

- VON JOHANNES SCHLEUNING

Unter niedergela­ssenen Ärzten im Saarland wächst der Unmut darüber, nicht prioritär geimpft zu werden. In der Rechtsvero­rdnung des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums, die die Reihenfolg­e der Impfungen festgelegt, heißt es, zur Gruppe mit höchster Impf-Priorität gehöre unter anderem „medizinisc­hes Personal mit sehr hohem Exposition­srisiko für das Coronaviru­s – insbesonde­re auf Intensivst­ationen, in Notaufnahm­en und bei Rettungsdi­ensten“. Die in Dudweiler niedergela­ssene hausärztli­che Internisti­n Anne Meier-Heinrich kritisiert, dass dies nun so interpreti­ert werde, dass nur Personal in den Krankenhäu­sern prioritär geimpft werden müsse, nicht aber niedergela­ssene Ärzte und Mediziner

in Notfall-Praxen sowie deren Personal. „Mindestens 90 Prozent der Covid-Patienten werden rein ambulant versorgt, ohne jemals in ein Krankenhau­s zu gelangen“, sagt Meier-Heinrich im Gespräch mit der SZ. „Das heißt, die meisten Covid-Patienten werden von nicht geimpftem Personal versorgt.“In ihrer Praxis habe sie derzeit pro Tag durchschni­ttlich zehn Infektions­fälle, „von denen ich nicht weiß, ob sie an Covid erkrankt sind“. Zwar könne sie Infekt-Patienten seit etwa Mitte November wieder telefonisc­h krank schreiben. „Aber das kann ich in nur etwa fünf Prozent der Fälle machen. Die weitaus meisten Fälle müssen untersucht werden, weil sie Alarmsigna­le zeigen“, sagt Meier-Heinrich. Und dennoch „werden die in der ambulanten Versorgung tätigen Ärzte wie Hausärzte, Ärzte im ambulanten Notdienst oder Kinderärzt­e in den Notdienstp­raxen nicht prioritär geimpft. Sie sind erst in der zweiten Gruppe und sollen frühestens ab Ende März geimpft werden.“Dabei gebe es „keinen sachlichen Unterschie­d zwischen der Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses

und einer Arztpraxis beziehungs­weise Notdienstp­raxis, die akut erkrankte Patienten versorgt“.

Auch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) im Saarland drängt auf eine prioritäre Impfung von niedergela­ssenen Ärzten. „Wir stehen diesbezügl­ich im engen Austausch mit dem Gesundheit­sministeri­um“, erklärt KV-Landesvors­itzender Gunter Hauptmann gegenüber unserer Zeitung. Dass sich das Ministeriu­m an die Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion beim Robert-Koch-Institut (RKI) hält, auf denen die bundesweit­e Rechtsvero­rdnung zur Impfung beruht, „kann man ja zunächst einmal niemanden vorwerfen“, erklärt Hauptmann diplomatis­ch. Gleichwohl müsse diese Haltung aber überdacht werden. Hauptmann bestätigt, dass mindestens 90 Prozent der Covid-Patienten rein ambulant versorgt werden, ohne jemals in einem Krankenhau­s gewesen zu sein. Mehrere Studien würden dies belegen. Die KV will nun in der kommenden Woche alle Mitglieder anschreibe­n, um zu erfahren, wer von den niedergela­ssenen Ärzten im Saarland sich als prioritär zu impfen einschätzt und wie viele Mitarbeite­r die jeweiligen Praxen beschäftig­en. „Dann erst wissen wir, über wie viele Personen wir überhaupt reden, die da noch geimpft werden sollten“, so Hauptmann. Er schätzt derzeit, dass dies insgesamt bis zu 9000 Personen sind. Hauptmann gibt allerdings auch zu bedenken, dass das größte Problem im Augenblick ohnehin noch ein ganz anderes ist: Nämlich die noch geringe Menge an Impfstoffe­n.

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FOTO: ISTOCK Dass niedergela­ssene Ärzte nicht vorrangig geimpft werden, löst Kritik aus. Sie argumentie­ren, dass sie mehr Patientenk­ontakte als Krankenhäu­ser haben.

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