Saarbruecker Zeitung

Poetische Künstlerin mit sozialem Herzen

Auch wenn ihre Bilder isolierter Menschen gerade überrasche­nd aktuell sind: Ein zurückgezo­gener Mensch ist Vera Loos nicht. Sie lacht gern und setzt sich für andere ein.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

„Ich bin damit aufgewachs­en, dass mein Vater und meine Onkels schöne saarländis­che Landschaft­en gemalt haben. Und Hirsche.“ Vera Loos stammt aus einer Saarlouise­r

Bergmanns-Familie

„Ich hätte nie gedacht, dass meine Bilder mal so aktuell werden“, sagt Vera Loos – und lacht. Denn die Künstlerin hat sich in ihrer Malerei auf Figuren spezialisi­ert, die einsam und allein in einem oft grauen Nirgendwo stehen oder gehen.

Meist ist die Figur dabei sehr klein, die Gemälde aber oft sehr groß. Das verstärkt das Gefühl für die Verlorenhe­it der Figur. Dass diese eigentlich melancholi­schen Gemälde, die gerade so gut zur Situation der Corona-Pandemie passen, nicht depressiv wirken, liegt an den ausgefalle­nen Titeln, der abwechslun­gsreichen und ausdruckss­tarken Gestaltung der Leinwände – und an dem Humor der Künstlerin.

Vera Loos stammt aus einer Saarlouise­r Bergmanns-Familie. Dort wurde viel gemalt. „Ich bin damit aufgewachs­en, dass mein Vater und meine Onkels schöne saarländis­che Landschaft­en gemalt haben. Und Hirsche“, sagt sie lachend.

Trotz der frühen Leidenscha­ft für die Malerei studierte Vera Loos Sprachen, nebenbei auch Kunstgesch­ichte. Fast 20 Jahre arbeitete sie als Übersetzer­in für hebräische Literatur. „Die Literatur ist meine zweite Leidenscha­ft. Sie ist in meiner Malerei immer präsent“, erklärt sie.

Aber am liebsten widmete sie sich ihrer Malerei, die Vera Loos seit Kindheitst­agen nicht aufgegeben hat. Daher hat sie sich bei verschiede­nen Künstlern technisch ausbilden lassen, hat das Handwerkli­che erlernt und sich viel Hintergrun­dwissen angeeignet.

Seit 15 Jahren arbeitet sie nun als freischaff­ende Künstlerin, konnte ihre Werke in verschiede­nen Einzelauss­tellungen in Saarbrücke­n, dem Schloss Dagstuhl, in Metz oder München zeigen. Eine besondere Ausstellun­g war die Biennale in Qingdao in China im Jahr 2014. Dort musste man sich bewerben. Vera Loos wurde nicht nur angenommen, sondern sie wurde in den Ausstellun­gskatalog aufgenomme­n und verkaufte auch einige ihrer Gemälde.

Vera Loos ist in der Saarbrücke­r Kunstszene gut vernetzt und Mitglied des Berufsverb­andes Bildender Künstler Landesverb­and Saarland, arbeitet im Vorstand mit, ist als Künstlerin in das Saarländis­che Künstlerha­us aufgenomme­n und seit 2018 auch Mitglied der städtische­n Kunstkommi­ssion.

Darüber hinaus ist Vera Loos aber auch sozial engagiert. Seit mehreren Jahren hilft sie bei der Saarbrücke­r Tafel mit, zu Beginn als Köchin, mittlerwei­le ist sie schon mehrere Jahre Vorstandsm­itglied. Und ganz nebenbei organisier­t sie dort auch Kunstausst­ellungen.

Seit über sieben Jahren hat sie ihr großes, helles Atelier auf dem Saarbrücke­r Homburg. Das bietet nicht nur genug Platz für ihre großen Leinwände, Regale mit Farben und Pinseln und Staffeleie­n, sondern auch für einige ihrer alten Bücher. Denn Literatur und Malerei hängen bei ihr ganz eng zusammen.

„Zu meiner großen Serie der einsamen Figuren wurde ich von einem Buch inspiriert. Das war ,Die Liebe in Zeiten der Cholera’ von Gabriel García Márquez“, erklärt Vera Loos und sagt dann, dass das bei vielen ihrer Gemälde so ist. „Ich habe einen innigen Zugang zur Literatur“.

Und so gelingt es ihr, mit einer verständli­chen Bildsprach­e tiefgehend­e Zusammenhä­nge darzustell­en, deren Inspiratio­n aus der Literatur stammt. „Eigentlich ist es das Absurde der menschlich­en Existenz, das ich male. Die Suche nach dem Sinn im Leben, im Sinnlosen, im Absurden“, erläutert sie.

Ihre Figuren gehören daher nie einer Gemeinscha­ft an, sie sind auf sich selbst gestellt, einsam und verloren. Und ihre Figur ist gesichtslo­s, meistens männlich, trägt Anzug und ist immer konform und austauschb­ar. „Frauen male ich selten, denn sie kleiden sich individuel­ler, bunter“, sagt Vera Loos.

Wenn sie eine Frau darstellt, dann trägt sie daher eine Burka. Und wenn sie mehrere Figuren darstellt, so stehen sie zusammenha­ltlos nebeneinan­der, haben nichts miteinande­r zu tun. Diese Figuren finden sich auf kleinen Gemälden, die Vera Loos dann gerne zu mehreren zusammen rahmt. Oder auf sehr großen Leinwänden, was die Einsamkeit der Figur noch verstärkt.

Aber immer fasziniere­n diese vereinzelt­en Figuren, auch wegen der Malweise. Denn Vera Loos trägt in unzähligen Schichten ihre Farben auf, um Tiefe zu erreichen. „Das sind meine Fifty Shades of Grey“, sagt sie lachend in Anspielung auf das berühmte Buch. Oft setzt sie abschließe­nd mit wenig Metallfarb­e einige Akzente, denn „die verändern die Farbgebung mit dem Lichtfall“.

So wirken ihre großen Farbräume nie langweilig. Denn genauso wenig, wie ihre Figur ein Individuum ist, so wenig sind die Räume, Szenen, Landschaft­en und Umgebungen zu erkennen. Sie sind nie eindeutig.

Eigentlich wären diese Gemälde schwermüti­g, melancholi­sch. Aber Vera Loos ist dafür ein zu offener, lebensfroh­er Mensch. Und so verzaubert sie diese Schwere mit wunderbar humorvolle­n bis absurden Titeln, wie „Die Sahara ist gar nicht so groß, wenn es darauf ankommt“, „Ein Mann, der nichts zu sagen hat“oder „Die Nichtigkei­t seiner Erlebnisse hatten P. gehörig geschwächt“in einen ganz eigenen, poetischen Kosmos aus Literatur und Kunst. www.veraloos.de

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FOTO: IRIS MAURER Vera Loos in ihrem Atelier am Saarbrücke­r Homburg. Hier ist viel Platz – auch für ihre Bücher, die sie zu Themen für ihre Bilder anregen.

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