Ein Tanz bewegt die ganze Welt
Eine Melodie aus Afrika erobert den Globus und zaubert in der düsteren Corona-Zeit Lächeln in die Gesichter der Menschen. Im Saarland haben sich Vertreter mehrerer Krankenhäuser der Bewegung angeschlossen. Der Erfolg ist riesig.
Der Hubschrauberlandeplatz einer Klinik wird zur Tanzfläche. In einer Polizeistation tanzen die Beamten dazu. Die beiden Südafrikaner DJ Master KG und Nomcebo Zikode haben mit dem eingängigen Titel „Jerusalema“einen Ohrwurm entwickelt, der auf der ganzen Welt die Massen bewegt. Überall tanzen Menschen dazu. Gerade in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen ist ein Lied, das zum Mitmachen einlädt, eine gelungene Abwechslung.
„Wir dachten nie, dass wir es soweit schaffen würden“, sagt DJ Master KG, der mit bürgerlichem Namen Kgaugelo Moag heißt, in einem Interview mit einem afrikanischen Radiosender. Das Lied ist von entspannt tanzbaren elektronischen Rhythmen geprägt. Master KG nahm den Titel mit der südafrikanischen Sängerin Zikode auf. Innerhalb kürzester Zeit stürmte das Lied die internationalen Charts.
In sozialen Netzwerken wie Facebook, Tiktok oder Youtube gibt es zahlreiche Filme, in denen Menschen zu den Rhythmen des Liedes tanzen. In der Tradition von Mitmach-Hits wie „Macarena“oder „Gangnam Style“lässt „Jerusalema“auch sprachliche und kulturelle Grenzen hinter sich, denn Zikode singt in ihrer Muttersprache Zulu, erklärt das Musiklabel Warner Music. Zulu ist die meist gesprochene Sprache in Südafrika. „Im Text wird Gottes Schutz und Führung erbeten“, erklärt der 24-jährige Musiker. Ende 2019 veröffentlichte er den Song, mit dem er zu Beginn der Corona-Pandemie den Nerv der Zeit traf. Dazu trug offenbar auch die afrikanische Lebensfreude bei, die Master KG darin vermittelt.
Ganz Corona-gerecht wird die Choreografie mit ausreichend Abstand getanzt. Die Tanzschritte wurden in Südafrika entwickelt und später in Angola verfeinert. „Einige junge Angolaner stellten ein Video von sich ins Internet, und dann verselbstständigte sich das Ganze“, berichtet der DJ. Mitte August hatten bereits mehr als 80 Millionen Menschen sein Musikvideo gesehen. Seitdem überall auf der Welt dazu getanzt wird, haben sich die Abrufzahlen fast vervierfacht: Bis Anfang Januar wurde das Musikvideo über 300 Millionen Mal bei der Videoplattform Youtube abgerufen.
Auch im Saarland und Rheinland-Pfalz wird zu „Jerusalema“getanzt. Das zeigen Videos aus dem Winterberg-Klinikum in Saarbrücken, den Knappschaftskliniken in
Püttlingen und Sulzbach sowie dem Zweibrücker Nardini-Klinikum. Die Idee, an der sogenannten Jerusalema-Challenge teilzunehmen, verdankten alle drei Kliniken dem Zufall. „Ich hatte das Video der Klinik in Hamm gesehen“, berichtet Annemarie
Selke, Assistenzärztin der Abteilung für Innere Medizin des Nardini-Klinikums Zweibrücken. Sie hatte Kolleginnen aus der Endoskopie auf den Film aus Hamm aufmerksam gemacht und so nahm die Idee ihren Lauf.
Am Winterbergklinikum in Saarbrücken kam der Vorschlag, an der Herausforderung teilzunehmen, aus den Reihen der Mediziner. Notfallmedizinerin und Oberärztin Dr. Sabine Ziehl brachte die Idee mit ins Kollegium und die pflegerische Leiterin der Notfallambulanz, Carolin Haegele, koordinierte gemeinsam mit Karoline Hahn die Aktion.
Im Knappschaftsklinikum Püttlingen war der ursprüngliche Plan, ein kurzes Video mit einer kleinen Gruppe aus der Intensivstation zu drehen. „Die Idee machte jedoch sehr schnell die Runde, sodass sich auch andere Stationen beider Häuser und die Geschäftsführung dafür begeisterten“, berichtet Peter Böhnel, Leiter der Unternehmenskommunikation. So sei das Projekt zum Selbstläufer geworden: Aus einem kurzen Videoprojekt wurde ein Großprojekt für die beiden Standorte in Sulzbach und Püttlingen. In allen drei Kliniken wurden die Filme in der Freizeit der Teilnehmer gedreht. Im Winterbergund Knappschaftsklinikum standen Mitarbeiter der Einrichtungen hinter der Kamera. In Zweibrücken hatte Schwester Maria Elisa ein professionelles Filmteam für die Aufnahmen organisiert.
Die Aufzeichnungen sind nicht unbemerkt geblieben. Im Saarbrücker Winterbergklinikum beobachteten einige Besucher die Dreharbeiten, berichtet Tobias Schillung, stellvertretender pflegerischer Leiter und „Kameramann“. Auch ein Taxifahrer habe mit dem Handy gefilmt und schickte das Video als Zeichen im Kampf gegen Corona in sein Heimatland Pakistan. Diese Intention vertreten auch Mediziner aus Zweibrücken, Püttlingen und Sulzbach. „Wir wollten den Menschen zeigen, dass es trotz Corona noch immer positive Dinge gibt“, erklärt die Zweibrücker Assistenzärztin Selke. Der Satz aus dem Kollegium „Wir möchten Freude verbreiten und zeigen, dass wir auch schwere Zeiten überstehen können“war in Püttlingen der ausschlaggebende Punkt, an der Jerusalema-Challenge teilzunehmen.
Die Zugriffszahlen der Videos sprechen dafür, dass die Mediziner die Zuschauer für die Filme begeistern können. Die Tanzeinlage des Teams der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Saarbrücken hat 11 000 Aufrufe auf der Videoplattform Youtube. Die Gruppe aus der Abteilung Anästhesie-OP hat fast 25 000 Klicks erreicht. Der Film aus Sulzbach und Püttlingen wurde bisher 4400 Mal bei Youtube aufgerufen. Das Video aus Zweibrücken gibt es im sozialen Netzwerk Facebook zu sehen. Dort wurde es mittlerweile 3300 Mal geteilt.