Saar-Kommunen rügen härtere Corona-Regeln
Die Landesregierung will neue Konaktregeln heute beschließen. Aus Gemeinden und Kreisen kommt schon Kritik.
SAARBRÜCKEN (gda/dpa) Aus den Reihen der Saar-Kommunen gibt es Kritik an den neuen Corona-Beschlüssen von Bund und Ländern. Der Vorsitzende des Landkreistages (LKT), der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer (SPD), rügte vor allem die Kontaktregeln, wonach Angehörige eines Hausstandes künftig nur eine weitere Person treffen dürfen. Das sei eine „harte und grenzwertige Entscheidung“. Er hätte zumindest Treffen mit zwei Personen außerhalb des eigenen Hausstandes erlaubt. Statt derart harte Kontaktverbote zu verhängen, hätten sich Bund und Länder nach Ansicht von Lauer lieber um einen besseren Arbeitsschutz in den Betrieben kümmern sollen.
Die umstrittene Regel, wonach sich Bewohner von Corona-Hotspots künftig ohne triftige Gründe nicht mehr weiter als 15 Kilometer vom Wohnort entfernen dürfen, verteidigte Lauer dagegen. Hier gehe es vor allem darum, tagestouristische Ausflüge zu unterbinden.
Lauer räumte ein, dass die Regel nur begrenzt zu kontrollieren sei. Darauf wies auch der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetages (SSGT), Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU), hin. Kontrollen könne es nur „anlassbezogen und stichprobenartig“geben. Einen eingeschränkten Bewegungsradius hält der SSGT-Präsident zudem nur in bestimmten Fällen für sinnvoll. „Man muss sich die Infektionslage vor Ort genau anschauen“, sagte er. „Wenn das Ausbruchsgeschehen nicht diffus oder verstreut ist, sondern nur in ein oder zwei Pflegeheimen, dann ist das kein Grund, den ganzen Kreis mit diesen 15 Kilometern zu überziehen.“Ohnehin gebe es bei der Umsetzung der neuen Regeln noch viele offene Fragen. Schmidt geht davon aus, dass diese bis zur neuen Rechtsverordnung geklärt werden. Die will das Saar-Kabinett am Donnerstag beschließen, gelten sollen sie ab Montag.
Die Saar-Wirtschaft pochte derweil nach der Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar auf schnelle Hilfen und Öffnungsperspektiven.
(gda/dpa) Die Ratlosigkeit bei vielen Menschen war groß nach dem wieder einmal denkwürdigen Bund-Länder-Treffen am Dienstag. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten hatten eine Verschärfung der Kontaktregeln und die Einführung einer ominösen 15-Kilometer-Regel verkündet. Doch was das jetzt genau heißt, blieb zumindest im Detail unklar: Welche Ausnahmen gibt es von der Vorgabe, dass Menschen aus einem Hausstand nur eine weitere Person treffen dürfen? Wo dürfen diese Treffen stattfinden? Und wer kontrolliert, ob ich mich mehr als 15 Kilometer von zuhause entfernt befinde?
Dass am Dienstag nicht alle Fragen abschließend geklärt wurden, ist naheliegend: Beim Bund-Länder-Beschluss handelt es sich um nicht mehr als eine Verabredung zwischen den Ministerpräsidenten. Und die muss jetzt in jedem Bundesland in geltendes Recht umgesetzt werden. Im Saarland soll das an diesem Donnerstag geschehen. Dann wird der Ministerrat eine neue Rechtsverordnung beraten und beschließen. Nach Auskunft von Regierungssprecher Alexander Zeyer soll diese am kommenden Montag, 11. Januar, in Kraft treten. Zwischendurch wird am Freitag auch noch der Saar-Landtag über die Maßnahmen diskutieren. Rein theoretisch könnte er die Regeln auch noch abändern.
Auch die Saar-Kommunen blicken mit Spannung auf die Details der neuen Verordnung. Die Chefs der Kommunalverbände sehen die Bund-Länder-Beschlüsse zu den Kontakt- und Bewegungseinschränkungen zumindest teilweise kritisch. So hält der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetages (SSGT), Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU), die 15-Kilometer-Regel für
Menschen in Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 200 pro 100 000 Einwohner (die es derzeit im Saarland nicht gibt) nur in bestimmten Fällen für sinnvoll: „Wenn das Ausbruchsgeschehen nicht diffus oder verstreut ist, sondern nur in ein oder zwei Pflegeheimen, dann ist das kein Grund, den ganzen Kreis mit diesen 15 Kilometern zu überziehen“, sagte Schmidt. Zudem sei eine Kontrolle kaum möglich: Die könne nur „anlassbezogen und stichprobenartig“erfolgen.
In der Hinsicht äußerte sich der Vorsitzende des Saarländischen Landkreistages (LKT), der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer (SPD), ähnlich: Eine Kontrolle sei nur „sehr eingeschränkt möglich“. Man könne schließlich schlecht Straßensperren aufstellen. Denkbar seien Kontrollen an beliebten Ausflugszielen. Vor dem Hintergrund eines Ansturms auf Wintersportgebiete in den vergangenen Tagen sei die 15-Kilometer-Regel auch durchaus sinnvoll.
Deutlich kritischer sieht Lauer die verschärften Kontaktbeschränkungen. Dass Angehörige eines Haushaltes nur noch eine weitere Person treffen dürfen, sei eine „harte und grenzwertige Entscheidung“. So müssten sich zum Beispiel Eltern mit mehreren erwachsenen Kindern entscheiden, welches davon sie besuchen darf. „Das ist menschlich äußerst schwierig.“Der LKT-Vorsitzende hätte zumindest Treffen mit zwei Personen außerhalb des eigenen Hausstandes erlaubt – oder die alte Regel mit fünf Personen aus maximal zwei Haushalten beibehalten.
Inwieweit es im Saarland Ausnahmen von den rigiden Kontaktverboten geben könnte, dürfte sich erst mit der neuen Rechtsverordnung entscheiden. Inhaltliche Fragen dazu wollte Zeyer vorab nicht beantworten. Er teilte lediglich mit: „Die Landesregierung beabsichtigt, die Beschlüsse der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin in der neuen Rechtsverordnung umzusetzen.“Von Ausnahmen bei den Kontaktverboten ist darin keine Rede – weder für enge Verwandte noch für Kinder unter 14 Jahren. Für beide Gruppen galten bisher Sonderregeln. Und so könnten sich im Zweifel praktische Probleme ergeben: Ohne Ausnahmeregeln dürften zum Beispiel Mütter mit ihren Babys nicht zu den Großeltern des Säuglings fahren. Und Kinder aus zwei Haushalten dürften nicht im Beisein ihrer Mütter miteinander spielen.
Zudem stellt sich die Frage, wo private Treffen künftig stattfinden dürfen. Klar ist: Eine einzelne Person darf eine mehrköpfige Familie besuchen. Aber dürfen umgekehrt auch mehrere Angehörige eines Hausstandes einen Alleinlebenden besuchen? Hier kommt es auf die genaue Formulierung in der Verordnung an. Unklar ist auch, was für Menschen gilt, die vorübergehend in anderen Haushalten als dem eigenen leben oder zwei Haushalte haben. Auch die Höhe der Sanktionen ist offen.
Zur 15-Kilometer-Regel sagte Merkel am Dienstag, dass unter dem Wohnort, um den der Bewegungsradius gezogen wird, nicht die eigene Anschrift zu verstehen ist. Gemeint sei vielmehr die Stadt. Von dort dürfen sich Bewohner von Corona-Hotspots nur noch aus „triftigem Grund“weiter als 15 Kilometer entfernen. Welche Gründe das sind, sagt der Beschluss nicht – sondern nur, dass „tagestouristische Ausflüge“nicht dazugehören. Unklar ist auch, welche Nachweise akzeptiert werden für die aktuelle Adresse. Fragen über Fragen, auf die viele Saarländer klare Antworten erwarten dürften.
15 Kilometer maximal dürfen sich Bewohner eines Hotspots künftig ohne „triftige Gründe“vom Wohnort entfernen.
Quelle: Bund-Länder-Beschluss