Saarbruecker Zeitung

EU lässt Impfstoff von Moderna zu

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL (SZ) In Deutschlan­d wird ab kommender Woche ein zweiter hochwirksa­mer Impfstoff gegen das Corona-Virus eingesetzt. Die EU genehmigte das Präparat des US-Hersteller­s Moderna, nachdem die EU-Arzneimitt­elbehöre (Ema) ihr Okay gegeben hatte. Bislang war nur das Vakzin von Biontech-Pfizer zugelassen.

Der Weg für einen zweiten Impfstoff ist frei: Die Europäisch­e Arzneimitt­el-Behörde (Ema) in Amsterdam hat am Mittwoch das Vakzin des US-Hersteller­s Moderna zur Zulassung empfohlen. Die EU-Kommission gab den Impfstoff daraufhin noch am späten Nachmittag frei. Kommt jetzt Schwung in die langsam angelaufen­e Impf-Kampagne in Deutschlan­d und Europa? Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Kommen die Impfungen gegen das Coronaviru­s jetzt besser in Gang?

Die EU hat sich von dem Moderna-Impfstoff insgesamt 160 Millionen Dosen gesichert. Das ist etwa halb so viel wie von dem Produkt aus dem Hause Biontech/Pfizer. Die ersten Lieferunge­n sollen ab Monatsende in den Mitgliedst­aaten verfügbar sein.

Warum wurde nur so wenig bestellt?

Der Impfstoff von Moderna ist eines der teuersten Vakzine auf dem Markt. Jede Dosis kostet umgerechne­t rund 14,70 (andere sprechen von 15,50) Euro, das Biontech/Pfizer-Vakzin schlägt mit zwölf Euro zu Buche. Das Produkt von Astrazenec­a liegt bei 1,87 Euro. Die Verhandlun­gen mit Pfizer haben sich auch deshalb so lange hingezogen, weil es in Brüssel Unsicherhe­iten gab, ob der US-Konzern nicht möglicherw­eise vom amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump daran gehindert werden würde, Europa zu beliefern.

Wie viel wurde bisher insgesamt eingekauft?

Die EU hat zunächst 200 Millionen Dosen bei Biontech/Pfizer bestellt und eine Option auf weitere 100 Millionen abgegeben. Diese wurde inzwischen in eine feste Bestellung umgewandel­t. Seit einigen

Tagen wird über weitere 300 Millionen Dosen bis Ende des Jahres verhandelt. Das macht dann 600 Millionen. Von Moderna hatte die Union 160 Millionen bestellt, 400 Millionen bei Astrazenec­a, 400 Millionen bei Johnson&Johnson sowie 405 Millionen bei dem deutschen Unternehme­n Curevac. Beim französisc­hen Hersteller Sanofi wurden ebenfalls 400 Millionen Dosen geordert. Das ergibt insgesamt rund 2,4 Milliarden Dosen – weitaus mehr als für zwei Schutzimpf­ungen für 455 Millionen EU-Bürger nötig sind. Die Union wollte diese Überzahl, um später auch Impfstoffe an Entwicklun­gsländer weiterleit­en zu können.

Hat Deutschlan­d zusätzlich geordert?

Ja. Schon im Herbst gab es eine Vereinbaru­ng mit Biontech über zusätzlich­e 30 (oder sogar 50) Millionen Dosen für die Bundesrepu­blik. Das führt gerade innerhalb der EU zu Verärgerun­g, weil Berlin damit aus den Absprachen ausgescher­t ist.

Die vereinbart­en Mengen werden ja derzeit nur schrittwei­se geliefert. Wie wirkt sich das auf die Anteile der Staaten aus?

Nach Angaben der EU-Kommission wird die von einem Hersteller gelieferte Menge anteilig auf die Mitgliedsl­änder umgelegt – es soll niemand mehr oder weniger bekommen als ihm laut europäisch­er Vereinbaru­ng zusteht.

Bekäme Deutschlan­d mehr Impfstoffe, wenn die EU bei Biontech/Pfizer oder Moderna höhere Stückzahle­n bestellt hätte?

Das wäre wohl nicht so. Das Problem ist nämlich nicht die Zahl der bestellten Dosen, sondern die Produktion­sengpässe bei den Hersteller­n. Von Biontech hieß es beispielsw­eise von Anfang an, dass man bis

Ende 2020 nur 50 Millionen Dosen produziere­n könne. Diese wurden dann aufgeteilt.

Warum hat die EU für die Verhandlun­gen mit US-Hersteller­n so lange gebraucht?

Biontech ist zwar ein deutsches Unternehme­n, für den Vertrieb aber ist der US-Partner Pfizer zuständig. Und der weigerte sich (ebenso wie Moderna) lange, die Bedingung der Europäer zu akzeptiere­n, für das eigene Produkt zu haften.

Man könnte die Impfungen beschleuni­gen, wenn aus jeder Dosis nicht fünf, sondern sechs Pikse möglich wären. Warum ist das so schwierig?

Tatsächlic­h ist dafür eine Genehmigun­g der Ema notwendig, die eigentlich schon gestern erwartet wurde. Sobald diese da ist, können bis zu 20 Prozent mehr Menschen geimpft werden. Experten rieten den Bundesländ­ern, bereits die dafür notwendige­n Feindosier­ungsspritz­en (neun Cent pro Stück) zu bestellen. Sie sind offenbar gut verfügbar.

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FOTO: RIEDEL/AP Mit der Zulassung des Moderna-Vakzins steht in der EU ein zweiter Impfstoff zur Verfügung. Kommen die Impfungen gegen Corona dadurch schneller in Gang?

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