AHA-Regeln helfen der Intensivstation
In den nächsten Wochen wird deutschlandweit die intensivmedizinische Behandlung über Leben und Sterben vieler Tausend Covid-19-Erkrankter entscheiden. Anfangs haben wir Intensivmediziner Corona wie eine Grippe behandelt. In den ersten Wochen der Pandemie starben in China 95 Prozent der beatmungspflichtigen Corona-Patienten. Inzwischen kennen wir Corona viel besser: Es ist eben keine Grippe, es schädigt den Organismus ganz anders, viel zerstörerischer, viel komplexer. Wir haben in kürzester Zeit neue intensivmedizinische Behandlungsstrategien etabliert: Komplexe nichtinvasive Beatmungstechniken, Abmilderung der Schockreaktion durch den Wirkstoff „Dexamethason“in der akuten Phase, frühzeitige blutverdünnende Medikation gegen Organschäden durch Blutgerinnsel, um die aktuellen Eckpunkte zu nennen. Ergebnis: Die Sterblichkeit für die schweren Fälle hat sich halbiert.
Ermöglicht wurde dieser gigantische Fortschritt durch die weltweite Zusammenarbeit der Intensivmedizin. Intensivmedizin funktioniert grenzenlos, nicht durch nationale Abschottung: Wir Intensivmediziner sind international gut vernetzt, informieren uns gegenseitig praktisch in Echtzeit über neue Erkenntnisse, lesen unsere Fachzeitschriften online, auch wenn die Bibliotheken im Lockdown geschlossen sind, und tauschen uns auf virtuellen Kongressen ohne nationale Grenzen miteinander aus. Die Behandlungsstrategie wird fast monatlich nachjustiert. Das Ergebnis kann sich bislang sehen lassen. Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt.
Was jetzt ganz wichtig ist: Durch die deutlich erhöhte Überlebensrate dauert die durchschnittliche Intensivbehandlung viel länger: Tote belegen keine Intensivbetten, Schwerkranke schon. Wir müssen auch deshalb alles tun, um unsere Intensivkapazitäten zu schonen: Helfen Sie uns durch strikte Beachtung der AHA-Regeln, damit wir Ihnen helfen können, falls es nötig wird.
PD Dr. Konrad Schwarzkopf (54) ist stellvertretender Ärztlicher Direktor des Klinikums Saarbrücken und Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin. In der Kolumne „Corona-Visite“berichten Ärzte und Pflegepersonal vom Alltag in der Pandemie.