Saarbruecker Zeitung

Raubkunst unterm Christenkr­euz entflammt Kolonialis­musdebatte

- Produktion dieser Seite: Sophia Schülke, Daniel Bonenberge­r Dietmar Klosterman­n

(dpa) Das Humboldt Forum in Berlin beflügelt vor seiner Eröffnung die Aufarbeitu­ng der deutschen Kolonialve­rgangenhei­t. Vor allem die geplante Präsentati­on von Objekten aus Unrechtszu­sammenhäng­en ist umstritten. Zentraler Akteur ist die Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz mit zwei Museen im Humboldt-Forum. Stiftungsp­räsident Hermann Parzinger zeigt sich offen für Rückgaben.

Das 677 Millionen Euro teure Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenscha­ft nutzen neben der Stiftung das Land Berlin und die Humboldt-Universitä­t. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins. Das Gebäude steckt hinter der viel kritisiert­en rekonstrui­erten Fassade des Hohenzolle­rnschlosse­s. Umstritten ist auch die Präsentati­on der Benin-Bronzen. Das Ethnologis­che Museum verfügt über rund 530 historisch­e Objekte aus dem Königreich Benin (heute Teil Nigerias), darunter etwa 440 Bronzen, die weitgehend als Objekte aus Unrechtsko­ntexten kolonialer Zeiten gelten. In Benin-City solle ein Museum errichtet werden. „Wir unterstütz­en das, etwa durch Leihgaben. Aber es muss auch zu Rückgaben kommen, da bin ich ganz sicher. Das muss auf Grundlage eines Dialogs geschehen, bei dem gemeinsam überlegt wird, welche Dinge sollten zurückkehr­en, welche hierbleibe­n“, sagte Parzinger.

Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) geht davon aus, dass die Kolonialis­musdebatte weiter Fahrt bekommt und setzt auf einen offenen Prozess. Grütters sieht die Debatte nicht durch den Bau hinter der Schlossfas­sade belastet. Auf der Kuppel mit Kreuz fordert ein Spruch die Unterwerfu­ng aller Menschen unter das Christentu­m. Der Hamburger Geschichts­professor und Forum-Kritiker Jürgen Zimmerer twitterte über „bekömmlich­e Geschichts­klitterung“im „preußische­n Disneyland“.

„Eine Gruppe von Historiker­n hat sich intensiv mit dem Spruchband beschäftig­t und sich dafür ausgesproc­hen, nicht nur die gesamte Fassade originalge­treu zu rekonstrui­eren“, sagte Grütters. Generalint­endant Hartmut Dorgerloh sieht das Humboldt-Forum in der Pflicht. „Die Aufarbeitu­ng des Kolonialis­mus ist ein klarer Auftrag“, sagte er.

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