Der Feuerwerksprofi hat nicht einen Termin
Corona-Krise leerte dem Spezialisten für Himmelsspektakel schon 2020 das Auftragsbuch. Im neuen Jahr sieht’s nicht besser aus.
Oliver Wetzsteins Kapital liegt in einem Sandsteinfelsen. In einem Stollen, dessen Lage aus Sicherheitsgründen geheim bleiben muss, lagert Feuerwerk für eine halbe Million Euro. Es sind die Reste von Silvester, die in Sonderverkäufen vor dem Jahreswechsel an den Mann gebracht werden sollten und wegen des Corona-bedingten
Verbots keine Abnehmer fanden.
Wetzstein ist Feuerwerker von Beruf, verdient sein Geld aber nicht nur mit Silvester-Ware, sondern mit Großfeuerwerken bei Veranstaltungen, die er ganzjährig zündet, wenn es nicht gerade auch verboten ist. Der 47-Jährige hat schwere Monate hinter sich. 2020 wurden all seine Aufträge abgesagt.
So sollte Wetzstein in Dubai ein Hafenfest mit Feuerwerk verzaubern. Es fiel der Pandemie zum Opfer. „Normalerweise wären im Oktober die Aufträge für 2021 gekommen. Doch wo die Veranstalter ihre Feste absagen müssen, machen sie natürlich auch kein Feuerwerk. Aktuell haben wir keinen einzigen Auftrag für 2021“, sagt Wetzstein und steht in seinem Stollen vor Kisten, die sich bis zur Decke stapeln.
Hunderte Kilo Feuerwerkskörper lagert er dort, eigens für ihn hergestellte Batterien, Raketen und Großfeuerwerke für gewerbliche Zwecke. „Von Kindheit an hat mich Feuerwerk
immer enorm fasziniert. Erlernt habe ich den Beruf des Schriftsetzers. Ich arbeitete in Völklingen, wo mein Vater drei Jahrzehnte eine Lithoanstalt betrieb. Als dann die Computer die privaten Wohnzimmer eroberten und Grafikprogramme
den Markt eroberten, brauchte irgendwann keiner mehr unsere Druckvorlagen. Die Firma wurde aufgegeben. Ich machte alle notwendigen Ausbildungen zum Feuerwerker und bin seit 1998 selbstständig“, erzählt Wetzstein, der die
Firma Drumm in Saarlouis übernahm und im Regionalverband seine Bestände lagert.
Dabei ist er froh, dass er überhaupt Lagerkapazitäten hat, denn das nicht verkaufte Feuerwerk der Discounter sei momentan bundesweit ein noch nicht gelöstes Riesenproblem. Feuerwerk könne man nämlich nicht einfach in Containern irgendwo abstellen.
Das Gefahrgut erfordere besondere Lagerbedingungen. „Ich bin froh, dass ich Anfang 2020 keine Neuware bestellt hatte. Die hätte ich jetzt nicht verkaufen können“, berichtet der Feuerwerker und prüft gerade, ob er die Unternehmenshilfen in Anspruch nehmen kann, auch wenn die dort geltenden Höchstbeträge seine Verluste nicht auffangen könnten.
„Es wäre ein wichtiger Beitrag zu den Fixkosten. Ansonsten haben wir zum Glück Rücklagen, die aber auch nicht ewig halten. 2021 muss es irgendwo noch mal neue Umsätze geben“, sagt er. Sonst sei sein Unternehmen in Gefahr. „Die Franzosen haben das Geschäft ihres Lebens gemacht“, berichtet er mit Blick über die Grenze. Dort hätten viele Deutsche ihr Feuerwerk kaufen können. Er selbst habe alle geplanten Verkaufsstellen nicht öffnen können.
Den öffentlich diskutierten Vorschlag, das Feuerwerk in den Mai zu verlegen, hält er für eine Schnapsidee: „An Silvester hat Feuerwerk eine Tradition, an einem Feuerwerk im Mai würden sich nur ein paar Feuerwerksverrückte beteiligen. Aber für die wird bestimmt kein Gesetz geändert.“
Wetzstein hofft auf eine ausgelassene Party an der Schwelle zum Jahr 2022, wenn man die Pandemie überwunden und wieder einen guten Grund zum Feiern habe. Diese Hoffnung teilt er sicher mit ganz vielen Menschen.
„An Silvester hat Feuerwerk eine Tradition, an einem Feuerwerk im Mai würden sich nur ein paar Feuerwerksver
rückte beteiligen.“
Oliver Wetzstein