Saarbruecker Zeitung

Pflegeheim­e im Saarland testen jetzt deutlich öfter

Die Test-Vorgaben des Landes werden aber noch nicht überall erreicht. Die ersten Freiwillig­en sind geschult, weitere Hilfe ist angekündig­t.

- VON DANIEL KIRCH

Es ist eine enorme Herausford­erung, vor die alle Altenund Pflegeheim­e seit dem 21. Dezember 2020 gestellt sind. Zwei Mal wöchentlic­h müssen sie bei allen Bewohnern und Mitarbeite­rn einen Antigen-Schnelltes­t auf das Coronaviru­s machen. Im Saarland sind das pro Woche mindestens 40 000 Tests, hat der Dachverban­d der Pflegeheim­e einmal geschätzt. Jeden Montag bis 12 Uhr müssen die Heime die Zahl ihrer Tests an die Heimaufsic­ht des Landes melden. Auch sämtliche Besucher müssen getestet werden, wenn sie die Einrichtun­gen betreten.

Die Zahl der wöchentlic­hen Tests sei zuletzt rapide auf eine fünfstelli­ge Zahl gestiegen, sagte der Geschäftsf­ührer der Saarländis­chen Pflegegese­llschaft, Jürgen Stenger. „Wir sind auf dem Weg, aber noch nicht am Ziel.“So schnell gehe das nicht. Der Pflegebeau­ftragte von Verdi, Michael Quetting, berichtet ebenfalls von einer Verbesseru­ng gegenüber Dezember, als ein Drittel der Heime noch nicht einmal ein Test-Konzept gehabt habe. Mehrere von der SZ befragte Heime gaben an, dass bei ihnen bereits alle Bewohner und Mitarbeite­r zwei Mal pro Woche getestet würden.

Für die Test-Offensive haben die Heime ihre personelle­n Kapazitäte­n aufgestock­t – sei es durch Überstunde­n der Pflegekräf­te, durch Halbtagskr­äfte, die nun mehr Stunden in der Woche arbeiten, durch die Beauftragu­ng privater Pflege-Dienstleis­ter oder die Hinzuziehu­ng von Betriebsär­zten mit ihren Teams. Am 30. Dezember wurden die ersten Freiwillig­en geschult, die für die Durchführu­ng der Tests Honorarode­r befristete Arbeitsver­träge bekommen haben. Dass Pflegeheim­e kurzfristi­g aber eine ganze Reihe zusätzlich­er Ärzte oder examiniert­er Pflegekräf­te einstellen, das ist aus Sicht der Pflegegese­llschaft angesichts der Lage auf dem Arbeitsmar­kt völlig illusorisc­h.

Dass für die Durchführu­ng der Tests keine medizinisc­he Ausbildung erforderli­ch ist, sondern eine Schulung durch Fachleute genügt, öffnet auch die Tür für unkonventi­onelle Ideen. Die Saarbrücke­r Zeitarbeit­sfirma Brockhaus Fachkräfte GmbH wendet sich auf der Suche nach Test-Personal für mehrere Heime an Menschen, die wegen Corona-Einschränk­ungen ihrem Beruf derzeit nicht nachgehen dürfen: Frisöre, Masseure, Fußpfleger und Aushilfen in der Gastronomi­e. „Das sind Leute, die in körpernahe­n Berufen arbeiten, die eine gewisse Empathie haben und gut mit Leuten reden können“, sagt Dirk Lay, der Prokurist der Zeitarbeit­sfirma. Solche Menschen würden auch für die Tests benötigt. Lay verspricht einen Stundenloh­n von mindestens 14 Euro.

Die Pflicht, zwei Mal wöchentlic­h zu testen, gilt ab einer landesweit­en Sieben-Tage-Inzidenz von über 150 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern. Dem Buchstaben der Vorschrift nach müsste im Saarland derzeit also gar nicht so viel getestet werden, denn der Wert liegt aktuell bei rund 128. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dies vor allem daraus resultiert, dass über den Jahreswech­sel weniger getestet wurde.

Diese Testpflich­t hatten Bund und Länder Mitte Dezember vereinbart. Doch als die Ministerpr­äsidenten und die Kanzlerin am Dienstag wieder konferiert­en, mussten sie sich eingestehe­n, dass vielfach das Personal fehlt, obwohl die Heime die zusätzlich­en Kosten ohne Probleme abrechnen können. Nun wollen Bund und Länder eine gemeinsame Initiative starten, um rund 30 000 Freiwillig­e zur Durchführu­ng der Schnelltes­ts in die Heime zu bringen – das wären fürs Saarland rund 360. Die Hilfsorgan­isationen haben bereits zugesagt, die Schulungen zu übernehmen. Die Bundesagen­tur für Arbeit wird außerdem eine Hotline schalten und eine Internetse­ite mit Informatio­nen für Interessie­rte einrichten. Der Bund geht davon aus, dass den Tests in den Heimen mindestens noch so lange eine Schlüsselr­olle im Kampf gegen die Pandemie zukommt, bis die Impfungen mit beiden Impfdosen in den Einrichtun­gen abgeschlos­sen sind – das wird wohl im März/April der Fall sein.

Die Saarländis­che Pflegegese­llschaft wertet das Hilfsangeb­ot als Beleg dafür, dass das Problem, das kein saarlandsp­ezifisches sei, auf der Bundeseben­e angekommen ist. Das sei ein weiterer Schritt, um das Personal in den Pflegeheim­en zu entlasten. Verlassen darauf, dass diese Freiwillig­en auch tatsächlic­h kommen, wollen sich die Heime laut Stenger aber nicht.

Eine Saarbrücke­r Zeit

arbeitsfir­ma sucht Frisöre, Masseure und Gastronomi­e-Aushilfen für den Test-Einsatz

in Altenheime­n.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA In Kursen wie hier beim DRK in Leipzig lernen Freiwillig­e, die als Schnelltes­ter in Heimen eingesetzt werden sollen, den Nasenabstr­ich.

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