Merkel beschwört die Harmonie in der Union
Kanzlerin Merkel sieht bei der CSU-Klausurtagung das Verhältnis der CDU zur Schwesterpartei nach einigen Unstimmigkeiten auf einem guten Weg.
Kanzlerin Merkel sieht das Verhältnis von CDU und CSU derzeit auf gutem Wege. Die Beziehungen beider Parteien seien „ein lebendiges Buch“, sagte sie bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe.
Die Kanzlerin lächelt: „Merkel und CSU, das ist ein lebendiges Buch geworden über die vielen Jahre mit verschiedenen Kapiteln“, sagt Angela Merkel auf die Frage, wie sich ihr persönliches Verhältnis zur Schwesterpartei gestalte. Wie wahr. Die CDU-Kanzlerin, ehemals Parteivorsitzende der großen Schwester, und die Bayern: Das ist wahrlich eine Beziehung mit vielen Höhen, aber vor allem vielen Tiefen.
Doch seit der Corona-Pandemie hat sich das geändert. So formuliert es auch die Kanzlerin an diesem trüben Donnerstagmorgen, an dem sie zu der Tagung der CSU-Landesgruppe am Berliner Alexanderplatz virtuell zu Gast ist. Das Kapitel, das man seit geraumer Zeit gestalte, sei ein „Kapitel der Gemeinsamkeit“– bei allen Unterschieden. Und „auch des Versuchs des gegenseitigen Verständnisses, warum wer wie agiert, also durchaus ein Kapitel bei dem wir auch aus den vergangenen Ereignissen gelernt haben“, fügt Merkel nachdenklich hinzu.
Im Augenblick aber sei die Zusammenarbeit mit der bayerischen Staatskanzlei als auch mit der CSU-Landesgruppe eine sehr „erfolgs
oder resultatsbringende Zusammenarbeit, in der man viel zusammen geschafft hat“, sagt sie auf Nachfrage. Ein typischer, undurchdringlicher Merkel-Satz.
Fest machen kann man das an einem gewachsenen Vertrauensverhältnis zwischen Söder und Merkel in der Zeit der gemeinsamen Pandemiebekämpfung. Söder hat sich und sein Bild gewandelt, betont ununterbrochen, wie viel er von Merkel gelernt habe, wie sicher sie das Land durch die Krise steuere.
Söder lobte am Vortag bei seinem Auftritt an gleichem Ort in Berlin die Kanzlerin, „was Kondition, Weitsicht, Durchsetzungskraft betrifft, aber auch Empathie in der Politik“. „Ich glaube, die Bundeskanzlerin wird uns in der deutschen Politik und in der Führung der Politik sehr fehlen“, sagte Söder. Hört, Hört. Vor gut fünf Jahren, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, erschien die Kanzlerin auf einem CSU-Parteitag in München und musste sich auf offener Bühne für ihre Flüchtlingspolitik abkanzeln lassen. Der damalige CSU-Vorsitzende Horst Seehofer verzichtete sogar darauf, ihr einen Platz anzubieten.
2018 gipfelte dann ein Streit, ebenfalls über die Flüchtlingspolitik und die Zurückweisung von Migranten an der Grenze, in ein Desaster. Die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU stand auf dem Spiel. Merkel und Seehofer gelang es auch aufgrund persönlicher Vorbehalte nicht, ihr Verhältnis zu klären und den Streit zu schlichten. Treiber im Hintergrund waren damals Landesgruppen-Chef Alexander Dobrindt und eben Söder. Die Attacken der Schwesterpartei haben Merkel damals tief getroffen, sie empfand das Vorgehen der CSU auch mit Blick auf die damals erstarkende AfD als verstörend.
Die CSU erlitt bei der folgenden Landtagswahl einen erheblichen Dämpfer und schwenkte inhaltlich und auch persönlich um. Söder und Merkel – das ist seit den gemeinsam absolvierten Ministerpräsidentenkonferenzen im vergangenen Jahr keine persönliche Freundschaft geworden. Aber der gegenseitige Respekt ist gewachsen, Vertrauen wurde aufgebaut. Dass Merkel im Sommer das bayerische Kabinett und Söder im Schloss Herrenchiemsee besuchte, war ein Ausdruck dieser engeren Verbindung.
Zu Beginn der Tagung äußerte sich Merkel zu den Vorfällen in Washington und gab dem abgewählten US-Präsidenten Donald Trump eine Mitschuld am Sturm von dessen Anhängern auf das Kapitol. Die verstörenden Bilder von der Erstürmung des Kongresses hätten sie „wütend und auch traurig gemacht“, sagte Merkel. „Ich bedauere sehr, dass Präsident Trump seine Niederlage seit November nicht eingestanden hat und auch gestern wieder nicht. Zweifel am Wahlausgang wurden geschürt“, sagte Merkel weiter. „Das hat natürlich die Atmosphäre bereitet, in der dann auch solche Ereignisse, solche gewalttätigen Ereignisse möglich sind.“