Kaum Ausnahmen von harten Kontaktregeln
Das Saarland setzt die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern um, mildert sie aber für Härtefälle.
(gö) Mit einer neuen Rechtsverordnung, die ab Montag in Kraft tritt, setzt das Saarland die am Dienstag zwischen Bund und Ländern vereinbarten schärferen Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie um. Das hat der Ministerrat am Donnerstag beschlossen. Allerdings soll es Ausnahmen für Härtefälle geben.
Auch stellte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in Aussicht, die Schulen schrittweise wiederzueröffnen, wenn die Zahl der Neuinfektionen innerhalb einer Woche pro 100 000 Einwohner unter 100 fällt. Am Donnerstag lag dieser Inzidenzwert nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei 141,1. Es wurden 292 neue Corona-Fälle gemeldet, 16 weitere mit dem Virus Infizierte starben. Hans nannte dies erschreckend. Deshalb sei es „zwingend erforderlich, Kontakte zu beschränken“. So dürfen sich ab Montag Menschen, die in einem Haushalt leben, nur noch mit maximal einer Person treffen, die nicht dem Haushalt angehört, und umgekehrt. Um Härten zu vermeiden, dürften aber beispielsweise Eltern auch mehrere Kinder zur Betreuung zu den Großeltern bringen, die in einem anderen Haushalt leben oder schwer Kranke Besuch von mehreren Angehörigen erhalten. Außerdem, betonte der Ministerpräsident, soll es Eltern aus zwei Familien erlaubt sein, ihre Kinder gegenseitig zu betreuen.
Wenn in einem Landkreis oder dem Regionalverband der Inzidenzwert länger als drei Tage über 200 liegt, darf man Ausflüge nur noch im Umkreis von maximal 15 Kilometern machen. Auch hier habe das Saarland die Bund-Länder-Vorgabe abgemildert und die Regel auf touristische Aktivitäten beschränkt, sagte Hans.
Am Freitag will der Landtag über die Corona-Verordnung beraten. Sie soll zunächst bis 24. Januar gelten.
Die Ansage aus Berlin am Dienstag war klar: Der Lockdown wird nicht beendet. Ganz im Gegenteil. Einige Maßnahmen haben die Ministerpräsidenten gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sogar deutlich verschärft, um die Ausbreitung des Coronavirus zu drosseln. Der saarländische Ministerrat hat nun am Donnerstag in einer Sondersitzung getagt, um die Corona-Lockdown-Beschlüsse in eine Landes-Verordnung zu gießen. Dabei hat er die Berliner Beschlüsse teilweise entschärft.
So legt die saarländische Ministerrunde die Kontaktregelung zwischen zwei Haushalten nicht ganz so hart aus, will dadurch das wechselseitige Betreuen von Kindern, von Kranken und Pflegebedürftigen ermöglichen. Auch der Präsenz-Unterricht in Schulen soll im Saarland zumindest für die Schüler in Abschlussklassen wieder möglich sein (wir berichteten). Und auch die 15-Kilometer-Regel legen die Saar-Minister nicht ganz so streng aus, wie sie Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und seine Kollegen am Dienstag mit der Kanzlerin beschlossen hatten. Ab Montag gelten die neuen Verordnungen im Saarland zunächst für zwei Wochen. Aber faktisch bis 31. Januar, denn Hans kündigte bereits an, sie zu verlängern.
Er stellte sie am Donnerstag gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Anke Rehlinger (SPD) auf einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Saarbrücken vor. Zum Beispiel die Verordnung zur Kontaktregelung: „Private Zusammenkünfte werden nur noch im Kreis der Angehörigen des eigenen Haushaltes sowie mit einer zusätzlichen Person gestattet sein“, sagte Hans noch am Dienstag nach der Konferenz mit der Kanzlerin. Auch am Donnerstag verteidigte er die Regel als „wichtig und richtig. Wir haben heute im Saarland 16 Tote, gestern 20. Es ist zwingend erforderlich, die Kontakte zu reduzieren“, sagte Hans. Und forderte: „Bleiben Sie zu Hause, versuchen Sie, Kontakte so gut es geht, zu vermeiden“. Nur Alleinstehende sollen sich mal mit Angehörigen anderer Haushalte treffen, „um nicht zu vereinsamen“, sagte Hans. „Die Kontaktreduzierung ist derzeit unser schärfstes Schwert im Kampf gegen Corona, sagte Hans. In Reinform würde diese Regel aber ausschließen, dass Nachbarn sich untereinander bei der Kinderbetreuung helfen können oder Menschen sich in der Pflege unterstützen. Gerade in der Pandemiezeit sehr wichtig. Hans versicherte daher am Donnerstag, dass die verschärfte Kontaktregel im Saarland zwar grundsätzlich gelte, dass sie auch hart sei, eine wechselseitige Kinderbetreuung zwischen zwei festen Familien aber möglich sein soll. „Wie in Bayern können auch im Saarland feste Betreuungsgemeinschaften gebildet werden“, versprach Hans. „Uns ist wichtig, das Signal zu senden, dass niemand mit einer ungeklärten Betreuungssituation alleine gelassen wird“, sagte Rehlinger, „daher haben wir die Ausnahmen formuliert.“Von zwei Kindern nur eines zur Oma, „sei nicht gewollt“, so Rehlinger. „Aber wenn es anders möglich ist, bitte.“
Die Bundesrunde hat ebenso beschlossen, dass die Länder für Kreise, in denen sich binnen sieben Tagen mehr als 200 Menschen pro 100 000 Einwohner neu infiziert haben, den Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzen. Das gilt ab Montag, 11. Januar. Auch im Saarland. Wenn der Wert drei Tage so hoch ist. Der Ministerrat hat die Bewegungsfreiheit jedoch ausschließlich auf den Tagestourismus im Saarland beschränkt, will so Menschenansammlungen wie zuletzt am Peterberg verhindern (wir berichteten). Derzeit hat eh kein Landkreis im Saarland einen solch hohen Inzidenzwert aufzuweisen. Spitzenreiter war am Mittwoch Saarlouis mit einem Wert von 158. Ziel sei der Inzidenzwert von 50, sagte Hans. Ab da können Gesundheitsämter „Kontakte nachverfolgen.“In den aktuellen Zahlen gebe es noch Vakanzen. Welche Auswirkungen die Feiertage auf das Infektionsgeschehen hatten. sei noch unklar, dazu komme die Mutation des Virus, die zu einer stärkeren Ausbreitung führe.
Noch am Dienstag sagte Hans, dass die Schulen im Saarland „definitiv im Januar nicht mehr zum Präsenzunterricht zurückkehren“würden. Erst im Rahmen der nächsten Bund-Länder-Gespräche „soll über einen Stufenplan zur sukzessiven Öffnung der Schulen beraten werden.“Also Anfang Februar. Doch bereits einen Tag später, am Mittwochabend, erklärte Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), im Saarland Abschlussklassen in den Schulen unterrichten zu lassen (wir berichteten/ siehe auch Seite B 3). „Im Rahmen einer Gesamtabwägung ist das die richtige Entscheidung“, sagte Rehlinger. „Wie wäre die Vorbereitung sonst möglich, um nicht von einer Generation Corona sprechen zu müssen?“Dies „ist uns ausgesprochen wichtig“, sagte auch Hans. Und: Die Kinder der anderen Klassenstufen sollen die ersten sein, die „wieder Lockerungen erfahren“, betonte Hans. Das könne ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Infektionen sein.
Die Kitas im Lande sind zwar wie die Schulen für Notbetreuungen offen, Familien sollen ihre Kinder aber nach Möglichkeit zu Hause betreuen. Die Landesregierung erlasse die Kitagebühren bis Ende des Monats. „Ab dem 10. Januar“, sagte Hans. Auch, um die Eltern zu motivieren, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. „Wir bitten, ja darum, eine Leistung nicht in Anspruch zu nehmen“, daher die Entlastung, erklärte Rehlinger.
Sie fordert als Wirtschaftsministerin auch Unternehmer auf, ihre „Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken,“auch da sei „noch Luft nach oben.“Auch dort könnten noch Kontakte reduziert werden. Und genau darum geht es.