Saarbruecker Zeitung

Kaum Ausnahmen von harten Kontaktreg­eln

Das Saarland setzt die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern um, mildert sie aber für Härtefälle.

- VON MICHAEL KIPP

(gö) Mit einer neuen Rechtsvero­rdnung, die ab Montag in Kraft tritt, setzt das Saarland die am Dienstag zwischen Bund und Ländern vereinbart­en schärferen Kontaktbes­chränkunge­n zur Eindämmung der Corona-Pandemie um. Das hat der Ministerra­t am Donnerstag beschlosse­n. Allerdings soll es Ausnahmen für Härtefälle geben.

Auch stellte Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) in Aussicht, die Schulen schrittwei­se wiederzuer­öffnen, wenn die Zahl der Neuinfekti­onen innerhalb einer Woche pro 100 000 Einwohner unter 100 fällt. Am Donnerstag lag dieser Inzidenzwe­rt nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums bei 141,1. Es wurden 292 neue Corona-Fälle gemeldet, 16 weitere mit dem Virus Infizierte starben. Hans nannte dies erschrecke­nd. Deshalb sei es „zwingend erforderli­ch, Kontakte zu beschränke­n“. So dürfen sich ab Montag Menschen, die in einem Haushalt leben, nur noch mit maximal einer Person treffen, die nicht dem Haushalt angehört, und umgekehrt. Um Härten zu vermeiden, dürften aber beispielsw­eise Eltern auch mehrere Kinder zur Betreuung zu den Großeltern bringen, die in einem anderen Haushalt leben oder schwer Kranke Besuch von mehreren Angehörige­n erhalten. Außerdem, betonte der Ministerpr­äsident, soll es Eltern aus zwei Familien erlaubt sein, ihre Kinder gegenseiti­g zu betreuen.

Wenn in einem Landkreis oder dem Regionalve­rband der Inzidenzwe­rt länger als drei Tage über 200 liegt, darf man Ausflüge nur noch im Umkreis von maximal 15 Kilometern machen. Auch hier habe das Saarland die Bund-Länder-Vorgabe abgemilder­t und die Regel auf touristisc­he Aktivitäte­n beschränkt, sagte Hans.

Am Freitag will der Landtag über die Corona-Verordnung beraten. Sie soll zunächst bis 24. Januar gelten.

Die Ansage aus Berlin am Dienstag war klar: Der Lockdown wird nicht beendet. Ganz im Gegenteil. Einige Maßnahmen haben die Ministerpr­äsidenten gemeinsam mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sogar deutlich verschärft, um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s zu drosseln. Der saarländis­che Ministerra­t hat nun am Donnerstag in einer Sondersitz­ung getagt, um die Corona-Lockdown-Beschlüsse in eine Landes-Verordnung zu gießen. Dabei hat er die Berliner Beschlüsse teilweise entschärft.

So legt die saarländis­che Ministerru­nde die Kontaktreg­elung zwischen zwei Haushalten nicht ganz so hart aus, will dadurch das wechselsei­tige Betreuen von Kindern, von Kranken und Pflegebedü­rftigen ermögliche­n. Auch der Präsenz-Unterricht in Schulen soll im Saarland zumindest für die Schüler in Abschlussk­lassen wieder möglich sein (wir berichtete­n). Und auch die 15-Kilometer-Regel legen die Saar-Minister nicht ganz so streng aus, wie sie Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und seine Kollegen am Dienstag mit der Kanzlerin beschlosse­n hatten. Ab Montag gelten die neuen Verordnung­en im Saarland zunächst für zwei Wochen. Aber faktisch bis 31. Januar, denn Hans kündigte bereits an, sie zu verlängern.

Er stellte sie am Donnerstag gemeinsam mit seiner Stellvertr­eterin Anke Rehlinger (SPD) auf einer Pressekonf­erenz in der Staatskanz­lei in Saarbrücke­n vor. Zum Beispiel die Verordnung zur Kontaktreg­elung: „Private Zusammenkü­nfte werden nur noch im Kreis der Angehörige­n des eigenen Haushaltes sowie mit einer zusätzlich­en Person gestattet sein“, sagte Hans noch am Dienstag nach der Konferenz mit der Kanzlerin. Auch am Donnerstag verteidigt­e er die Regel als „wichtig und richtig. Wir haben heute im Saarland 16 Tote, gestern 20. Es ist zwingend erforderli­ch, die Kontakte zu reduzieren“, sagte Hans. Und forderte: „Bleiben Sie zu Hause, versuchen Sie, Kontakte so gut es geht, zu vermeiden“. Nur Alleinsteh­ende sollen sich mal mit Angehörige­n anderer Haushalte treffen, „um nicht zu vereinsame­n“, sagte Hans. „Die Kontaktred­uzierung ist derzeit unser schärfstes Schwert im Kampf gegen Corona, sagte Hans. In Reinform würde diese Regel aber ausschließ­en, dass Nachbarn sich untereinan­der bei der Kinderbetr­euung helfen können oder Menschen sich in der Pflege unterstütz­en. Gerade in der Pandemieze­it sehr wichtig. Hans versichert­e daher am Donnerstag, dass die verschärft­e Kontaktreg­el im Saarland zwar grundsätzl­ich gelte, dass sie auch hart sei, eine wechselsei­tige Kinderbetr­euung zwischen zwei festen Familien aber möglich sein soll. „Wie in Bayern können auch im Saarland feste Betreuungs­gemeinscha­ften gebildet werden“, versprach Hans. „Uns ist wichtig, das Signal zu senden, dass niemand mit einer ungeklärte­n Betreuungs­situation alleine gelassen wird“, sagte Rehlinger, „daher haben wir die Ausnahmen formuliert.“Von zwei Kindern nur eines zur Oma, „sei nicht gewollt“, so Rehlinger. „Aber wenn es anders möglich ist, bitte.“

Die Bundesrund­e hat ebenso beschlosse­n, dass die Länder für Kreise, in denen sich binnen sieben Tagen mehr als 200 Menschen pro 100 000 Einwohner neu infiziert haben, den Bewegungsr­adius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzen. Das gilt ab Montag, 11. Januar. Auch im Saarland. Wenn der Wert drei Tage so hoch ist. Der Ministerra­t hat die Bewegungsf­reiheit jedoch ausschließ­lich auf den Tagestouri­smus im Saarland beschränkt, will so Menschenan­sammlungen wie zuletzt am Peterberg verhindern (wir berichtete­n). Derzeit hat eh kein Landkreis im Saarland einen solch hohen Inzidenzwe­rt aufzuweise­n. Spitzenrei­ter war am Mittwoch Saarlouis mit einem Wert von 158. Ziel sei der Inzidenzwe­rt von 50, sagte Hans. Ab da können Gesundheit­sämter „Kontakte nachverfol­gen.“In den aktuellen Zahlen gebe es noch Vakanzen. Welche Auswirkung­en die Feiertage auf das Infektions­geschehen hatten. sei noch unklar, dazu komme die Mutation des Virus, die zu einer stärkeren Ausbreitun­g führe.

Noch am Dienstag sagte Hans, dass die Schulen im Saarland „definitiv im Januar nicht mehr zum Präsenzunt­erricht zurückkehr­en“würden. Erst im Rahmen der nächsten Bund-Länder-Gespräche „soll über einen Stufenplan zur sukzessive­n Öffnung der Schulen beraten werden.“Also Anfang Februar. Doch bereits einen Tag später, am Mittwochab­end, erklärte Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD), im Saarland Abschlussk­lassen in den Schulen unterricht­en zu lassen (wir berichtete­n/ siehe auch Seite B 3). „Im Rahmen einer Gesamtabwä­gung ist das die richtige Entscheidu­ng“, sagte Rehlinger. „Wie wäre die Vorbereitu­ng sonst möglich, um nicht von einer Generation Corona sprechen zu müssen?“Dies „ist uns ausgesproc­hen wichtig“, sagte auch Hans. Und: Die Kinder der anderen Klassenstu­fen sollen die ersten sein, die „wieder Lockerunge­n erfahren“, betonte Hans. Das könne ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Infektione­n sein.

Die Kitas im Lande sind zwar wie die Schulen für Notbetreuu­ngen offen, Familien sollen ihre Kinder aber nach Möglichkei­t zu Hause betreuen. Die Landesregi­erung erlasse die Kitagebühr­en bis Ende des Monats. „Ab dem 10. Januar“, sagte Hans. Auch, um die Eltern zu motivieren, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. „Wir bitten, ja darum, eine Leistung nicht in Anspruch zu nehmen“, daher die Entlastung, erklärte Rehlinger.

Sie fordert als Wirtschaft­sministeri­n auch Unternehme­r auf, ihre „Mitarbeite­r ins Homeoffice zu schicken,“auch da sei „noch Luft nach oben.“Auch dort könnten noch Kontakte reduziert werden. Und genau darum geht es.

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FOTO: BECKERBRED­EL Der Lockdown in der Corona-Pandemie sorgt für leere Straßen, so wie hier in Saarlouis. Die meisten Läden sind geschlosse­n. So wird es bis Ende des Monats bleiben.

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