Saarbruecker Zeitung

Saarbrucke­n verliert vor Gericht in Streit um Ludwigspar­k

Landgerich­t gibt Antrag auf einstweili­ge Verfügung der Baufirma Gross gegen ausgesproc­hene Sperre von öffentlich­en Aufträgen statt.

- VON MICHAEL JUNGMANN

(mju) Das Landgerich­t Saarbrücke­n hat der Stadt Saarbrücke­n im Fall einer Sperre von öffentlich­en Aufträgen für die St. Ingberter Baufirma Peter Gross rechtwidri­ges Vorgehen bescheinig­t. Die Richter gaben einem Antrag des Unternehme­ns auf Erlass einer einstweili­gen Verfügung in vollem Umfang statt. Im Zusammenha­ng mit der Großbauste­lle am Saarbrücke­r Ludwigspar­k-Stadion hatte die Stadt die befristete Vergabespe­rre mit Verstößen gegen das Tariftreue­gesetz begründet.

Peinliche Schlappe für die Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n und deren Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n. Die vierte Zivilkamme­r unter Vorsitz von Richter Martin Jung hat einem Antrag der St. Ingberter Baufirma Peter Gross auf Erlass einer einstweili­gen Verfügung gegen die Stadt in vollem Umfang stattgegeb­en. Demnach darf die Stadt das Unternehme­n nicht von der Vergabe öffentlich­er Aufträge ausschließ­en, weder für die Dauer von fünf Jahren, was die Höchststra­fe nach dem saarländis­chen Tariftreue­gesetz bedeutet hätte, noch für einen kürzeren Zeitraum. So wollte die Stadt angebliche Verstöße gegen dieses Gesetz ahnden. Zwei rumänische Subunterne­hmen von Gross Bau sollen nach Feststellu­ngen des Hauptzolla­mtes einige Beschäftig­te nicht ordnungsge­mäß entlohnt haben. So sollen Eisenflech­ter, die auf der Großbauste­lle am Ludwigspar­k-Stadion im Einsatz waren, statt der vorgeschri­ebenen 15,20 Euro nur 12,20 Euro erhalten haben. Einige Arbeiter seien ganz leer ausgegange­n.

Zum Hintergrun­d: Im Millionenk­rach um den Bau des Saarbrücke­r Ludwigspar­k-Stadion fordert die St. Ingberter Firma Gross bereits seit Monaten, dass die Stadt Saarbrücke­n endlich offene Rechnungen über rund 850 000 Euro bezahlt. Die Stadt allerdings argumentie­rt letztlich, die abgeliefer­te Arbeit sei mangelhaft und die Forderunge­n unberechti­gt. In diesem Zusammenha­ng und in der öffentlich­en Auseinande­rsetzung wurde schließlic­h auch eine Strafe in Höhe von rund einer Million Euro angekündig­t und der Ausschluss von öffentlich­en Aufträgen ausgesproc­hen. Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) hat den Rechtsanwa­lt Martin Welker, der ursprüngli­ch sein Wunschkand­idat für die Stelle des städtische­n Baudezerne­nten war, als Krisenmana­ger an der Großbauste­lle Ludwigspar­k eingesetzt. Welker ist jetzt Geschäftsf­ührer der städtische­n Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nskommunik­ation (GIU).

Nach Angaben eines Gerichtssp­rechers wurde die verhängte Vergabespe­rre komplett von den Richtern aufgehoben. Sie sei rechtswidr­ig.

Das Gericht hatte bereits am 21. Dezember in diesem Fall mündlich verhandelt. Damals stellten die Richter in erster Linie die Frage nach der Verhältnis­mäßigkeit der verhängten Sanktion, etwa weil im Vorfeld seitens der Stadt kein Kontakt mit der betroffene­n Firma aufgenomme­n worden war und diese auch bislang wegen vergleichb­arer Verstöße nicht aufgefalle­n war.

Nach der mündlichen Verhandlun­g hat die Stadt Saarbrücke­n, so der Gerichtssp­recher, in einem Schriftsat­z über ihren Anwalt Markus

Groß angekündig­t, die Vergabespe­rre auf nur noch 14 Monate zu reduzieren. Auch diese Kürzung sei unangemess­en und nicht verhältnis­mäßig, urteilen die Zivilricht­er. Sie haben zudem angeordnet, dass eine Meldung der Landeshaup­tstadt an das Wirtschaft­s- und Arbeitsmin­isterium, wonach Gross Bau in ein Register der Firmen aufgenomme­n wird, die von der öffentlich­en Auftragsve­rgabe ausgeschlo­ssen sind. Auch diese Mitteilung sei rechtwidri­g und zurückzune­hmen.

Rechtsanwa­lt Markus Gross, Prozessbev­ollmächtig­ter der Stadt, teilte auf Anfrage mit, die festgestel­lten Verstöße gegen das Tariftreue­gesetz seien nicht mehr bestritten worden. „Aus grundsätzl­ichen Erwägungen und zur Verteidigu­ng des saarländis­chen Tariftreue­gesetzes“sowie eines fairen Wettbewerb­s prüfe die Stadt jetzt, ob gegen das Urteil Berufung zum Oberlandes­gericht eingelegt werde.

Philipp Gross, Chef der St. Ingberter Unternehme­nsgruppe Gross mit 1400 Beschäftig­ten, zeigte sich zufrieden, dass das Gericht mit „außerorden­tlicher Eindeutigk­eit das Verhaltend der Stadt gerügt hat“, wie er erklärte. Die Stadt Saarbrücke­n sollte dies, so Gross, zum Anlass nehmen, zu einem rechtmäßig­en Verhalten zurückzuke­hren. Gross Bau habe „grundsätzl­ich kein Interesse, Rechtsstre­itigkeiten zu führen“, so der Unternehme­nschef.

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FOTO: ANDREAS SCHLICHTER Die Stadt Saarbrücke­n darf die Baufirma Gross nicht wegen angebliche­r Verstöße gegen das Tariftreue­gesetz beim Umbau des Saarbrücke­r Ludwigspar­k-Stadions von der Vergabe weiterer öffentlich­er Aufträge ausschließ­en.
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FOTO: BECKERBRED­EL Saarbrücke­ns Oberbürger meister Uwe Conradt.
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FOTO: AXL KLEIN Bauunterne­hmer Philipp Gross.

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