Saarbruecker Zeitung

Alpaka-Farm im verordnete­n Winterschl­af

Gut 100 Tiere müssen Christiane Groß und Rainer Frenkel auf ihrem Hof versorgen. Noch gelingt ihnen das trotz Corona-Zwangspaus­e.

- VON ANNABELLE THEOBALD

„Paloma, mach doch mal Platz“, sagt Christiane Groß und schiebt die Alpaka-Stute mit der wild gemusterte­n Wolle in Weiß und Braun im Gesicht an. Die kaut weiter unbeeindru­ckt auf einem Büschel Heu herum und macht ganz gemächlich einen Schritt zur Seite. Diese Gemütsruhe ist es, die die aus Südamerika stammenden Kleinkamel­e bei den Menschen so beliebt macht. Rund 100 Alpakas und Lamas –ihre größeren Verwandten – leben auf der Saar Alpaka Farm in St. Arnual. Zudem beherberge­n Groß und ihr Mann Rainer

Frenkel noch fünf Esel, drei Trampeltie­re sowie Kaninchen, Hunde und Katzen. Seit der Eröffnung der Farm im Jahr 2009 ist die Nachfrage nach den Erlebnis-Wanderunge­n mit den Tieren, die die Familie Frenkel/Groß das ganze Jahr über anbietet, stetig gewachsen. Mehrere Monate Wartezeit für einen der begehrten Termine für Alpaka-Picknicks und Schnuppert­ouren waren zuletzt keine Seltenheit. Wegen des neuerliche­n Lockdowns mussten Groß und Frenkel im November nicht nur wie schon im Frühjahr alle Wanderunge­n auf Eis legen, sondern auch den Hofladen schließen, in dem das Ehepaar vor allem Geschenkar­tikel und Strickware­n aus Alpakawoll­e anbietet.

Durchschni­ttlich rund 3500 Euro koste es pro Monat, die Tiere zu versorgen, erklärt Rainer Frenkel. Darin enthalten seien die Kosten für die Pacht, für Futter und die medizinisc­he Versorgung. Nicht eingerechn­et seien allerdings die Personalko­sten für die zwei Helfer auf der Farm. Das Geld für die Unterhaltu­ng des Hofes muss das Ehepaar mit den Wanderunge­n und mit Verkäufen im Hofladen erwirtscha­ften. „Im Sommer lief auch für einige Zeit alles wieder einigermaß­en normal“, erzählt Groß. Mit ein paar Anpassunge­n. Die Leinen wurden noch öfter desinfizie­rt, die Gruppen geteilt und wo nötig der Abstand angemahnt, erklärt Frenkel. „Aber sonst war es von Ende Juni bis Ende Oktober fast wie vorher“, ergänzt Groß. Nun erneut die Vollbremsu­ng. Insgesamt musste laut Frenkel etwa die Hälfte der geplanten Wanderunge­n im vergangene­n Jahr wegen der Pandemie-Maßnahmen abgesagt werden. Der Hofladen ist geschlosse­n. Und der Dezember hat nicht wie in den Vorjahren zusätzlich­e Erlöse durch Verkäufe auf den Saarbrücke­r Weihnachts­märkten gebracht. „Mit Panflöte und Lama in der Fußgängerz­one stehen muss ich noch nicht“, sagt Christiane Groß und lacht.

Das liegt vor allem daran, dass die

Bewirtscha­ftung der Farm für beide nur ihre Nebenbesch­äftigung ist – wenn auch eine fordernde. Groß arbeitet hauptberuf­lich am Staatsthea­ter als Inspizient­in, wo sie den reibungslo­sen Ablauf von Vorstellun­gen koordinier­t. Frenkel übernimmt normalerwe­ise die technische Produktion­sleitung bei Konzerten. Er habe gerade viel Zeit für die Tiere, sagt Frenkel mit einem halben Lächeln. Er versucht, der Situation das Beste abzugewinn­en. Groß war im vergangene­n Monat in Kurzarbeit, probt aber zurzeit wieder. „Wir sind sehr froh, dass wir diese Sicherheit nicht aufgegeben haben. Darüber hatten wir vor Corona durchaus schon einmal nachgedach­t“, erklärt sie.

Für ihren eigenen Lebensunte­rhalt reiche der Verdienst, für die Versorgung der Tiere auf Dauer nicht. Noch könnten sie sich aber gut über Wasser halten. „Viele Menschen haben in den vergangene­n Monaten Gutscheine gekauft, das gibt uns derzeit ein finanziell­es Polster“, erklärt Frenkel. Problemati­sch werde es erst, wenn die im Sommer abgewander­t würden und keine neuen Einnahmen reinkämen. Eine finanziell­e Konstante seien die Patenschaf­ten für die Tiere, sagt Groß. Viele Alpaka-Fans hätten angefragt, ob sie irgendwie helfen können und kleinere und größere Spenden getätigt. „Das hat uns auch gezeigt, dass die Menschen das hier wertschätz­en und darauf warten, dass wir wieder öffnen“, sagt Groß. „Das gibt uns Kraft“, fügt Frenkel hinzu.

„Es bleibt die Sorge, wann und unter welchen Bedingunge­n es weitergeht“, sagt Groß. Das Paar hofft, dass spätestens im März wieder erste Wanderunge­n angeboten werden können. Später als April wäre ein großes Problem. „Es geht aber nicht nur darum, Geld reinzukrie­gen. Die Leute brauchen auch mal wieder etwas Schönes. Und was wir tun, gibt uns ja auch wahnsinnig viel zurück“, erklärt Groß, die von Hamburg an die Saar kam.

Die Alpakas interessie­re das pandemisch­e Treiben dabei nicht die Bohne. „Die Tiere haben ja quasi Social Distancing erfunden“, sagt Christiane Groß. Denn: Allzu viel Körperkont­akt mögen die flauschige­n Tiere mit den Kullerauge­n nicht.

„Mit Panflöte und Lama in der Fußgängerz­one stehen muss ich noch nicht.“Christiane Groß Saar Alpaka Farm

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FOTO: SZ Wenn Christiane Groß und Rainer Frenkel mit der Leckerli-Schachtel rascheln, kommen ihre Alpaka-Stuten schnell gerannt. Die männlichen Exemplare weilten zur selben Zeit draußen auf der Weide. Rund 100 Alpakas und Lamas wohnen auf der Saar Alpaka Farm in St. Arnual.

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