Vom Praktikanten zum Cheftrainer – mit erst 27 Jahren
Der Münchner Johannes Lukas führt die schwedischen Biathleten an die Weltspitze. Schon 15 Podestplätze hat das Team in dieser Saison erreicht.
(dpa) 27 Jahre jung und schon Cheftrainer: Johannes Lukas sorgt mit Schwedens Biathleten derzeit für Furore. Vor dem an diesem Freitag in Oberhof beginnenden Doppel-Weltcup haben die Schweden in diesem Winter schon 15 Podestplätze erkämpft – zwei mehr als in der gesamten vergangenen Saison. Das Team um die Olympiasieger Sebastian Samuelsson (23) und Hanna Öberg (25) stand in diesem Winter fast doppelt so oft auf dem Podest wie die Sportler der deutschen Mannschaft. „Wir haben einen Rekordstart hingelegt, haben uns Jahr für Jahr gesteigert“, sagt Lukas: „Oberhof ist zum Reinkommen, Richtung Weltmeisterschaft wollen wir immer mehr in Form kommen.“
Im Corona-Winter sind die Schweden mit dem Charterflieger nach Thüringen gekommen. „Gesund bleiben, das ist diese Saison das Wichtigste. Das wird der Schlüssel zum Erfolg sein“, sagt Lukas: „Wir haben ein sehr gutes, ein eigenes Hygienekonzept. Es ist noch einmal deutlich härter als das vom
Weltverband.“So trifft der Trainer seine Sportler beispielsweise nur im Freien persönlich.
Seit Mai 2019 ist der Sportwissenschaftler als Nachfolger von Trainer-Routinier Wolfgang Pichler (65) für die Skijäger zuständig. Bei den schwedischen Olympia-Triumphen in Pyeongchang war er als Pichlers Helfer schon dabei, nun läuft sein Cheftrainer-Vertrag für Frauen und Männer bis 2022, bis nach den Winterspielen in Peking.
Kein Wunder, dass schon jetzt über einen Wechsel zum Deutschen Skiverband spekuliert wird. „Ich antworte immer das Gleiche: Ich bin sehr, sehr zufrieden und glücklich aktuell in Schweden. Ich habe ein Super-Team und fühle mich sehr wohl“, sagt Lukas: „Aber ich bin natürlich auch erst 27. Und ich kann mir vorstellen, irgendwann einmal bei einer anderen Nation zu arbeiten. Mein Karriereende ist noch weit entfernt.“Mittlerweile spricht der junge deutsche Trainer, der seine eigene Biathlon-Karriere aus Gesundheitsgründen schon mit 21 beenden musste, fließend schwedisch.
Seine Schweden-Karriere begann als Praktikant – unter Spionageverdacht. Pichler habe ihm erst einmal gesagt, „das geht nicht. Ich sei ja im deutschen System. Nicht, dass ich da was ausspioniere“, erzählt Lukas: „Dann hat er mich aber zwei Tage später angerufen und gesagt: Ich kenne deinen Papa gut. Ich unterstütze dich, du darfst mitkommen.“
2015 hatte Lukas bei den Schweden seine von der Technischen Universität München geforderte Abschlusshospitation gemacht, durfte sogar mit zum Weltcup. Nach dem ersten Jahr wurde er dann als Assistenztrainer übernommen, arbeitete drei Jahre eng mit Pichler zusammen. „Nachdem Wolfgang zurückgetreten ist, habe ich übernommen“, erinnert er sich.
Natürlich ist es dem Sportwissenschaftler nicht verborgen geblieben, dass immer wieder Vergleiche mit jungen Trainern im Sport – wie etwa Julian Nagelsmann (RB Leipzig/33) im Fußball oder Jaron Siewert (Füchse Berlin/26) im Handball – angestellt werden. „Ich habe mir überlegt, dass man nach der Saison, wenn Corona es zulässt, einen Kontakt aufbaut“, sagt Lukas: „Es ist sicherlich interessant, da wieder etwas zu lernen und sich weiterzubilden.“Vielleicht könnten dann beide Seiten profitieren: „Ich bin allgemein ein sehr offener Mensch, ich bin sehr interessiert und versuche, mich weiterzuentwickeln. So etwas könnte ich mir sehr gut vorstellen.“Mit mit weiteren Erfolg seiner Schweden – etwa in Oberhof – wird auch Lukas immer stärker im Rampenlicht stehen.