Saarbruecker Zeitung

Ermittler hoffen auf Klärung im Fall „Maddie“

- VON CHRISTIAN BRAHMANN

„Wir gehen davon aus, dass das Mädchen tot ist.“Hans Christian Wolters Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig

Das mysteriöse Verschwind­en der kleinen Maddie vor mehr als 13 Jahren steht seit einigen Monaten wieder im Fokus. Ein Zeugenaufr­uf im Juni nährte die Hoffnung auf Aufklärung. Seitdem steht ein mehrmals Vorbestraf­ter im Visier der Ermittler. Gelingt 2021 ein Durchbruch?

(dpa) „Wir beginnen mit einer Nachricht, die es in sich hat“, sagte Moderator Rudi Cerne an diesem Mittwochab­end Anfang Juni. Wenige Augenblick­e später wurde in der ZDF-Sendung „Aktenzeich­en XY... ungelöst“klar, dass es im Fall des vor gut 13 Jahren in Portugal verschwund­enen britischen Mädchens Madeleine „Maddie“McCann eine spektakulä­re Wendung gab. Die Ermittler gaben bekannt, dass ein Deutscher unter Mordverdac­ht steht. Was seitdem passierte, dürfte für alle Beteiligte­n ohne Beispiel sein.

Der aufsehener­regende Zeugenaufr­uf nährte die Hoffnung, den Fall doch noch lösen zu können. Das

Bundeskrim­inalamt (BKA) und die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig informiert­en darüber, dass der Verdächtig­e mehrmals wegen Sexualstra­ftaten auch an Kindern vorbestraf­t sei. Eine Resthoffnu­ng, Maddie auch nach so vielen Jahren noch lebend zu finden, verneinten die Ermittler allerdings. „Wir gehen davon aus, dass das Mädchen tot ist“, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig, Hans Christian Wolters, am Tag nach der Veröffentl­ichung.

Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährig­e Madeleine McCann aus einer Appartemen­tanlage im portugiesi­schen Praia da Luz, als die Eltern in einem nahe gelegenen Restaurant aßen. Das ungeklärte Schicksal des Mädchens sorgte weltweit für Schlagzeil­en. Seit vergangene­m Juni steht in diesem Fall der 44-jährige Deutsche im Fokus, der aktuell in einem niedersäch­sischen Gefängnis eine mehrjährig­e Haftstrafe für eine Vergewalti­gung absitzt.

Auch wegen des Zeugenaufr­ufs im Sommer laufen mittlerwei­le insgesamt vier Ermittlung­sverfahren gegen den Beschuldig­ten wegen verschiede­ner Sexual- und Gewaltstra­ftaten, wie Staatsanwa­lt Wolters Ende Dezember berichtete. Mit Blick auf 2021 sagte er, dass möglicherw­eise zumindest einzelne Ermittlung­en in diesem Jahr abgeschlos­sen werden könnten. „Ob

Anklage erhoben und dann auch öffentlich verhandelt wird, vermag ich nicht zu beurteilen“, räumte Wolters aber ein.

Wann und mit welchem Ergebnis die Ermittlung­en im Fall Maddie enden, ist nach Einschätzu­ng der Braunschwe­iger Strafverfo­lgungsbehö­rde

noch völlig offen. „Wir hoffen aber, dass wir das Verschwind­en Madeleine McCanns aufklären können“, sagte Wolters. Bisher fehlte ein entscheide­nder Beweis, und die Ermittler verwiesen auf einen tatsacheng­estützten Verdacht für den Tod des Mädchens. Eine Vernehmung des

Beschuldig­ten stehe derzeit noch aus und soll abhängig vom weiteren Gang der Ermittlung­en erfolgen.

Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig ist für den Fall zuständig, weil der Verdächtig­e seinen letzten deutschen Wohnsitz in der Stadt hatte. Das enorme mediale Interesse stellte alles in den Schatten, um das sich die Staatsanwa­ltschaft bisher zu kümmern hatte, sagte Wolters rückblicke­nd. In den ersten Tagen nach der Veröffentl­ichung gingen ihm zufolge vor allem britische Journalist­en bei der Staatsanwa­ltschaft ein und aus.

Aber auch ohne wesentlich­e Neuigkeite­n mit Bezug zu Maddie steht der Fall seit einem halben Jahr wieder im internatio­nalen Interesse. „Interviewa­nfragen kamen aus Australien, Russland, Israel, den USA und natürlich fast ganz Europa mit Schwerpunk­t Deutschlan­d, Großbritan­nien und Portugal“, fasste Staatsanwa­lt Wolters zusammen. Vor allem das bisherige Leben des Verdächtig­en wurde in unzähligen Berichten durchleuch­tet. Regelmäßig wurden seit Juni mehr Details über seine Vorgeschic­hte mit Drogendeli­kten und Diebstahl bekannt.

Seit November steht fest, dass der Verdächtig­e noch lange Zeit im Gefängnis sitzen wird. Der Bundesgeri­chtshofs (BGH) verwarf seine Revision gegen das Vergewalti­gungsurtei­l des Landgerich­ts Braunschwe­ig. Die sieben Jahre Haft wegen der Vergewalti­gung einer 72-jährigen US-Amerikaner­in sind damit rechtskräf­tig. Diese Tat hat der Mann nach Überzeugun­g der Richter im Jahr 2005 – rund anderthalb Jahre vor Maddies Verschwind­en – im portugiesi­schen Praia da Luz begangen.

 ?? FOTO: LUIS FORRA/DPA ?? Blumen stehen vor einem Bild, das die vermisste Madeleine McCann (Maddie) auf einem Foto zeigt, das ihre Eltern im Zusammenha­ng mit dem Verschwind­en des Kindes veröffentl­ich haben. Maddie ist mittlerwei­le seit mehr als 13 Jahren verschwund­en.
FOTO: LUIS FORRA/DPA Blumen stehen vor einem Bild, das die vermisste Madeleine McCann (Maddie) auf einem Foto zeigt, das ihre Eltern im Zusammenha­ng mit dem Verschwind­en des Kindes veröffentl­ich haben. Maddie ist mittlerwei­le seit mehr als 13 Jahren verschwund­en.

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