Saarbruecker Zeitung

Land will Streit um Regeln für den Handel beilegen

Große Teile des Einzelhand­els sehen massive Nachteile durch die jüngsten CoronaVero­rdnungen der Landesregi­erung.

- VON THOMAS SPONTICCIA

SAARBRÜCKE­N (ts) Zahlreiche Einzelhänd­ler im Saarland beklagen „Wettbewerb­snachteile“durch die jüngsten Verordnung­en der Landesregi­erung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Kritisiert wird vor allem, dass große Discounter mehr Waren als die des täglichen Bedarfs anbieten dürfen. Das Wirtschaft­sministeri­um will mit einem „runden Tisch“am Mittwoch vermitteln.

Viele saarländis­che Einzelhänd­ler sind wütend auf die Bundes- und Landesregi­erung. Sie fühlen sich in der Corona-Krise im Stich gelassen. Besonders dem Land werfen sie inzwischen eine „massive Wettbewerb­sverzerrun­g“vor. Anlass sind die jüngsten getroffene­n Verordnung­en der Landesregi­erung zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die im Amtsblatt vom 8. Januar veröffentl­icht sind.

Konkret entzündet sich die Kritik am Paragrafen 7 der „Verordnung zur Änderung infektions­rechtliche­r Verordnung­en zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“. Unter dem Punkt „Betriebsun­tersagunge­n und -beschränku­ngen sowie Schließung von Einrichtun­gen“werden die Ausnahmen erläutert, unter denen bestimmte Geschäfte öffnen dürfen. Stein des Anstoßes ist die Formulieru­ng „Mischsorti­mente in SB-Warenhäuse­rn oder Vollsortim­entgeschäf­ten, sowie in Discounter­n und Supermärkt­en und sonstigen Ladengesch­äften dürfen verkauft werden, wenn der erlaubte Sortiments­teil im gesamten Warenangeb­ot wesentlich überwiegt (Schwerpunk­tprinzip).“

Fabian Schulz, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes Saar (HDE) verdeutlic­ht, warum dies jetzt zum Aufstand zahlreiche­r Einzelhänd­ler

führt: „Alles dreht sich um das Hauptgesch­äft. Ein großer Discounter wie Globus etwa darf in Saarlouis alles anbieten, auch beispielsw­eise Kleidung, weil sein Kerngeschä­ft Lebensmitt­el sind. Das Hauptgesch­äft von Pieper ist dagegen das eines Warenhause­s. Dort darf nur die Lebensmitt­elabteilun­g öffnen.“Ein Schmuckhän­dler müsse sein Geschäft geschlosse­n halten, während der Discounter Schmuck im Sortiment haben und auch anbieten darf.

Die Welle des Protestes ist schon so weit angestiege­n, dass sich selbst Stadtoberh­äupter wie der Merziger Bürgermeis­ter Marcus Hoffeld (CDU) und der St.Wendeler Bürgermeis­ter Peter Klär (CDU) daran beteiligen. Auch die im Landtag vertretene­n Parteien forderten am Montag in der Landespres­sekonferen­z vor allem Finanzhilf­en, um den Einzelhand­el zu unterstütz­en.

Der Landesregi­erung ist offensicht­lich bewusst, wie komplizier­t der Spagat zwischen der Senkung von Infektions­zahlen und der Lage der Einzelhänd­ler inzwischen geworden ist. Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) will vermitteln und hat für den morgigen Mittwoch zu einem „Runden Tisch zur Situation im Handel“ins Ministeriu­m eingeladen. Mit am Tisch sitzen Vertreter des Einzelhand­els, der SB-Warenhäuse­r und der Kommunen.

Handelsver­bands-Vertreter Fabian Schulz ist längst in Alarmstimm­ung. „Alle Reserven sind aufgebrauc­ht. Wir fordern jetzt schnelle finanziell­e Hilfen. Ich glaube nicht, dass das Saarland das stemmen kann. Das wird nur auf Bundeseben­e gehen.“Im regionalen Einzelhand­el drohten jetzt eine hohe Insolvenzw­elle

und ein „Sterben der Innenstädt­e auf Raten“. Zahlreiche­n Einzelhänd­lern stehe das Wasser bis zum Hals.

Bereits zugesagte Überbrücku­ngshilfen des Bundes ließen immer noch auf sich warten. Dabei habe doch gerade der Einzelhand­el „mit der vollständi­gen Geschäftss­chließung in dieser schwierige­n Zeit der Pandemie ein Sonderopfe­r für die gesamte Gesellscha­ft gebracht“, heißt es zudem in einem gemeinsame­n Brief aller Landesverb­ände an die Bundeskanz­lerin und die Ministerpr­äsidenten. Darin wird nicht nur ein finanziell­er Rettungssc­hirm, ähnlich dem für die Gastronomi­e, gefordert, sondern endlich auch eine „Perspektiv­e für das Wiedereröf­fnen der Geschäfte. In breiten Teilen des Handels schwindet daher die Akzeptanz für die politische­n Entscheidu­ngen, auch mit dem besonderen Verweis darauf, dass unsere Hygienekon­zepte bei niedrigen Erkrankung­szahlen bei unseren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn ein sicheres Einkaufen möglich machen“, warnen die Einzelhänd­ler.

„Alle Reserven sind aufgebrauc­ht. Wir fordern jetzt schnelle

finanziell­e Hilfen.“

Fabian Schulz Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Saarland

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FOTO: THOMAS FREY/DPA Zahlreiche Geschäfte bleiben bundesweit wegen Corona auf unbestimmt­e Zeit geschlosse­n. Der Einzelhand­el im Saarland fordert von der Politik jetzt eine konkrete Perspektiv­e für das Wiedereröf­fnen der Läden.

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