Streichert-Clivot hält fest an Präsenz der Abschlussklassen
Bei einer Online-Diskussion zwischen Schülervertretern und der Bildungsministerin gab es am Mittwoch keine Annäherung.
SAARBRÜCKEN (dbo) Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) hat im Rahmen einer Online-Diskussionsrunde mit Vertretern der Schüler die Entscheidung für den Wiedereinstieg in den Präsenzunterricht für die Abschlussjahrgänge verteidigt. Für die nationale und internationale Vergleichbarkeit etwa des Abiturs könne auf einen regulären Unterricht vor Ort nicht verzichtet werden. Da die Schulen jetzt weitgehend leer seien, sei dies vertretbar.
Was als Diskussion geplant war, entpuppte sich schnell als ein Austausch von Standpunkten, von denen keiner der Teilnehmer abrückte. Rund 90 Minuten dauerte die Videokonferenz auf Facebook und Youtube zwischen der saarländischen Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), dem Landesschülersprecher Elias Seimetz und der Schülerin Selina Birk. Thema war die Präsenz-Pflicht für Schüler der Abschlussjahrgänge, insbesondere der Abiturjahrgänge, die seit Beginn der Woche wieder vor Ort unterrichtet werden. Die oberen Klassen anderer Schulformen sollen kommende Woche folgen. Bereits am Morgen traf sich die Ministerin mit Vertretern der Saarbrücker Rastbachtalschule zu einem Gespräch. Hintergrund war der von den Abschlussklassen von fünf Gemeinschaftsschulen durchgeführte Schulstreik, bei dem auch rund 30 Schüler der Rastbachtalschule dem Unterricht ferngeblieben waren.
Anstoß für die Online-Veranstaltung am Mittag war nicht zuletzt die von Selina Birk gestartete Online-Petition auf change.org zur Aussetzung der Präsenz-Pflicht bis mindestens Ende Januar, die mittlerweile über 4000 Unterstützer gefunden hat.
Birk machte zunächst ihrem Unmut darüber Luft, dass der Präsenz-Unterricht der Kontaktreduzierung,
die von allen Seiten gefordert werde, zuwiderlaufe: „Die Hygienekonzepte der Schulen können noch so gut sein, tagtäglich kommen in der Schule 50 bis 60 Kontakte verschiedener Haushalte zusammen, das ist unvermeidlich. Viele Schüler haben daher Angst“, betonte Birk. Dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sei, zeige die große Zahl an Unterstützern ihrer Petition, die nicht nur von Schülern, sondern auch von Lehrern, Eltern und Großeltern unterschrieben worden sei.
Selbst bei optimalen Bedingungen in den Schulen sei der Öffentliche Personen Nahverkehr (ÖPNV) eine Katastrophe, hier ließen sich Kontakte keinesfalls vermeiden. Die Hauptforderung der jungen Frau und ihrer Unterstützer ist deshalb der konsequente Wechsel hin zu einem Wechselunterricht: „So können die Gruppen gesplittet werden und es wären immer die gleichen Schüler untereinander. In Zeiten des Präsenz-Unterrichts könnten Fragen geklärt und Probleme gelöst werden, die im Online-Unterricht unter den Tisch gefallen sind“, so der Vorschlag. Das sei eine gute Lösung, nicht zuletzt weil das System der Online Schule Saar (OSS) immer besser funktioniere.
Landesschülersprecher Seimetz forderte die Ministerin und ihre Regierung dazu auf, mehr in die digitale Infrastruktur der Schulen zu investieren, da häufig nicht mal das WLan der Schulen einwandfrei funktionieren würde. Des Weiteren forderte er mehr Aufklärung über digitale Anwendungen, da es immer noch Lehrer gebe, die aus datenschutzrechtlichen Bedenken nicht mit der OSS arbeiten wollten. Auch wenn nicht alle Schulen die selben Voraussetzungen hätten, plädiere der Schülerverband
für die Einführung des Wechselunterrichts für die oberen Klassenstufen.
Die Ministerin zeigte viel Verständnis für die Argumente sowie die Ängste und Sorgen der Schüler, verteidigte aber mit Nachdruck ihre Entscheidung, dass es in der momentanen Situation verantwortbar sei, die Abiturjahrgänge vor Ort zu unterrichten: „Momentan sind die Schulen weitestgehend leer und die Hygienekonzepte der Schulen gehören zu den besten, die wir haben.“Gerade, da nicht alle Schüler zuhause die gleichen digitalen Voraussetzungen hätten, diese aber für ein nicht anfechtbares Abitur notwendig seien, sei ein Präsenz-Unterricht absolut notwendig: „Bei den jetzigen Schülerzahlen können die Gruppen entzerrt und Kontakte reduziert werden, zusätzlich haben wir die Maskenpflicht“, sagte Streichert-Clivot.
Außerdem habe sich herausgestellt, dass die Kontaktnachverfolgung in der Schule viel leichter möglich sei als beispielsweise im öffentlichen Raum. Deshalb sei es auch nach bekannt gewordenen Infektionen an Schulen bislang zu keinen größeren Folgeinfektionsketten gekommen. Um die Vergleichbarkeit des Abiturs im gesamten Saarland, aber auch zwischen den Bundesländern zu gewährleisten, seien gleiche Lehrvoraussetzungen, sprich regulärer Unterricht unvermeidbar, so das
Hauptargument der Ministerin. Dennoch gebe es für besonders gefährdete Schüler immer die Möglichkeit, nach einem Sonderweg zu suchen.
Bereits am Morgen diskutierte Streichert-Clivot mit Schülern der Saarbrücker Rastbachtal-Gemeinschaftsschule, die am Montag gestreikt und in einem Offenen Brief die Aussetzung des regulären Unterrichts für diejenigen Fächer gefordert hatten, in denen keine Abiturprüfungen stattfinden. Auch bei diesem Treffen beharrte die Ministerin auf ihrem Standpunkt, dass für die Vergleichbarkeit und Anerkennung des Abschlusses, auf einen regulären Unterricht nicht verzichtet werden könne.