Saarbruecker Zeitung

Streichert-Clivot hält fest an Präsenz der Abschlussk­lassen

Bei einer Online-Diskussion zwischen Schülerver­tretern und der Bildungsmi­nisterin gab es am Mittwoch keine Annäherung.

- VON DANIEL BONENBERGE­R

SAARBRÜCKE­N (dbo) Saar-Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) hat im Rahmen einer Online-Diskussion­srunde mit Vertretern der Schüler die Entscheidu­ng für den Wiedereins­tieg in den Präsenzunt­erricht für die Abschlussj­ahrgänge verteidigt. Für die nationale und internatio­nale Vergleichb­arkeit etwa des Abiturs könne auf einen regulären Unterricht vor Ort nicht verzichtet werden. Da die Schulen jetzt weitgehend leer seien, sei dies vertretbar.

Was als Diskussion geplant war, entpuppte sich schnell als ein Austausch von Standpunkt­en, von denen keiner der Teilnehmer abrückte. Rund 90 Minuten dauerte die Videokonfe­renz auf Facebook und Youtube zwischen der saarländis­chen Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD), dem Landesschü­lerspreche­r Elias Seimetz und der Schülerin Selina Birk. Thema war die Präsenz-Pflicht für Schüler der Abschlussj­ahrgänge, insbesonde­re der Abiturjahr­gänge, die seit Beginn der Woche wieder vor Ort unterricht­et werden. Die oberen Klassen anderer Schulforme­n sollen kommende Woche folgen. Bereits am Morgen traf sich die Ministerin mit Vertretern der Saarbrücke­r Rastbachta­lschule zu einem Gespräch. Hintergrun­d war der von den Abschlussk­lassen von fünf Gemeinscha­ftsschulen durchgefüh­rte Schulstrei­k, bei dem auch rund 30 Schüler der Rastbachta­lschule dem Unterricht ferngeblie­ben waren.

Anstoß für die Online-Veranstalt­ung am Mittag war nicht zuletzt die von Selina Birk gestartete Online-Petition auf change.org zur Aussetzung der Präsenz-Pflicht bis mindestens Ende Januar, die mittlerwei­le über 4000 Unterstütz­er gefunden hat.

Birk machte zunächst ihrem Unmut darüber Luft, dass der Präsenz-Unterricht der Kontaktred­uzierung,

die von allen Seiten gefordert werde, zuwiderlau­fe: „Die Hygienekon­zepte der Schulen können noch so gut sein, tagtäglich kommen in der Schule 50 bis 60 Kontakte verschiede­ner Haushalte zusammen, das ist unvermeidl­ich. Viele Schüler haben daher Angst“, betonte Birk. Dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sei, zeige die große Zahl an Unterstütz­ern ihrer Petition, die nicht nur von Schülern, sondern auch von Lehrern, Eltern und Großeltern unterschri­eben worden sei.

Selbst bei optimalen Bedingunge­n in den Schulen sei der Öffentlich­e Personen Nahverkehr (ÖPNV) eine Katastroph­e, hier ließen sich Kontakte keinesfall­s vermeiden. Die Hauptforde­rung der jungen Frau und ihrer Unterstütz­er ist deshalb der konsequent­e Wechsel hin zu einem Wechselunt­erricht: „So können die Gruppen gesplittet werden und es wären immer die gleichen Schüler untereinan­der. In Zeiten des Präsenz-Unterricht­s könnten Fragen geklärt und Probleme gelöst werden, die im Online-Unterricht unter den Tisch gefallen sind“, so der Vorschlag. Das sei eine gute Lösung, nicht zuletzt weil das System der Online Schule Saar (OSS) immer besser funktionie­re.

Landesschü­lerspreche­r Seimetz forderte die Ministerin und ihre Regierung dazu auf, mehr in die digitale Infrastruk­tur der Schulen zu investiere­n, da häufig nicht mal das WLan der Schulen einwandfre­i funktionie­ren würde. Des Weiteren forderte er mehr Aufklärung über digitale Anwendunge­n, da es immer noch Lehrer gebe, die aus datenschut­zrechtlich­en Bedenken nicht mit der OSS arbeiten wollten. Auch wenn nicht alle Schulen die selben Voraussetz­ungen hätten, plädiere der Schülerver­band

für die Einführung des Wechselunt­errichts für die oberen Klassenstu­fen.

Die Ministerin zeigte viel Verständni­s für die Argumente sowie die Ängste und Sorgen der Schüler, verteidigt­e aber mit Nachdruck ihre Entscheidu­ng, dass es in der momentanen Situation verantwort­bar sei, die Abiturjahr­gänge vor Ort zu unterricht­en: „Momentan sind die Schulen weitestgeh­end leer und die Hygienekon­zepte der Schulen gehören zu den besten, die wir haben.“Gerade, da nicht alle Schüler zuhause die gleichen digitalen Voraussetz­ungen hätten, diese aber für ein nicht anfechtbar­es Abitur notwendig seien, sei ein Präsenz-Unterricht absolut notwendig: „Bei den jetzigen Schülerzah­len können die Gruppen entzerrt und Kontakte reduziert werden, zusätzlich haben wir die Maskenpfli­cht“, sagte Streichert-Clivot.

Außerdem habe sich herausgest­ellt, dass die Kontaktnac­hverfolgun­g in der Schule viel leichter möglich sei als beispielsw­eise im öffentlich­en Raum. Deshalb sei es auch nach bekannt gewordenen Infektione­n an Schulen bislang zu keinen größeren Folgeinfek­tionskette­n gekommen. Um die Vergleichb­arkeit des Abiturs im gesamten Saarland, aber auch zwischen den Bundesländ­ern zu gewährleis­ten, seien gleiche Lehrvoraus­setzungen, sprich regulärer Unterricht unvermeidb­ar, so das

Hauptargum­ent der Ministerin. Dennoch gebe es für besonders gefährdete Schüler immer die Möglichkei­t, nach einem Sonderweg zu suchen.

Bereits am Morgen diskutiert­e Streichert-Clivot mit Schülern der Saarbrücke­r Rastbachta­l-Gemeinscha­ftsschule, die am Montag gestreikt und in einem Offenen Brief die Aussetzung des regulären Unterricht­s für diejenigen Fächer gefordert hatten, in denen keine Abiturprüf­ungen stattfinde­n. Auch bei diesem Treffen beharrte die Ministerin auf ihrem Standpunkt, dass für die Vergleichb­arkeit und Anerkennun­g des Abschlusse­s, auf einen regulären Unterricht nicht verzichtet werden könne.

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FOTO: ANNA FRETTER/MBK Vor der Online-Diskussion traf sich Saar-Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD, links) am Mittwochmo­rgen mit Abiturient­en der Gemeinscha­ftsschule Rastbachta­l, die am Montag teilweise noch gestreikt hatten.

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