Der Maut-Architekt muss zum Verhör
Hätte Verkehrsminister Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt die Pleite verhindern können? Dazu wird er an diesem Donnerstag im U-Ausschuss befragt.
BERLIN Alexander Dobrindt gilt im Berliner Politikbetrieb als ein harter Hund. Er ist angriffslustig und nie um eine Antwort verlegen. Seine Vernehmung im Maut-Untersuchungsausschuss an diesem Donnerstag kommentierte der CSU-Landesgruppenchef auf Nachfrage also in der ihm üblichen Art: „Die Antworten hängen sehr stark von den Fragen ab.“Wohl wahr. Leichtes Spiel dürfte der Bayer dennoch nicht haben.
Es sei ja nicht sein erster Auftritt in einem Untersuchungsausschuss, ergänzte der Ex-Verkehrsminister und Vorgänger des jetzigen Ressortchefs, Andreas Scheuer. Sein Bericht in dem Gremium werde die Entwicklung des Projektes in seiner Zeit als Minister umfassen – Dobrindt war von 2013 bis 2017 im Amt. Der Opposition reicht das freilich nicht. So will die FDP von ihm wissen, warum er die Unterzeichnung der Maut-Verträge durch seinen Nachfolger vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Juni 2019 nicht verhindert hat. „Als CSU-Landesgruppenchef hätte er Andreas Scheuer stoppen können und müssen“, so FDP-Obmann Christian Jung zu unserer Redaktion.
Schließlich sei der Ex-Verkehrsminister „der Architekt der Pkw-Maut“gewesen.
Das stimmt. Dobrindt ließ das Konzept erarbeiten, mit dem unter dem Strich nur ausländische Fahrer belastet werden sollten. Es scheiterte vor dem europäischen Gericht wegen Diskriminierung und des Verstoßes gegen EU-Recht. Dobrindts Nachfolger Scheuer hatte das Urteil nicht abgewartet. Nach dem Platzen der Gebühr kündigte er die Abkommen mit den Maut-Betreibern prompt wieder auf. Die Hintergründe dieses Vorgehens klärt der U-Ausschuss derzeit auf. Nicht zuletzt weil Scheuers Entscheidungen teuer werden dürften: Über 500 Millionen Euro könnte das Debakel den Steuerzahler kosten. Das Schiedsverfahren zum Schadensersatz und anderen finanziellen Folgen läuft bereits hinter verschlossenen Türen. Zudem geht es darum, ob der Minister Vergabeund Haushaltsrecht gebrochen hat. Dies sei bereits klar, heißt es aus Ausschuss-Kreisen.
Dobrindt könnte eine Schüsselrolle zukommen. Zusammen mit dem damaligen Parteichef Horst Seehofer trieb er das bayerische Prestigeprojekt schon als CSU-Generalsekretär im Wahljahr 2013 voran. Nach der Wahl sollte Dobrindt dann als Verkehrsminister für die Umsetzung sorgen. Bis heute sei er „bei den wichtigsten Entscheidungen, die das Verkehrsministerium betreffen, eingebunden“, weiß FDP-Mann Jung. Insider berichten, dass ihm die CSU-Mitglieder des Untersuchungsausschusses regelmäßig Bericht erstatten müssen. Kein anderer als Dobrindt könne daher besser erklären, „wie das
„Als CSU-Landesgruppenchef hätte er Andreas Scheuer stoppen können
und müssen.“
Christian Jung
FDP-Obmann
Projekt von seinem Nachfolger so in den Sand gesetzt werden konnte“, glaubt Jung. Die SPD will überdies herausfinden, ob es tatsächlich einen „Deal“mit der EU-Kommission gab, und wenn ja, in welcher konkreten Form. Denn bereits 2016 hatte Dobrindt eine Einigung zwischen Ministerium und Kommission zur Ausgestaltung der Maut verkündet. EU-rechtskonform war die Gebühr dann aber doch nicht, wie der EuGH drei Jahre später befand.
Das große Ausschuss-Finale bildet aber nicht Dobrindts Vernehmung, sondern die von Andreas Scheuer. Am 28. Januar soll er ein zweites Mal Rede und Antwort stehen, danach wird die Zeugenvernehmung abgeschlossen sein. Den Abschlussbericht will das Gremium dann im Mai oder Juni vorlegen, damit das
Thema noch vor der Sommerpause (und vor der Bundestagswahl) im Parlament beraten werden kann. Scheuer bekommt einen Exklusivtermin; er wird der einzige Zeuge an diesem Tag sein. Aus Erfahrung wird man klug: Seine erste Vernehmung im Dezember konnte wegen anderer Befragungen erst spät abends beginnen und zog sich dann bis in den frühen Morgen.