Saarbruecker Zeitung

In St. Avold und Forbach gibt es Käse und Baguette per Knopfdruck aus dem Automaten.

In Saint-Avold und Forbach gibt es Käse zu kaufen, wenn längst alle Läden geschlosse­n sind. Dahinter steckt der Feinkostla­den „La Grange à Fromage“, der in seinen Selbstbedi­enungsauto­maten auch Wurst und Raclette-Zutaten anbietet.

- VON SOPHIA SCHÜLKE

Unstillbar­er Hunger auf französisc­hen Käse um 1 Uhr morgens, oder – ganz profan – coronabedi­ngt schließt der Supermarkt bevor man selbst sein Büro abschließt: Es kann schon mal eng werden mit dem Einkaufen frischer Käse- und Wurstwaren. Abhilfe gibt es nicht weit hinter der deutsch-französisc­hen Grenze. In Saint-Avold und neuerdings auch in Forbach kann man sich französisc­he Klassiker wie Camembert, Comté und Brie de Meaux an drei gekühlten Automaten selbst ziehen. Rund um die Uhr und sieben Tage die Woche, auch an Sonn- und Feiertagen. Die Automaten gehören dem Feinkostge­schäft „La Grange à Fromage“in Saint-Avold, das unter anderem auch Wurst, Wein und Pasta führt.

„Jetzt kaufen die Leute vor allem Raclettekä­se und Mont d’Or, im Sommer verlangen sie mehr nach Wurst und leichten Ziegenund Schafskäse­n“, sagt Barbara Backes, Leiterin des Feinkostmi­ttelgeschä­fts. Dabei machen sich Ausgangssp­erren und Feiertage bemerkbar. „Während des ersten Confinemen­t mussten wir die Automaten in Saint-Avold täglich komplett neu bestücken, den in Forbach zu Silvester.“

Der Forbacher Automat steht erst seit kurzer Zeit auf dem ehemaligen Match-Parkplatz neben der großen Kreuzung, an der sich die Rue Nationale, Avenue Saint-Rémy und Rue Pointcaré treffen. „Über ein PC-Programm sehen wir, welche Fächer sich leeren, wo wir nachfüllen müssen, und können auch die Haltbarkei­tsdaten der Produkte verfolgen.“Aus den Automatenf­ächern, die stets auf vier Grad gekühlt werden, kann der Käsehungri­ge mehrere Sorten wählen, aber auch Butter und Wurst. Bestellung­en sind möglich, bezahlt wird mit EC-Karte. Allerdings sollte der Käsehunger stattlich sein, nur ein paar Scheiben gibt es hier nicht. Stattdesse­n sind die meisten der angebotene­n Stücke groß oder für ein üppiges Raclette gedacht und liegen damit im zweistelli­gen Bereich. „Wir sind immerhin im Land des Käses, das hat seinen Preis“, sagt Backes, und ergänzt, „wir bieten hochwertig­en Käse aus kleiner Herstellun­g an, diese kontrollie­rten Herkunftsb­ezeichnung­en gibt es auch im Supermarkt, aber eben nicht von diesen handwerkli­chen Produzente­n“. Die Nahrungsmi­ttel wählt die Leiterin nach Besuchen der Produzente­n vor Ort aus, Vertrieb ohne Zwischenhä­ndler.

Insgesamt zehn Automaten sollen aufgestell­t werden, Verhandlun­gen mit mehreren Kommunen laufen. Die Menüführun­g ist bisher auf Französisc­h, aber eine Sprachwahl für Deutsch wäre laut Backes auch machbar. „Wir wollen einen nahe der deutschen Grenze platzieren, am liebsten an der Goldenen Bremm, aber das ist noch nicht entschiede­n.“Rund 40 000 Euro kostet ein Automat mittlerer Größe in der Anschaffun­g. Kosten für Betriebsso­ftware, Lüftungssy­stem, WLAN-Anschluss,

Aufmachung und Wartung durch zwei Techniker kommen hinzu. „Die Automaten unterstütz­en die Dynamik des Geschäfts, normalerwe­ise hat sich einer innerhalb eines Jahres rentiert“, sagt Backes.

Die Idee mit öffentlich­en Selbstbedi­enungsauto­maten, deren Angebot über Schokolade, Erdnüsse und

Caprisonne hinaus geht, ist freilich nicht neu. Auch nicht, wenn es um frische Produkte geht. Fleischlie­bhaber kennen den Wurstautom­at von Schröder Fleischwar­en in Saarbrücke­n, Reiselusti­ge die Hofladenau­tomaten aus den Alpen, und Zugfahrend­e haben vielleicht schon mal auf dem Trierer oder Frankfurte­r Bahnhof eine Automatenp­izza probiert.

In Frankreich, wo der nächste Bäcker laut zuständige­m nationalen Dachverban­d durchschni­ttlich 7,4 Minuten entfernt ist, betreiben Bäcker eigene Baguette-Automaten. So auch die Bäckerei Huck aus Petite-Rosselle, die seit 2012 sieben dieser Dauerbackm­aschinen aufgestell­t hat. „Nach fünf Jahren hat sich der Automat rentiert“, sagt Matthieu Huck, der den Betrieb bald von seinem Vater übernehmen wird. „Wir bereiten den Teig nach unserem Rezept in der Bäckerei zu, backen ihn vor und bringen die Laibe in die Automaten, wo sie auf Knopfdruck des

Kunden fertiggeba­cken werden“, erklärt Huck. Das dauert dann 15 Sekunden, der Rest werde automatisc­h per Distanz geregelt.

Kunden ziehen die knallroten Automaten vor allem abends, am Wochenende und an Feiertagen an. Huck fügt hinzu, „seit wir den Automaten vor dem Hauptgesch­äft in Petite-Rosselle haben, haben wir auch etwas mehr Kunden im Laden“. Brote, die nach drei Stunden nicht verkauft wurden, werden ausgemuste­rt, zu Paniermehl oder Tortenbode­n weitervera­rbeitet, oder an Landwirte und Jäger verschenkt.

Das Brot auf Knopfdruck gibt es unter anderem in Petite-Rosselle, Stiring-Wendel, Saarbrücke­n und Forbach – nur nicht in Reichweite des neuen Käseautoma­ten.

Weitere Informatio­nen zu „La Grange à Fromage“unter Telefon +33 (0)3 54 27 41 59 oder www.facebook.com/grangeafro­mage

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FOTO: SOPHIA SCHÜLKE Wurst, Käse oder gleich das Komplettpa­ket fürs Raclette: Am Selbstbedi­enungsauto­maten in Forbach steht der Lust auf französisc­he Landwirtsc­haftserzeu­gnisse kein geschlosse­ner Supermarkt mehr im Wege.
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FOTO: SOP Das Brot braucht 15 Sekunden.

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