In St. Avold und Forbach gibt es Käse und Baguette per Knopfdruck aus dem Automaten.
In Saint-Avold und Forbach gibt es Käse zu kaufen, wenn längst alle Läden geschlossen sind. Dahinter steckt der Feinkostladen „La Grange à Fromage“, der in seinen Selbstbedienungsautomaten auch Wurst und Raclette-Zutaten anbietet.
Unstillbarer Hunger auf französischen Käse um 1 Uhr morgens, oder – ganz profan – coronabedingt schließt der Supermarkt bevor man selbst sein Büro abschließt: Es kann schon mal eng werden mit dem Einkaufen frischer Käse- und Wurstwaren. Abhilfe gibt es nicht weit hinter der deutsch-französischen Grenze. In Saint-Avold und neuerdings auch in Forbach kann man sich französische Klassiker wie Camembert, Comté und Brie de Meaux an drei gekühlten Automaten selbst ziehen. Rund um die Uhr und sieben Tage die Woche, auch an Sonn- und Feiertagen. Die Automaten gehören dem Feinkostgeschäft „La Grange à Fromage“in Saint-Avold, das unter anderem auch Wurst, Wein und Pasta führt.
„Jetzt kaufen die Leute vor allem Raclettekäse und Mont d’Or, im Sommer verlangen sie mehr nach Wurst und leichten Ziegenund Schafskäsen“, sagt Barbara Backes, Leiterin des Feinkostmittelgeschäfts. Dabei machen sich Ausgangssperren und Feiertage bemerkbar. „Während des ersten Confinement mussten wir die Automaten in Saint-Avold täglich komplett neu bestücken, den in Forbach zu Silvester.“
Der Forbacher Automat steht erst seit kurzer Zeit auf dem ehemaligen Match-Parkplatz neben der großen Kreuzung, an der sich die Rue Nationale, Avenue Saint-Rémy und Rue Pointcaré treffen. „Über ein PC-Programm sehen wir, welche Fächer sich leeren, wo wir nachfüllen müssen, und können auch die Haltbarkeitsdaten der Produkte verfolgen.“Aus den Automatenfächern, die stets auf vier Grad gekühlt werden, kann der Käsehungrige mehrere Sorten wählen, aber auch Butter und Wurst. Bestellungen sind möglich, bezahlt wird mit EC-Karte. Allerdings sollte der Käsehunger stattlich sein, nur ein paar Scheiben gibt es hier nicht. Stattdessen sind die meisten der angebotenen Stücke groß oder für ein üppiges Raclette gedacht und liegen damit im zweistelligen Bereich. „Wir sind immerhin im Land des Käses, das hat seinen Preis“, sagt Backes, und ergänzt, „wir bieten hochwertigen Käse aus kleiner Herstellung an, diese kontrollierten Herkunftsbezeichnungen gibt es auch im Supermarkt, aber eben nicht von diesen handwerklichen Produzenten“. Die Nahrungsmittel wählt die Leiterin nach Besuchen der Produzenten vor Ort aus, Vertrieb ohne Zwischenhändler.
Insgesamt zehn Automaten sollen aufgestellt werden, Verhandlungen mit mehreren Kommunen laufen. Die Menüführung ist bisher auf Französisch, aber eine Sprachwahl für Deutsch wäre laut Backes auch machbar. „Wir wollen einen nahe der deutschen Grenze platzieren, am liebsten an der Goldenen Bremm, aber das ist noch nicht entschieden.“Rund 40 000 Euro kostet ein Automat mittlerer Größe in der Anschaffung. Kosten für Betriebssoftware, Lüftungssystem, WLAN-Anschluss,
Aufmachung und Wartung durch zwei Techniker kommen hinzu. „Die Automaten unterstützen die Dynamik des Geschäfts, normalerweise hat sich einer innerhalb eines Jahres rentiert“, sagt Backes.
Die Idee mit öffentlichen Selbstbedienungsautomaten, deren Angebot über Schokolade, Erdnüsse und
Caprisonne hinaus geht, ist freilich nicht neu. Auch nicht, wenn es um frische Produkte geht. Fleischliebhaber kennen den Wurstautomat von Schröder Fleischwaren in Saarbrücken, Reiselustige die Hofladenautomaten aus den Alpen, und Zugfahrende haben vielleicht schon mal auf dem Trierer oder Frankfurter Bahnhof eine Automatenpizza probiert.
In Frankreich, wo der nächste Bäcker laut zuständigem nationalen Dachverband durchschnittlich 7,4 Minuten entfernt ist, betreiben Bäcker eigene Baguette-Automaten. So auch die Bäckerei Huck aus Petite-Rosselle, die seit 2012 sieben dieser Dauerbackmaschinen aufgestellt hat. „Nach fünf Jahren hat sich der Automat rentiert“, sagt Matthieu Huck, der den Betrieb bald von seinem Vater übernehmen wird. „Wir bereiten den Teig nach unserem Rezept in der Bäckerei zu, backen ihn vor und bringen die Laibe in die Automaten, wo sie auf Knopfdruck des
Kunden fertiggebacken werden“, erklärt Huck. Das dauert dann 15 Sekunden, der Rest werde automatisch per Distanz geregelt.
Kunden ziehen die knallroten Automaten vor allem abends, am Wochenende und an Feiertagen an. Huck fügt hinzu, „seit wir den Automaten vor dem Hauptgeschäft in Petite-Rosselle haben, haben wir auch etwas mehr Kunden im Laden“. Brote, die nach drei Stunden nicht verkauft wurden, werden ausgemustert, zu Paniermehl oder Tortenboden weiterverarbeitet, oder an Landwirte und Jäger verschenkt.
Das Brot auf Knopfdruck gibt es unter anderem in Petite-Rosselle, Stiring-Wendel, Saarbrücken und Forbach – nur nicht in Reichweite des neuen Käseautomaten.
Weitere Informationen zu „La Grange à Fromage“unter Telefon +33 (0)3 54 27 41 59 oder www.facebook.com/grangeafromage