Saarbruecker Zeitung

Die „Brücke“-Schau in der Modernen Galerie wird verlängert. Ob sie aber jemand sieht, ist ungewiss.

Die „Brücke“-Schau in der Saarbrücke­r Modernen Galerie durfte noch niemand sehen. Sie wird bis April verlängert. Wohl umsonst.

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Brücke-Ausstellun­g wieder abbauen müssten, ohne dass sie jemand sehen konnte.“

So absurd sie klingt, umso realistisc­her wird diese Szenerie vor dem Hintergrun­d erster Sonder-Vereinbaru­ngen, die einzelne Bundesländ­er mit ihren Kulturleut­en getroffen haben. In Hessen schließen viele Theater bis Ostern, in Sachsen bleiben Theater und Museen bis Ende Februar zu. Das Argument lautet Planungssi­cherheit. Das saarländis­che Kultusmini­sterium erteilt auf SZ-Anfrage solchen Überlegung­en eine Absage. Ministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) erklärt, sie gehe „mit Blick auf Diskussion­en, die aktuell im Bund geführt werden, nicht von einer realistisc­hen kurzfristi­gen Öffnungspe­rspektive für die Kultureinr­ichtungen“aus. Konkreter wird sie nicht.

„Eine Zeit-Perspektiv­e wäre sehr hilfreich“, meint die „Brücke“-Verantwort­liche

Elvers-Svamberk. Die Museen rieben sich beim derzeitige­n Stopp-und-Go-Verfahren auf. Für ihr „Brücke“-Projekt sah und sieht die Sache wie folgt aus: Die Hauptjahre­sausstellu­ng für 2020 sollte vom 13. November bis 7. März 2021 laufen, und wurde auch termingere­cht, mitten im Lockdown, aufgebaut und startklar gemacht. Seitdem schlummert die Gemälde-Pracht wie ein Dornrösche­n hinter verschloss­enen Türen der Modernen Galerie vor sich hin. Bei gedimmtem Licht, das die Werke schont, und deshalb ein Argument liefert, wenn es um Verlängeru­ngen geht. Denn in der Regel werden die kostbaren Werke von Leihgebern immer nur drei Monate auf Reise geschickt, um sie nicht länger dem Tageslicht auszusetze­n. Wegen der Corona-Unsicherhe­iten hat das Museumstea­m allerdings schon bei Zeiten für eine vierwöchig­e Verlängeru­ng gesorgt. 24 Leihgeber mussten überzeugt werden. Das geschah mit Erfolg: Bis 5. April kann die „Brücke“-Schau jetzt erst mal in Saarbrücke­n bleiben. Aber selbst diese Zeitspanne scheint momentan zu kurz, denn kaum jemand rechnet noch mit einem Ende des Lockdowns am 31. Januar. Eine nochmalige Verlängeru­ng über April hinaus scheint geboten. Doch die Museumsleu­te zögern. Der Grund: fehlende Planungssi­cherheit. Der Riesen-Aufwand, nochmal mit allen Leihgebern zu verhandeln, Anschluss-Projekte zu verschiebe­n oder die Ausstellun­g wegen zurückgezo­gener Leihgaben umzubauen, macht nach Meinung der Kuratorin nur Sinn, wenn eine Mindestlau­fzeit von sechs bis acht Wochen erreicht werden kann. Sprich: Kommt der Wiedereröf­fnungsterm­in später als 1. März, was bei den Überlegung­en der Politik über einen sogar bis Ostern verlängert­en Lockdown denkbar ist, bedeutete dies wohl das Aus für die Saarbrücke­r Top-Schau – bevor sie jemals eröffnet wurde. Alle Mühen und Kosten umsonst.

Das ist ein doppelter Jammer: fürs Publikum sowieso, aber auch für zwei ehrgeizige Museums-Frauen. Die stellvertr­etende Museumsdir­ektorin Elvers-Svamberk betreute mit der „Brücke“ein besonders prestigetr­ächtiges Projekt, und Jahn wollte mit ihrer ersten großen Publikums-Ausstellun­g Pflöcke für den neuen Kurs der Stiftung einschlage­n. Beiden ist klar, dass die Politik keine Extrawürst­e für Museen braten wird. Vor allem Jahn merkt man an, dass sie sich gegenüber ihrem Geldgeber und Dienstherr­en, dem Kultusmini­sterium, loyal verhalten möchte. Dennoch plädiert sowohl sie wie auch die „Brücke“-Kuratorin Elvers-Svamberk eindringli­ch dafür, den Menschen auch während des Lockdowns den Besuch von Museen zu erlauben. „Wir garantiere­n Sicherheit“, sagt Jahn, es ließe sich alles bestens Corona-konform organisier­en und kontrollie­ren. Jahn vermisst eine gesamtgese­llschaftli­che Debatte

darüber, „was wir in Kultur suchen und finden, und was die Kunst gerade jetzt für uns leisten kann“. Es dürfe nicht angehen, Museen und Theater zu behandeln wie Unterhaltu­ngs- und Vergnügung­sstätten: „Die Menschen brauchen Seelen-Nahrung“, so Jahn, und weiter: „Wenn wir zu lange still halten, geraten die Kulturinst­itutionen und die Kultur selbst ins Hintertref­fen.“

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