Ein altes Tapetenmuster aus dem „Chinesenviertel“
„Heimgehen“, die Wandarbeit des Künstlers Francis Berrar, erinnert an eine Zeit, in der das Nauwieser Viertel noch günstig war.
Je älter dieses Kunstwerk wird, desto mehr scheint es mit seiner Umgebung zu verschmelzen. Denn „Heimgehen“, ein Wandfries des saarländischen Künstlers Francis Berrar, ist an einer Brandmauer an der Ecke Johannisstraße und Richard-Wagner-Straße montiert, oberhalb von verschiedenen Werbetafeln.
Da das Gemälde in einer Höhe von rund zwölf Metern hängt und farblich zurückhaltend ist, muss man schon genau hinschauen, um es im Trubel der Großstadt-Straßenecke und vor der unruhigen Backsteinwand zu entdecken. Aber all das sind beabsichtigte Elemente dieses ungewöhnlichen Kunstwerks.
Im Jahr 1988 gab der damalige Kulturdezernent Rainer Silkenbeumer einzelnen Künstlern die Gelegenheit, Kunstwerke für den Stadtraum zu erschaffen. Die Künstler konnten dabei den Aufstellungsort selbst bestimmten, wenn die Auflagen dies zuließen. So hat Francis Berrar diesen außergewöhnlichen Ort gewählt. Und er hat über die gesamte Breite der Hauswand ein Wandfries in gestreckter Form mit elf Metern Länge gestaltet.
Zu sehen sind vertikale Linien und Felder in schwarzer, grauer und gelber Farbe, lediglich akzentuiert von einer geschwungenen blauen Form, sowie einer braunen Form, die entfernt an eine Pfeife erinnern könnte.
Francis Berrar erklärt sein Kunstwerk selbst. In einer Broschüre des Instituts für Aktuelle Kunst schreibt er dazu: „Als malerischen Hintergrund der Arbeit habe ich auf ein Tapetenmuster zurückgegriffen, das ich in einer der benachbarten Wohnungen in einem Schlafzimmer vorgefunden habe. Darauf finden sich gemalte Versatzstücke von Formen und Gebrauchsgegenständen.“
Dank der Erklärung erkennt man in den Linien und Farbfeldern im Untergrund eine Tapete, in der blauen Form eine Vase und tatsächlich eine Pfeife. Mit dieser Darstellung gelingt es Francis Berrar, nicht nur die Gestaltung einer Innenwand nach außen zu transportieren, er friert die damalige Wandgestaltung in der Zeit ein.
Denn das Gemälde aus dem Jahr 1988 erinnert an eine Zeit, in der das Nauwieser Viertel auch noch „Chinesenviertel“genannt wurde, eine günstige Wohngegend mit eher anrüchigem Ruf war. Der Titel „Heimgehen“ist daher nur folgerichtig, und er gibt für Flaneure ein wenig die Interpretation des Werkes preis.
Der Künstler Francis Berrar zählt zu den renommiertesten zeitgenössischen Künstlern des Saarlandes. 1954 in Überherrn geboren, studierte er von 1976 bis 1981 an der Ecole des Beaux Arts Nancy, legte 1981 sein Staatsdiplom an der Ecole des Beaux Arts Tourcoing ab. Seither lebt und arbeitet er in Überherrn, erhielt mehrere Arbeitsstipendien und 2009 den Kulturpreis „Kunst und Ethos“des Schnell & Steiner Verlags, Regensburg.
Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht eine farbige, abstrakte und teilweise gestische Malerei, deren Themen aus unterschiedlichen Bereichen stammen und fast immer um Mensch und Natur kreisen. In den späten 1980er Jahren übernahm er häufiger in der Alltagswelt vorgefundene Musterungen in seine Werke – so auch hier im Werk „Heimgehen“.