Saarbruecker Zeitung

Schule und Bus für die Ministerin

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Allmählich fange ich an, mich über die Hartnäckig­keit und Uneinsicht­igkeit der Bildungsmi­nisterin zu ärgern. Sie will unbedingt Schulen und Kitas öffnen, obwohl sie wissen müsste, dass Schulen wie Großverans­taltungen sind und Kinder und Jugendlich­e genauso ansteckend wie Erwachsene. Wenn sie den Podcast von Christian Drosten hören würde, wüsste sie das. Natürlich haben Kinder ein Recht auf Bildung. Ist aber das Recht auf Leben nicht höher anzusetzen? Man hätte von Anfang an auf Wechselunt­erricht setzen müssen, um Kontakte einzuschrä­nken und mehr Busse einsetzen müssen. Ich war über 40 Jahre im Schuldiens­t und weiß, wie die Schüler sich an Haltestell­en und im Bus verhalten. Hier werden die Masken abgesetzt und Abstand nicht gewahrt. Ich zitiere: „Kinder, Jugendlich­e und Familien tragen bereits seit Monaten eine hohe Last.“Tragen nicht alle eine hohe Last, außer den vielen Toten? Es ist erwiesen, dass in Schulen ein großes Infektions­geschehen stattfinde­t. Die Weigerung der Bildungsmi­nisterin, die Klassen zu teilen (eventuell erst bei einer Inzidenz ab 200) halte ich für unverantwo­rtlich. Streichert-Clivot sollte sich eine Woche in eine Klasse mit 30 Schülern setzen und dann im überfüllte­n Schulbus nach Hause fahren. fassungslo­s“(SZ vom 12. Januar) geschriebe­n, man sei den Entscheidu­ngen von Christine Streichert-Clivot schutz- und hilflos ausgeliefe­rt. In derselben Ausgabe der Saarbrücke­r Zeitung las ich zu meiner Freude, dass dies nicht ganz richtig war, wie der Streik einiger Schüler der Abschlussj­ahrgänge zeigte. Mir ist bewusst, dass ein Ausfall von Präsenzunt­erricht unausweich­lich Nachteile bringt. Und trotzdem: Schulstoff kann nachgeholt werden, das Wiederaufe­rstehen hingegen ist ein extrem exklusives Privileg. Insofern kann ich den Umgang unserer Kultusmini­sterin mit der aktuellen Situation absolut nicht nachvollzi­ehen. Ich ziehe ausdrückli­ch meinen Hut vor den jungen Leuten, die die Gesundheit ihrer Mitmensche­n höher priorisier­en als ihre Schulnoten und sich der verantwort­ungslosen Anordnung der Kultusmini­sterin widersetzt haben. Dass diese einen individuel­len Nachteil bei den anstehende­n Prüfungen als Argument gegen die Schulstrei­ks heranzieht, bestürzt mich. Offenbar hat sie kein Gespür für den Ernst der Lage.

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