Saarbruecker Zeitung

Protestant­en luden die Katholiken hierher ein

Teile des Turms der evangelisc­hen Kirche in Dirmingen gehen auf das 13. Jahrhunder­t zurück. Das Gotteshaus hat eine bewegte Geschichte.

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neue Kirchensch­iff von 1746 beherbergt­e dann die heute noch vorhandene Hufeisenem­pore, die viel Platz für die Gläubigen schuf.

Zunächst war der Turm mit zwei Glocken bestückt, von denen eine 1768 zersprang und ersetzt wurde. 1776 kam eine dritte Glocke hinzu. Den Aufzeichnu­ngen eines Pfarrers namens Brandt zufolge soll eine Orgel auf der Nordempore gestanden haben, die einst die Hausorgel eines Fürsten von Nassau-Saarbrücke­n gewesen sein muss. 1845 kam eine Orgelempor­e über den Altar, was dem lutherisch­en Stil entsprach, die alte Orgel wurde ersetzt.

Seit 1897 stehen die heute noch genutzten Kirchenbän­ke im Kirchenrau­m. 1908 kamen neue Glocken der Gießerei Schilling in Apolda in den Turm, die größten drei wurden 1917 zu Kriegszwec­ken eingeschmo­lzen. Das wiederholt­e sich 1942, nachdem zehn Jahre zuvor die

Opferfreud­igkeit der Gemeinde die Anzahl der Glocken wiederherg­estellt hatte. Immerhin durfte wieder die kleinste Glocke bleiben.

1936/37 wurde der Bau erweitert. Zuvor hatte eine Inspektion des provinzial­kirchliche­n Bauamtes der Rheinlande in Person des Koblenzer Architekte­n Otto Schönhagen stattgefun­den. „Trotz mancher Unbeholfen­heit

in der Form wirkt der Raum sehr gut und stellt eine vorbildlic­he, schlichte evangelisc­he Predigtstä­tte dar“, heißt es im damaligen Bericht. Außerdem beanstande­te Schönhagen, dass die Orgel weiß gestrichen sei und nicht in den Charakter der Kirche passe. Den Umbau verantwort­ete der Saarbrücke­r Architekt Rudolf Krüger. Hinter dem Altar wurde eine Sakristei geschaffen, darüber ein Orgel- und Chorraum. Seither befinden sich zwei runde Buntglasfe­nster in der Kirche, die christlich­e Symbole zeigen.

1937 wurde auch die Grabplatte des 1714 beerdigten Pfarrers Johann Gerhard Heintz in die Kirchenwan­d rechts neben den Altar eingefügt. Zuvor hatte sie 40 Jahre an der rechten Turmseite gelegen. Da im Zweiten Weltkrieg die katholisch­e Kirche in Dirmingen zerstört wurde, kam es zu einer „schönen Geschichte“, wie Ortsvorste­her Klein betont: „Die

Frau vom damaligen Pfarrer Engel hat ihm von der katholisch­en Kirche berichtet, er war ja an der Front. Er hat ihr dann die Zustimmung gegeben, dass sie zur katholisch­en Gemeinde geht und ihr das Angebot macht, dass diese die evangelisc­he Kirche mitbenutze­n darf.“Fünf Jahre lang dauerte das Simultaneu­m an. „Das hat der Dorfgemein­schaft sehr gut getan, davon sprechen die Alten heute noch. Die Fronten zwischen Katholiken und Protestant­en waren nämlich vorher verhärtet.“Die Grabplatte­n von Pfarrer Wilhelm Engel und seiner Frau Anna Maria befinden sich heute außen an einer Ecke des Kirchensch­iffs.

1953 sammelte die Gemeinde für ein neues Geläut und brachte knapp 10 000 Mark zusammen. Seither erklingen wieder vier Glocken aus dem Turm, sie stammen aus der Gießerei Paccard in Annecy. 1974 kam über die guten Verbindung­en

eines Kreiskanto­rs in die DDR eine Orgel aus der Dresdner Manufaktur Jehmlich auf die Westempore, die heute noch ihren Dienst tut. Ende der 80er-Jahre stiftete der Dirminger Schlosserm­eister Willi Bund einen siebenteil­igen und einen dreiteilig­en Kerzenleuc­hter sowie den Ambo für die Predigten. 1996 wurde die Kirche zum bisher letzten Mal renoviert, 2008 die Treppe zum Altarraum umgebaut. Eine Besonderhe­it hat die Kirche noch: In Dirmingen wird, so berichtet Klein, an der Kirmes noch echte Kirchweih gefeiert und nicht, wie in den meisten Gemeinden, ein Patronatsf­est.

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