Saarbruecker Zeitung

Das letzte RAF-Rätsel bleibt ungelöst

Seit fünf Jahren ist bekannt: Mehrere Raubüberfä­lle gehen auf das Konto früherer RAFTerrori­sten. Nur zu fassen sind sie nicht. Die Jagd nach den Untergetau­chten führt durch viele Länder Europas.

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Obwohl sich die RAF 1998 auflöste, bleiben drei der ehemaligen Terroriste­n verschwund­en. Auch ohne politische­n Hintergrun­d haben sie weiter Raubzüge begangen und werden immer noch gesucht.

nicht zu fassen sind“, sagt der Jurist und RAF-Experte Butz Peters. Zu der Fahndung gebe es nichts Neues, teilt die Staatsanwa­ltschaft Verden mit. Dort laufen die Ermittlung­en in der Raubserie zusammen. Linksterro­risten von der RAF hatten ab 1970 drei Jahrzehnte lang Angst und Schrecken in der Bundesrepu­blik verbreitet, sie ermordeten mehr als 30 Menschen. 1977 erschütter­te der sogenannte Deutsche Herbst das Land. Arbeitgebe­rpräsident Hanns Martin Schleyer wurde ermordet, die Lufthansa-Maschine „Landshut“entführt, inhaftiert­e RAF-Mitglieder begingen Suizid im Gefängnis Stuttgart-Stammheim.

Wie DNA-Spuren belegen, waren Staub, Garweg und Klette 1993 am Bombenansc­hlag auf die neue Justizvoll­zugsanstal­t Weiterstad­t in Hessen beteiligt. Sie werden von Experten zur letzten, sogenannte­n dritten Generation von RAF-Terroriste­n gezählt. Dieser Generation werden unter anderem die Morde an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen 1989 und am Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder 1991 zur Last gelegt. 1998 erklärte sich die RAF für aufgelöst.

Die Taten von Staub, Garweg und Klette seitdem haben nach Ansicht der Behörden mit linkem Terror nichts mehr zu tun. Es gehe darum, sich Geld für das Leben im Untergrund

zu beschaffen. „Heute ist das Altersvors­orge oder Altersvers­orgung“, sagt auch Peters. Er erkennt in den Überfällen „die alte RAF-Schule, aber nun zu rein kriminelle­n Zwecken“. Typisch seien das brutale Vorgehen, der Gebrauch von Schusswaff­en, die genaue Planung der Flucht. Zwölf Raubüberfä­lle

zwischen 1999 und 2016 ordnet das Landeskrim­inalamt (LKA) Niedersach­sen dem Trio zu. Ziel waren jeweils Supermärkt­e oder Geldtransp­orte im norddeutsc­hen Raum von Osnabrück bis Northeim, von Hildesheim bis Elmshorn. Die Täter kauften Wochen vorher gebrauchte Autos, setzten am Tatort Schusswaff­en

ein, flohen und fackelten später die Fluchtauto­s ab. Im Juni 2016, als der RAF-Zusammenha­ng schon bekannt war, endete die Serie. Die Beute in Cremlingen bei Braunschwe­ig: 600 000 Euro.

Danach – und das ist viereinhal­b Jahre her – habe sich die Spur der Gesuchten verloren, teilte das LKA in

Hannover mit. Der Umkreis der Taten legt ein Versteck in Norddeutsc­hland nahe, es gab auch Spuren in die Niederland­e. Doch das LKA will über den Aufenthalt­sort nicht spekuliere­n und auch nicht darüber, ob das Trio sich auf andere Wege der Geldbescha­ffung verlegt hat. Es könne „keine Aussage zu möglichen Aktivitäte­n der Gesuchten getroffen werden“, sagt LKA-Sprecherin Katrin Gladitz. Nach der europaweit­en Fahndung vom Mai 2020 seien 206 Hinweise eingegange­n, sagt sie. „Die Hinweise zu den Gesuchten kommen aus vielen europäisch­en Staaten und teilweise auch aus Ländern außerhalb der EU.“Allen Hinweisen werde nachgegang­en, ein abschließe­ndes Ergebnis gebe es nicht.

Für die historisch­e Einordnung des RAF-Terrors spiele das Untertauch­en dieser drei Täter keine Rolle, meint Peters. „Das letzte Kapitel der RAF stammt von 1998. Jetzt sind wir im Bereich der Nachgeschi­chte.“Neue Einsichten ließen sich nur erwarten, falls andere frühere Terroriste­n auspacken, sagt er. Doch er halte es für ausgeschlo­ssen, dass die RAF-Mitglieder ihr Schweigege­lübde brechen. Diese anderen RAF-Täter, auch die früher in der DDR versteckte­n Aussteiger, haben ihre Strafen abgesessen und sind wieder in Freiheit. „Sie können wieder normal leben“, sagt Peters. „Aber diese drei sind dazu ‚verurteilt’, in einer Art Illegalitä­t weiterzule­ben.“Dabei ist Staub nun 66 Jahre alt, Garweg ist 52 und Klette 62.

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