Saarbruecker Zeitung

Melania Trumps Abschied von einer ungeliebte­n Rolle

Die Ehefrau des noch bis Mittwoch amtierende­n US-Präsidente­n setzte als First Lady wenig Akzente – und hasste Teile ihres Lebens im Weißen Haus.

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Gerrit Dauelsberg, Sarah Tschanun

Es wird ein Abschied aus dem Weißen Haus ohne große Zeremonien sein, der fast an ein Wegschleic­hen erinnert. Für Melania Trump, die scheidende First Lady, bringt der Machttrans­fer in den USA auch einen Verstoß gegen bewährte Traditione­n. Denn wenn Donald Trump und seine Gattin am Mittwoch, dem Tag der Vereidigun­g Joe Bidens vor dem Kapitol, von der Luftwaffen­basis Andrews in Richtung Florida abheben, wird es Berichten zufolge zuvor kein Treffen von Melania Trump mit Jill Biden geben. Und damit auch nicht den seit 100 Jahren üblichen gemeinsame­n Tee der beiden Damen und eine Führung durch die Wohnquarti­ere des Weißen Hauses. Vor vier Jahren hatte noch Michelle Obama trotz aller persönlich­en Spannungen mit den Trumps Melania zu einer „Tea time“am Tag der Amtsüberga­be empfangen. Und beide redeten darüber, wie sich denn am besten Kinder in dem wenig normalen Umfeld eines Weißen Hauses erziehen lassen.

Doch diesmal sitzt die Bitterkeit zwischen den beiden Präsidente­n-Paaren zu tief. Und so bleiben für das 50-jährige Ex-Model aus Slowenien und den Gatten nur der Salut einer kleinen Gruppe Soldaten auf der Andrews-Basis und vermutlich 21 Salutschüs­se. Denn Trump hatte kürzlich schon verkündet, er werde – unter dem Schatten des Amtsentheb­ungs-Verfahrens nach dem Sturm von Präsidente­nanhängern auf das Kapitol – der „Inaugurati­on“Bidens fernbleibe­n. Zuvor hatte es klare Signale aus dem Sieger-Lager gegeben, dass man eine Anwesenhei­t Trumps für nicht angemessen halte. Lediglich Vizepräsid­ent Mike Pence wird als willkommen angesehen und repräsenti­ert am Mittwoch die scheidende Regierung auf den Kapitolsst­ufen. Trumps Abwesenhei­t beim Bibelschwu­r Bidens ist dabei ein weiteres Novum seit 1869, als ein ebenfalls mit der Amtsentheb­ung konfrontie­rter Andrew Johnson die Feierlichk­eiten für seinen Nachfolger Ulysses Grant vermied.

Begleitet wird der Abschied von Melania Trump, die in der Amtszeit deutlich weniger das Licht der Öffentlich­keit mit Initiative­n suchte als ihre Vorgängeri­nnen, von einer Menge Gerüchten in den US-Medien. Ein Magazin vermutet, bis zur offizielle­n Scheidung des Paares seien es wohl nur wenige Monate. Andere Publikatio­nen rätseln, wie denn die vorehelich­en Vereinbaru­ngen der beiden im Fall einer Trennung aussehen. Indizien sprechen jedenfalls dafür, dass Melania Trump das Leben im Weißen Haus hasste. Zunächst war sie fünf Monate später als ihr Mann eingezogen, damit – so die offizielle Begründung – der heute 16-jährige Sohn Barron seine Schulzeit in New

York beenden konnte. Dann gab es Hinweise darauf, dass sich Melania mit den Amtspflich­ten einer First Lady und Teilen des Lebens im Weißen Haus nicht richtig anfreunden konnte. Zwar war sie stets beim traditione­llen Ostereier-Rollen oder der Halloween-Party präsent. Und sie organisier­te auch die Dekoration der Weihnachts­bäume. Doch heimliche Audioaufna­hmen ihrer früheren Freundin und Helferin Stephanie Wolkoff, die heute bei Melania in Ungnade gefallen ist, zeigen: Sie hatte keinerlei Interesse an den Weihnachts-Aktionen und fluchte sogar über diese Arbeit. Auch gab es unter Melania Trump lediglich zwei

Staatsbank­etts, wobei dabei natürlich im vergangene­n Jahr auch die Corona-Pandemie eine Rolle spielte. Ihrer Initiative „Be Best“(„Sei der Beste“), mit der sie Kindern Mut zu Engagement und hohen Zielen machen wollte, fehlten stets das große öffentlich­e Interesse und die Durchschla­gskraft. Doch nun ist die Ära der ungeliebte­n Pflichtübu­ngen für die First Lady vorbei. In der Nähe des Trump-Resorts Mar-a-Lago in Florida soll sie in den letzten Wochen bereits nach einer geeigneten Privatschu­le für Sohn Barron gesucht haben. Womit sie sich in Zukunft beschäftig­en will, ist unklar. Anders als ihr Mann hasst sie das Golfspiel und politische­n Aktionismu­s. Deshalb hatte sie sich aus dem Weißen Haus auch nur sporadisch über Twitter zu Wort gemeldet. Zuletzt war es, als die Ex-Vertraute Wolkoff in einem Medienbeit­rag festgestel­lt hatte, Melania sei für den Mob-Ansturm auf das Kapitol ebenso moralisch verantwort­lich wie ihr Mann. Sie sei das Opfer einer „beschämend­en Attacke von Menschen, die relevant sein wollen und eine Agenda haben“, verteidigt­e sich Melania. Es dürfte ein Trost für sie sein, dass sie in Zukunft nicht mehr als Zielscheib­e dienen wird – und endlich aus einer kaum geliebten Rolle schlüpfen kann. Zumal ihr Beliebthei­tswert in der Bevölkerun­g mit derzeit 46 Prozent auf dem niedrigste­n Stand seit Anfang 2017 liegt.

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FOTO: IMAGO IMAGES Melania Trump dürfte Washington gern verlassen. Verlässt sie bald auch Ehemann Donald?

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