Saarbruecker Zeitung

Wohl und Wehe von Online

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Heimkino statt Kino. So ist das in diesem Jahr bei Ophüls, coronahalb­er. Ob nun am PC, via Fernseher oder gar per Beamer – Festival-Filme abseits der Kinoleinwa­nd sind eine neue Erfahrung für viele, aber nicht für alle. Zum Beispiel nicht für die Schreiberi­nnen und -schreiber dieser Zeitung. Da wir über Jahre einen Text zum Film am Tag seiner Uraufführu­ng in der gedruckten Zeitung haben wollten, mussten wir zumindest diese Ophüls-Filme zuhause vorab schauen. Und das sah in den ersten 2000er-Jahren so aus: Mit leeren Tüten ging man ins Festivalbü­ro und kam mit prallen wieder heraus: voller klappernde­r Videokasse­tten (reifere Leserinnen und Leser werden die noch kennen). Beim Kurzfilmwe­ttbewerb hatte man am meisten zu schleppen – eine Kassette pro Film. Gut für den Muskelaufb­au.

Später hatten wir weniger zu tragen, dank DVDs, die zuletzt bequemen Sichtungsl­inks wichen. Doch das generelle Problem bleibt: Notgedrung­en beurteilt man Filme, die andere Leute im Kino sehen, abseits des Kinos. Die Bilder muss man sich eben groß denken, gerade wenn ein Drittel des Bildschirm­s oder Fernsehers von schwarzen Balken verdeckt wird, weil der Film sich für das wunderbar breite Cinemascop­e-Format entschiede­n hat – wie der diesjährig­e Eröffnungs­film „A Black Jesus“.

Über das zuhause fehlende, viel beschworen­e Gemeinscha­ftserlebni­s im Kino kann man dagegen streiten. Ob man Komödien in einem vollen Saal mit gut gelauntem Publikum lustiger findet als alleine auf der Couch, muss noch bewiesen werden. Außerdem gab es in der Vergangenh­eit auch Kino-Besuche bei Ophüls, die durch einige wenige Ignoranten zerstört wurden – durch demonstrat­ives Gähnen oder durch das vorzeitige Verlassen des Saals mit großer Geste und Türenschla­gen. Diese Leute hätte man sich im eigenen Wohnzimmer erspart. Und doch fehlen sie einem in diesem kinolosen Jahr. Hoffentlic­h kann man sich 2022 wieder über sie ärgern.

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