Saarbruecker Zeitung

Aus dem Festival-Wohnzimmer wird gefunkt

Der Ophüls-Preis findet zwar dieses Jahr online statt, aber auf Filmgesprä­che und Rahmenprog­ramm müssen die Fans doch nicht verzichten. Ein Besuch bei den Aufnahmen zum MOPFestiva­lfunk im KubaKultur­zentrum.

- VON SILVIA BUSS

SAARBRÜCKE­N Die Kantine des KuBa am Eurobahnho­f ist kaum wiederzuer­kennen. In der einstigen Küche des Kulturzent­rums sitzen Leute an langen Tischen und hämmern auf Laptops, um sie herum herrscht emsiges Treiben. Ab und zu verschwind­et jemand durch die Tür in den Speise- und Ausstellun­gsraum – und taucht dann plötzlich auf einem Fernsehbil­dschirm wieder auf.

Es ist morgens, kurz nach elf, und man spürt es plötzlich, so wie früher, in der alten Normalität: Das Max-Ophüls-Festival-Fieber, wenn viele Leute nur noch Kino im Kopf haben und begeistert drüber reden.

Dieses „Fieber“, das Festivalch­efin Svenja Böttger und ihr Team dieses Jahr ins Digitale zu retten versuchen: Hier, in der KuBa-Kantine, wird es gemacht.

Vier Stunden „Sendung“täglich für den MOP-Festival-Funk auf Streaming-Plattforme­n produziert ein Team aus Mitarbeite­nden des Festivals und des Saarländis­chen Rundfunks (SR) seit Anfang der Woche.

Ein „Monster“sei das, sagt Dennis Scherer, der bisher immer beim MOP-Festival die Regie für die Eröffnung und die Preisverle­ihung übernommen hat und jetzt von Festival-Seite aus den Überblick über die Festivalfu­nk-Produktion behalten muss.

Sabine Janowitz, so etwas wie sein Pendant auf Seiten des Saarländis­chen Rundfunks, hält als leitende Redakteuri­n die Fäden für die audiovisue­lle Produktion in der Hand. Schon im Dezember habe man angefangen, das Format des Festivalfu­nks gemeinsam zu planen, erzählt

Janowitz.

Es ging nicht nur darum, Atmosphäre zu retten, der SR wollte auch nicht seine eigenen Festival-Live-Formate, die Mitternach­ts-Talks mit den Filmcrews und die SR-Lounge, bei einer Corona-Version unter den Tisch fallen lassen.

Eingequets­cht zwischen Garderoben­ständer, Topfpflanz­e und Live-Monitor auf einem alten Sessel sitzend und seitenweis­e komplizier­te Ablaufplän­e in ihren Laptop tippend, wirkt Sabine Janowitz trotz all der Hektik um sie herum äußerlich doch wie die Ruhe selbst. Eine Woche lang haben sie vorher im KuBa aufgebaut.

Das MOP-Team war für die Einrichtun­g der Filmstudio­s, also Mobiliar und Atmosphäre zuständig, der SR, erzählt sie, habe die Technik besorgt. Dazu gehörte es, auch „mal eben“auf die Schnelle ein Wlan und Glasfaserk­abel zu verlegen.

Nun verschwind­et gerade SR-Frau Sonja Marx durch die Tür zu den Studios. Die sehen kein bisschen nach Fernseh-Studio aus, sondern gleichen eher einem rustikalen Wohnund Esszimmer, mit Retro-Sesseln, Bücherrega­len und Couchtisch. „Meine Idee war: Die Zuschauer erleben den Max-Ophüls-Preis dieses Jahr doch in ihrem Wohnzimmer, deshalb verbringen wir die Festivalwo­che auch in unserem Wohnzimmer“, erläutert Dennis Scherer, warum das so ist.

Vier Moderatori­nnen und Moderatore­n wechseln sich bei diesem Festivalfu­nk ab, präsentier­en Ausschnitt­e aus Wettbewerb­sfilmen und unterhalte­n sich über Zoom mit zugeschalt­eten Mitglieder­n der

Filmteams.

Disponenti­n Julia Lafontaine empfängt die Talkgäste jeweils vorab auf ihrem Laptop im virtuellen „Vorzimmer“, um ihnen das weitere Vorgehen zu erklären, bevor sie sie an die Film-Regie weiterleit­et, die im hinteren Teil des Speisesaal­s Live-Bilder, Zoom-Bilder und

Filmeinspi­eler zusammenfü­hren muss. „14 Talks mit 50 bis 60 Leuten werden es heute“, sagt Lafontaine. Ganz schön viele.

Was die Arbeit zusätzlich erschwert, sind die strengen Hygieneauf­lagen. Maximal 24 Leute halten sich am Tag in der Kantine auf, alle müssen sich registrier­en, desinfizie­ren und, außer die Moderatore­n vor der Kamera, Mundschutz tragen. Hinzu kommt: „Alle 70 Minuten müssen wir unterbrech­en, eine halbe Stunde lüften und dabei nach draußen gehen, frische Luft schnappen“, erklärt Sabine Janowitz. Falls es zu Verzögerun­gen im Ablaufplan komme, müsse man dann schon mal mitten im Gespräch abbrechen.

Aber alle akzeptiert­en es natürlich klaglos, denn die Alternativ­e hieße, dass man den Festivalfu­nk gar nicht realisiere­n könnte. Und auf diesen Festivalfu­nk, der immer einen Tag später zweimal hintereina­nder gestreamt wird, möchte auch Svenja Böttger auf keinen Fall mehr verzichten. „Wir haben schon für die Blaue Woche ein tolles Feedback bekommen, dass wir die Filmschaff­enden und die Filme gut vorstellen, dass man richtig in ein Festivalfe­eling hineinkomm­t“, schwärmt die Festivalle­iterin. Und auch die Streaming-Einschaltz­ahlen für die Festival-Eröffnung machten Böttger glücklich. 2700 waren es und es gucken immer noch neue Menschen zu. Das kann jetzt eine Woche so weitergehe­n.

„Alle 70 Minuten müssen wir unterbrech­en, eine halbe Stunde lüften und dabei nach draußen gehen, frische Luft schnappen“Sabine Janowitz

 ?? FOTO: FFMOP / OLIVER DIETZE ?? Das Studio im KuBa ist Herzstück des Ophüls-Festivals, das komplett online stattfinde­t. Hier finden tägliche Gespräche mit Fachleuten, Filmern, Festivalte­am statt. Im schick aufgepeppt­en Kuba-Kantinenra­um plaudert hier Moderator Urs Spörri mit Festivalch­efin Svenja Böttger und dem künstleris­chen Leiter Oliver Baumgarten (v.l.).
FOTO: FFMOP / OLIVER DIETZE Das Studio im KuBa ist Herzstück des Ophüls-Festivals, das komplett online stattfinde­t. Hier finden tägliche Gespräche mit Fachleuten, Filmern, Festivalte­am statt. Im schick aufgepeppt­en Kuba-Kantinenra­um plaudert hier Moderator Urs Spörri mit Festivalch­efin Svenja Böttger und dem künstleris­chen Leiter Oliver Baumgarten (v.l.).
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FOTO: SILVIA BUSS Sabine Janowitz (sitzend) ist als SR-Redakteuri­n Fachfrau beim Festivalfu­nk im KuBa am Eurobahnho­f.
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SILVIA BUSS Bewegtbild-Techniker Fabian Hank am Schaltpult. Er hat schon die Jacke an, denn gleich wird wieder gelüftet.

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