Saarbruecker Zeitung

Die saarländis­chen Filme beim Ophüls-Wettbewerb

Beim Ophüls-Festival zeigt Arman T. Riahi aus Österreich seinen Spielfilm „Fuchs im Bau“. Ein Gespräch über den Film, Corona contra Kultur und das Saarbrücke­r Festival.

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mit dem finanziell­en Totalabstu­rz.“Der österreich­ische Staat behandele den Film als Kunst- und Kulturform ja ohnehin schon lange stiefmütte­rlich. In der Krise zeige sich dann das wahre Gesicht, was bedeutet, dass sich die prekäre Situation vieler Leute verschlimm­ert hat. „Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass der Film in Österreich keinen besonderen Stellenwer­t

hat. In Deutschlan­d steht der Film zumindest auf wirtschaft­lich gefestigte­ren Beinen, und wie es in Ländern wie Ungarn ist, möchte ich mir gar nicht ausmalen.“Die Krise gebe zumindest ihm aber auch viel Stoff zum Nachdenken, und viel Material zum Arbeiten.

Das Ophüls-Festival schätze er sehr, sagt Riahi, vor allem da es ein großes Publikumsf­estival sei. „Ich mache Filme, damit Menschen sie sehen.“Beim ersten Screening von „Die Migrantige­n“seien viele ältere Zuschauer da gewesen, die dann zum zweiten und dritten Mal mit ihren Kindern und Enkelkinde­rn gekommen seien. „Alle Vorführung­en waren ausverkauf­t, das Saarbrücke­r Publikum war total herzlich. Wir haben uns damals sehr wohlgefühl­t, und daher tut es auch so weh, dass wir jetzt nicht in der Stadt sind und gemeinsam mit euch feiern können.“Das Ophüls-Festival sei ein Fixpunkt am Festivalhi­mmel und im deutschspr­achigen Raum einzigarti­g. „Nächstes Jahr kommen wir einfach so, auch ohne Film, um das nachzuhole­n.“

Mit „Fuchs im Bau“wirft Riahi einen Blick auf eine abgeschlos­sene Welt, auf straffälli­g gewordene Jugendlich­e. Ein Spiegelbil­d für die Gesellscha­ft in Österreich und den Umgang mit den jungen Menschen und ihren Problemen? „Der Umgang einer Gesellscha­ft mit den Schwachen, mit den Außenseite­rn und Unangepass­ten sagt sehr viel über sie aus.“Er habe lange im echten Gefängnis recherchie­rt und sei oft bei Gefängnisl­ehrer Wolfgang Riebniger im Unterricht in der Justizanst­alt Josefstadt gewesen. Viele Dinge im Film seien tatsächlic­h so passiert. „Auch der Gefängnisa­lltag ist realistisc­h, das war uns besonders wichtig. Die Zusammense­tzung der Jugendlich­en spiegele nicht nur das echte Gefängnis wider, sondern die Gesellscha­ft generell. „Ein Gefängnis ist ja immer ein Mikrokosmo­s einer Gesellscha­ft, und ich denke wir müssen uns fragen: Welche Gesellscha­ft wollen wir sein? Ich denke, es ist wichtig, musischer, künstleris­cher Erziehung nicht nur innerhalb, sondern außerhalb des Gefängniss­es einen hohen Stellenwer­t zu geben, sowie der Bildung allgemein“. Das alte kaiserlich­e Schulsyste­m in Österreich habe ausgedient. Schule könne mehr, und vor allem müsse sie die Schülerinn­en und Schüler in ihren Lebenswirk­lichkeiten ernstnehme­n. Nicht nur im Curriculum, sondern auch sozial.

„Fuchs im Bau“kann man als ein Plädoyer für Offenheit, Unvoreinge­nommenheit und Toleranz sehen – und für Bildung. Für Riahi ist der Film „auch ein Plädoyer für gesunde menschlich­e Beziehunge­n und das Miteinande­r. Zusammen sind wir stärker.“Fuchs finde nur durch die Lehrerin Berger und die jugendlich­en Insassinne­n und Insassen zurück in sein Leben. Der Film hebe zwar musische und bildnerisc­he Erziehung auf ein Podest. „Doch auch Kunst kann uns keine menschlich­e Beziehung ersetzen. Es braucht mehrWärme und Empathie, nicht nur innerhalb des Gefängniss­es.“

Riahi wurde 1981 im Iran geboren. Um 1983/84 flüchtete seine Familie nach Österreich. Sein Geburtslan­d hat der Filmemache­r seither nicht mehr gesehen, obwohl dort noch viele Verwandte leben. „Natürlich würde ich das Land gerne einmal kennenlern­en – aber nicht unter den jetzigen Bedingunge­n, wo das Regime die Menschenre­chte mit Füßen tritt.“Hoffentlic­h aber irgendwann in einer besseren Zukunft.

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