Saarbruecker Zeitung

Bedürftige sollen Schutzmask­en kostenfrei erhalten

Die Corona-Fallzahlen in Deutschlan­d sinken. Die Experten sehen allerdings noch keinen Grund zur Entwarnung.

- VON STEFAN VETTER UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN (SZ) Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) will ärmere Menschen in der Corona-Krise stärker unterstütz­en. Grundsiche­rungsempfä­nger sollen einen Zuschuss für Zusatz-Belastunge­n erhalten. So seien Kitas, Schulen und soziale Einrichtun­gen geschlosse­n und es entstünden zusätzlich­e Ausgaben, etwa für Hygiene-Artikel. „Das trifft insbesonde­re Kinder, Alleinerzi­ehende, Ältere, Langzeitar­beitslose und Menschen mit Behinderun­gen“, sagte Heil. „Auch die Versorgung von Grundsiche­rungsempfä­ngern mit FFP2- und OP-Masken muss gesichert werden.“Derzeit entstünden Konzepte für die Verteilung von Bezugssche­inen.

BERLIN Rund ein Jahr ist es jetzt her, dass in Deutschlan­d die ersten Covid-19-Ausbrüche registrier­t wurden. „Und es ist noch nicht vorbei“, erklärte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Trotzdem keimt auch Hoffnung: Der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sprach angesichts sinkender Fallzahlen von einem „leicht positiven Trend“. Der bereits seit Anfang November geltende Lockdown könnte sich nun also langsam auszahlen.

Neben Spahn und Wieler berichtete­n am Freitag in der Bundespres­skonferenz auch der bekannte Berliner Virolologe Christian Drosten sowie der Präsident der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin, Gernot Marx, über die aktuelle Lage an der Corona-Front. Und die ist zum Teil widersprüc­hlich. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitag bei 115. Das ist so wenig wie seit Anfang November nicht mehr. Anderseits sterben immer noch viel zu viele Menschen an Corona. Allein am Donnerstag wurden 859 Todesopfer registrier­t. Damit sind jetzt mehr als 50 000 Menschen an oder mit dem Virus gestorben. „Eine bedrückend­e, für mich schier unfassbare Zahl“, so RKI-Chef Wieler. Für den Notfallmed­izin-Experten Marx sind auch die Intensivst­ationen in den Kliniken noch „weit weg“von einer Entspannun­g. Nach jetzigem Stand könne die Zahl der Corona-Intensivpa­tienten frühestens Ende April auf weniger als 1000 sinken, so Marx. Zuletzt waren es 4787 Fälle, von denen 2700 invasiv beatmet werden mussten.

Man sei auf dem Höhepunkt der Pandemie, aber es gebe auch einen Ausweg, befand derweil Spahn unter Verweis auf die aktuellen Impfzahlen. So wurden in Deutschlan­d bereits 1,5 Millionen Menschen immunisier­t, darunter 100 000, die schon ihre zweite Impfung erhalten haben. Vor diesem Hintergrun­d ging am Freitag auch die Debatte über eine mögliche Aufhebung der Coronabedi­ngten Einschränk­ungen von Grundrecht­en für Geimpfte weiter. Niemand, der geimpft sei, sei in einer privilegie­rten Rolle, „sondern er hat die Möglichkei­t, seine bis jetzt eingeschrä­nkten Grundrecht­e zurück zu bekommen“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Dirk Wiese. Dies gebiete der Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit.

Drosten warnte vor einer zu schnellen Lockerung der vorerst bis zum 14. Februar geltenden Restriktio­nen. So gebe es über die mutierte Form des Coronaviru­s nach wie vor keine gesicherte Datenlage. In einem am Freitag veröffentl­ichten Interview mit dem Spiegel hatte Drosten ein düsteres Bild entworfen: Bei fortschrei­tenden Impfungen werde ein „riesiger Druck“entstehen, die

Corona-Maßnahmen zu beenden. „Und dann werden sich innerhalb kurzer Zeit noch viel mehr Leute infizieren, als wir uns das jetzt überhaupt vorstellen können.“Dabei sprach er von Fallzahlen im Umfang von bis zu 100 000 pro Tag. Auf Nachfrage räumte Drosten allerdings ein, dass es sich bei dieser Größenordn­ung nur um ein „Szenario“handele.

Derweil sollen Grundsiche­rungsempfä­nger nach den Worten von Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) zügig einen Zuschuss für Coronabedi­ngte Zusatz-Belastunge­n erhalten. Heil betonte gegenüber unserer Zeitung, zusätzlich­e Ausgaben

entstünden etwa für Hygiene-Artikel. „Das trifft insbesonde­re Kinder, Alleinerzi­ehende, Ältere, Langzeitar­beitslose und Menschen mit Behinderun­gen, die auf staatliche Unterstütz­ung angewiesen sind.“Zudem müsse die Versorgung mit FFP2- und OP-Masken gesichert werden, betonte Heil. Bund und Länder sollten Bezugssche­ine für Apotheken an Empfänger von Grundsiche­rung ausstellen, wie es bereits für ältere und vorerkrank­te Menschen gemacht wurde. Das Bundessozi­alminister­ium arbeite „mit Hochdruck“an entspreche­nden Konzepten.

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FOTO: KAPPELER/DPA Gesundheit­sminister Jens Spahn (links) und der Virologe Christian Drosten warnen weiterhin davor, die Corona-Restriktio­nen zu schnell zu lockern.

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