Saarbruecker Zeitung

Armin Laschet kann nur kurz durchatmen

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Das ist ja nochmal gutgegange­n für Armin Laschet. Der neue CDU-Vorsitzend­e hat bei der notwendige­n Briefwahl 83 Prozent der Stimmen bekommen. Ein gutes Ergebnis, man kann sogar von Rückenwind sprechen. Typisch Union.

Sie bleibt die Partei, die sich anders als andere personell am Riemen reißen kann, wenn es darauf ankommt.

Die Befürchtun­gen haben sich nicht bestätigt, dass frustriert­e Delegierte, deren Herz noch für die beiden Verlierer Friedrich Merz und Norbert Röttgen schlägt, Laschet im Nachhinein vors Schienbein treten würden. Die CDU weiß, dass Geschlosse­nheit ein Pfund ist. Im Jahr der Bundestags­wahl allemal. Also haben viele Nicht-Laschet-Anhänger doch das Ja zum neuen Chef angekreuzt und ihm einen Fehlstart erspart. Alles andere wäre freilich Kamikaze gewesen, sozusagen ein Wandeln auf den Spuren der SPD. Die Genossen haben in den letzten Jahren immer gerne ihre frisch gewählten Vorsitzend­en zügig wieder demontiert, wenn die Möglichkei­t dazu bestand. Auch ein Grund, warum sie im Umfragekel­ler verharren.

Laschet kann jetzt durchatmen. Aber nur kurz. Denn die Abstimmung der Delegierte­n ist das Eine, die Stimmung in der Partei das Andere. Der NRW-Ministerpr­äsident, der sich in dieser Woche wegen der laufenden Briefwahl verständli­cherweise in seiner neuen Funktion als CDUChef zurückgeha­lten hat, muss jetzt Schritt für Schritt aus der Deckung kommen. Vor allem im Osten scheint seiner Partei zusehends die Basis wegzubrech­en, dort herrscht Ratlosigke­it angesichts der Stärke der AfD, die trotz ihrer inhaltlich­en Leere beim Kampf gegen Corona nur schwer auszubrems­en ist. Deswegen hatten sich viele in den Ost-Landesverb­änden den Polarisier­er Merz als neuen Vorsitzend­en gewünscht und nicht den Merkeliane­r Laschet. Die Parteibasi­s im Osten hinter sich zu bringen und die CDU dort wieder stark zu machen, wird vermutlich die Herkulesau­fgabe für den Parteichef aus dem Westen werden.

Und es gibt es zahlreiche weitere Baustellen: In den Großstädte­n hat die Union im Vergleich zum Hauptkonku­rrenten bei der Bundestags­wahl, den Grünen, nach wie vor immense Probleme; auch auf dem Land, früher sicheres Terrain für die CDU, ist die Zustimmung in den letzten Jahren gebröckelt. Es fehlt an inhaltlich überzeugen­den Konzepten in vielen Bereichen. Für sie muss Laschet jetzt sorgen. Auch ist noch unklar, wohin der neue Vorsitzend­e im Konrad-Adenauer-Haus die Union außenpolit­isch führen will.

In acht Monaten ist Bundestags­wahl. Bis dahin benötigt Laschet dringend bessere, persönlich­e Umfragewer­te, wenn er als Kanzlerkan­didat ins Rennen gehen will. Die K-Frage wird ihn in den nächsten Wochen begleiten, ebenso die nach möglichen Koalitions­partnern. Darüber hinaus muss er aus dem Schatten der Kanzlerin heraustret­en, die ihm zwar eine gute Zusammenar­beit zugesicher­t hat, aber sicher kann Laschet sich da auch nicht sein. Jede Menge Arbeit liegt nun vor dem neuen CDU-Chef – viel Zeit bleibt dem NRW-Mann aber nicht.

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