„Wir haben keine Impfreaktionen erlebt“
Ein Arzt des Impfzentrums in Neunkirchen berichtet, was bisher gut läuft – und was noch besser werden könnte.
In den Impfzentren in Neunkirchen, Saarbrücken und Saarlouis werden jeden Tag Hunderte Menschen gegen die Covid-19-Erkrankung geimpft. Es könnten noch deutlich mehr sein, wenn genügend Impfstoff da wäre. Dr. Dirk Jesinghaus ist leitender Arzt im Impfzentrum in Neunkirchen. Der Internist und Kardiologe, der 30 Jahre lang eine Praxis in Saarbrücken führte und mittlerweile in einer Völklinger Praxis angestellt ist, berichtet der SZ über seine bisherigen Erfahrungen.
Mit welchen Gefühlen kommen die Menschen ins Impfzentrum?
JESINGHAUS Die Leute sind froh, dass sie einen Impftermin haben und ihre Angst vor der Erkrankung bald ein Ende haben wird.
Haben Sie schon schwere Impfreaktionen erlebt?
JESINGHAUS Die Verträglichkeit ist hervorragend. Wir haben keine Impfreaktionen erlebt.
Kommt es vor, dass am Ende des Tages Impfstoff übrig ist?
JESINGHAUS Ja, dann rufen wir jemanden an, der berechtigt ist, geimpft zu werden. Ich hasse es, Dosen wegzuwerfen. Das ist schon mal passiert, aber in einem kleinen Promillebereich. Der Impfstoff darf ja nicht über sechs Stunden gelagert und nur sehr eingeschränkt transportiert werden. Hier könnten wir mit mehr Flexibilität noch ein bisschen besser sein.
Wie schätzen Sie die Impfbereitschaft derzeit ein?
JESINGHAUS Wegen der hohen Zahl der Infizierten und der Verstorbenen ist die Impfwilligkeit zurzeit hoch. Wenn die Zahlen besser werden, wird sich das ändern – auch wenn die Krankheit dadurch nicht weniger gefährlich wird. Es gibt heute schon Gruppen, bei denen ich mich wundere: Wir haben relativ viele Probleme bei Mitarbeitern in der Altenpflege, obwohl gerade diese besonders gefährdet sind.
Was schlagen Sie vor?
JESINGHAUS Ich denke, man müsste eine gezieltere und wesentlich nachdrücklichere Öffentlichkeitsarbeit machen, um über die gute Verträglichkeit des Impfstoffes und das hohe Risiko der Erkrankung zu informieren. Es kursieren zu viele Fake-News. Den Menschen, die noch unschlüssig sind, sollte eine Impfung ermöglicht werden, damit sie sich nicht selbst im Wege stehen. Ich habe in der Praxis mehrere Covid-Patienten gesehen, da ist man um jeden Menschen froh, der gesund bleibt.
Die Unsicherheit kommt bei einem Teil der Menschen sicher daher, dass es bisher keine Langzeitstudien gibt.
JESINGHAUS Das mRNA-Prinzip ist 30 Jahre alt. Da die Produktion sehr teuer ist, hat man sich zuerst nicht auf Impfstoffe gestürzt, sondern auf Antikörper für die Krebstherapie. Insofern gibt es sehr wohl Langzeiterfahrungen damit.
Wie ist das Zusammenspiel der
Mitarbeiter?
JESINGHAUS Ganz hervorragend. Es galt, in kurzer Zeit ein perfekt zusammenarbeitendes, belastbares Team zu bilden. Dieses wurde aus Menschen zusammengestellt, die aus ganz unterschiedlichen Winkeln der Welt und des Lebens kommen. Zwei Krankenschwestern
haben beispielsweise zuvor im Ausland gearbeitet und dort ihre Existenz verloren. Auch andere Mitarbeiter haben durch Corona Schicksalsschläge erlitten. Hier arbeitet ein großartiges Team – zum Wohle der Patienten.