Saarbruecker Zeitung

Wann und wie können Schüler wieder in die Klassen zurück?

Der Saar-Landtag debattiert­e über die Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs. Der Wechselunt­erricht spielt eine entscheide­nde Rolle.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

Wie geht es in den Bildungsei­nrichtunge­n weiter? Darüber hat am Freitag der Saar-Landtag debattiert. Die Koalitions­fraktion aus CDU und SPD hat einen Antrag zur Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs eingebrach­t. Der sieht unter anderem vor, die Rückkehr zum Präsenzunt­erricht bei Lockerunge­n umgehend in Betracht zu ziehen. Zur Diskussion steht ein stufenweis­er Einstieg etwa im Wechsel mit Präsenzunt­erricht und Lernen zu Hause.

Für Saar-Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) gilt die Maxime: „Wiederaufn­ahme des regulären Schul- und Kitabetrie­bs für möglichst viele Kinder und Jugendlich­e so früh wie möglich.“Obwohl sie und ihre Mitarbeite­r dafür persönlich „vielen Anfeindung­en ausgesetzt waren“. Wie es nach Mitte Februar weitergeht, hänge vom Infektions­geschehen ab. Streichert-Clivot will am Stufenplan der Kultusmini­sterkonfer­enz

(KMK) festhalten. Zuerst sollen die Schüler der Jahrgänge 1 bis 6 wieder in die Schulen zurückkehr­en. In Stufe zwei ist ein Wechselunt­erricht für Schüler der Mittelstuf­en vorgesehen. In Stufe 3 Präsenzunt­erricht für die Schüler aller Jahrgangss­tufen. Konzepte hierzu habe das Saar-Bildungsmi­nisterium erarbeitet und seien jederzeit abrufbar, sagte die Ministerin.

Zwingend berücksich­tigen müsse man auch etwaige Lerndefizi­te. Ebenso „emotionale Lasten“der Kinder. „Es häufen sich wissenscha­ftliche Belege, dass die negativen Folgen von selbst teilweisen Schul- und Kitaschlie­ßungen, und von der von Kindern und Jugendlich­en als bedrohlich erfahrenen Situation folgenschw­er sein können, wenn wir dem nicht aktiv entgegen wirken“, sagte Streichert-Clivot. Es brauche Strategien, die unmittelba­r nach Schulstart beginnen. Zum Beispiel mehr multiprofe­ssionelle Angebote, zusätzlich­e Förderange­bote, Lernwerkst­ätten, um Rückstände aufzuarbei­ten; wo Bedarf besteht auch eine Ferienschu­le.

Man befinde sich in einem Spannungsf­eld zwischen Gesundheit­sgefahren durch Corona und „eintretend­en langfristi­gen Gefahren für Kinder und Jugendlich­e“, wenn die Schulen geschlosse­n sind, sagte Jürgen Renner, bildungspo­litischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Einige Kinder und Jugendlich­en litten unter der Situation. „Einer wegbrechen­den Tagesstruk­tur, unter Lerndefizi­ten und Lerndruck, unter Vernachläs­sigung und ja, auch unter Gewalt.“Schule sei auch ein sozialer Ort. Habe eine immense Bedeutung für die Persönlich­keitsentwi­cklung der Kinder. Deshalb betone seine Fraktion immer wieder, wie wichtig der Präsenzunt­erricht sei, der schnellstm­öglichst wieder stattfinde­n müsse. Dafür müssten auch die „richtigen Weichen“gestellt werden. Der Sozialdemo­krat fordert: Aufarbeitu­ng von Lerndefizi­ten, mehr individuel­le Unterstütz­ung und Betreuung, mehr Lehrperson­al, Ausweitung der Schulsozia­larbeit und zusätzlich­e schulische Assistenzk­räfte.

CDU-Bildungspo­litiker Frank Wagner forderte am Freitag mit Blick auf den KMK-Stufenplan eine „Stufe 0“für die Grundschul­en. Statt alle jüngeren Klassen direkt in den Präsenzunt­erricht zu schicken, sollte zuerst ein Wechselunt­erricht angeboten werden.

„Die Vorteile liegen ganz klar auf den Hand“, sagte Wagner. „Im einwöchige­n Wechsel zwischen Präsenzund Digitalunt­erricht haben die Schüler einen kontinuier­lichen Kontakt zu ihren Lehrern und durch die Halbierung der Klassen können die Abstände im Unterricht und auch im ÖPNV deutlich besser umgesetzt werden.“Andere Bundesländ­er wie Rheinland-Pfalz und Baden-Württember­g planen diesen Schritt – bereits ab dem 1. Februar. Wagner mahnte aber gleichzeit­ig: „Der Gesundheit­sschutz für Schüler und Lehrkräfte muss oberste Priorität haben.“Ebenso wichtig sei die Aufarbeitu­ng der Lerndefizi­te.

Die AfD-Fraktion ist mit einem eigenen Antrag gescheiter­t, das saarländis­che Schulmitbe­stimmungsg­esetz zu ändern. Der Antrag sah vor, dass Schulkonfe­renzen in einer Notlage wie der Corona-Pandemie eigenständ­ig geeignete Maßnahmen beschließe­n können.

Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) betonte zuvor in seiner Regierungs­erklärung, dass man Schulen und Kitas nicht vollständi­g schließen könne. „Es gibt Jobs, bei denen Eltern vor Ort sein müssten.“Das Saarland habe sich bewusst dazu entschiede­n, die Einrichtun­gen offen zu halten und kein „bürokratis­ches Verfahren“zu schaffen, bei dem Eltern die Notwendigk­eit jeden einzelnen Besuchs nachweisen müssten. Dass das Land auf einen Notbetrieb und einen Nachweis auf Betreuungs­bedarf verzichtet, hatte unter Erziehern und Gewerkscha­ft für reichlich Unmut gesorgt (wir berichtete­n). Diesen Schritt haben CDU und SPD im Saar-Landtag am Freitag aber nochmals verteidigt.

Bis mindestens 14. Februar bleibt daher zunächst auch erstmal alles, wie es ist. Sprich: Präsenzunt­erricht für die Abschlussk­lassen. Die jüngeren Schüler müssen zu Hause lernen. Die Kitas sind zwar „grundsätzl­ich geschlosse­n“. Eine Betreuung ist aber möglich. Darauf hatten sich diese Woche der Bund und die Länderchef­s geeinigt.

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FOTO: STACHE/DPA Noch sind die Schulen im Saarland bis auf die Abschlussk­lassen leer. Ändert sich das im Februar?

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